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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sehr traurig, und der Engel weinte, um die schwangere Alice, um den sensiblen, gutaussehenden George und seine Liebe zu der göttlichen Angela und weil er zu Unrecht auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wurde.
    Anschließend gingen sie ins Café, tranken Kaffee und aßen Kuchen.
    Sie sagten nicht viel, aber sie alle dachten daran, wie ungerecht das Leben war.
    Das Trollmädchen bezahlte die Rechnung und gab der Serviererin ein gutes Trinkgeld.
    Bevor sie sich alle vom Tisch erhoben, beugte das Trollmädchen sich vor, griff nach den Händen der anderen und führte sie in ihren Händen zusammen. Ihre Stimme war leise und dunkel, und ihre Trollaugen glänzten schwarz, als sie ihre gemeinsame Zukunft beschwor.
    »Wir haben einen Platz an der Sonne verdient«, sagte sie. »Jede Einzelne von uns und alle unsere Lieben. Und wir werden ihn bekommen, das verspreche ich euch.«
    Die Worte brannten sich dem Engel tief ein, und dann kam die erste Wehe.
    Im Morgengrauen des nächsten Tages wurde der Junge geboren.

Mittwoch, 15 . Juni
    Sie ging nicht zu Bett.
    Sie blieb in der Redaktion und schrieb alles auf, was sie über Hannelore, Astrid und Siv und ihre Kinder wusste, über Carita Halling Gonzales und was sie getan hatte. Sie informierte sich ein bisschen über Algeciras und Marokko und Asilah, dachte noch einmal darüber nach, was sie zu tun hatte, und als die Uhr halb drei zeigte, fuhr sie nach Hause und packte. Sie packte nur den Laptop ein, die Kamera aus Gibraltar, Zahnbürste und Unterwäsche zum Wechseln. Um vier Uhr fuhr sie mit dem Taxi nach Arlanda, ging so rasch wie möglich an Bord der Maschine und schlief wie ein Stein.
    Sie wachte bei der Landung auf und versuchte noch in der Maschine, die schwedische Botschaft in Rabat anzurufen. Ein neuerlicher langer, französischer Wortschwall sollte wohl bedeuten, dass die Bürozeiten noch nicht begonnen hatten.
    Sie begab sich auf direktem Weg zu den Mietwagenschaltern im Untergeschoss.
    Hier waren mehr Menschen als je zuvor, wahrscheinlich hatte die Urlaubssaison begonnen. Sie bewegte sich leicht und schnell durch die Menschenmassen, sie hatte ja kein Gepäck.
    Sie mietete bei Helle Hollis einen Ford Escort, manövrierte ihn durch das immer unübersichtlicher werdende Flughafengelände und entdeckte, dass seit ihrem letzten Besuch ein gigantisches Ikea-Möbelhaus genau an der Autobahnauffahrt entstanden war – oder vielleicht hatte sie es beim letzten Mal nur noch nicht bemerkt.
    Es war nicht so heiß, wie sie erwartet hatte, das Thermometer am Armaturenbrett zeigte sechsundzwanzig Grad. Das diesige Sonnenlicht stach ihr in den Augen.
    Sie fuhr nach Westen, vorbei an Torremolinos und Fuengirola, steuerte auf die Mautautobahn und gab Gas. Die Natur hatte ihren Charakter geändert. Das üppige Grün war verschwunden. Jetzt war die Landschaft gelbbraun und verbrannt mit einzelnen Einschlägen von Oliv.
    Bald tauchten Schilder mit der Aufschrift Tickets Ceuta Tanger am Straßenrand auf. Links von ihr lag das Hotel Pyr in Puerto Banús. Die Straßenbauarbeiten waren immer noch in vollem Gange, und sie musste genau auf dem Abschnitt vor dem Hotel das Tempo drosseln. Sie blickte hinauf zum zweiten Stock und versuchte herauszufinden, in welchem Zimmer sie gewohnt hatte, aber es gelang ihr nicht.
    Rechts von ihr erhoben sich die protzigen Mauern um die Villen in Nueva Andalucía. Sie verließ die Autobahn und fuhr bergauf, vorbei an der Stierkampfarena.
    Du musst durch sieben Kreisverkehre geradeaus fahren , hatte Carita damals gesagt, als sie Annika zu ihrer Dreikönigsparty eingeladen hatte.
    Sie verfuhr sich einmal und musste sich wieder zur Plaza de Miragolf zurückquälen, doch dann fand sie sich zurecht.
    Das Portal war weniger protzig, als sie es in Erinnerung hatte. Vielleicht war sie auch im Begriff, sich daran zu gewöhnen – ein schrecklicher Gedanke! Sie drückte auf verschiedene Klingelknöpfe, bis jemand in Nummer 20 das Tor öffnete, ohne Fragen zu stellen. Sie fuhr mit dem Wagen hinein.
    Abends hatte Carita Halling Gonzales’ Reihenhausviertel wie eine Modelleisenbahn-Anlage ausgesehen, ein Eindruck, der sich bei Tageslicht bestätigte. Die Häuser kletterten die Bergflanke hinauf, die pastellfarbene Imitation eines südspanischen Bergdorfes. Der Wasserfall des Pools plätscherte, die Sträucher blühten, und die Glaskuppeln der Straßenlaternen glänzten.
    Sie parkte vor casa número seis , ließ das Fenster herunter und betrachtete das Haus.
    Weiße

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