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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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einem Schaukasten, in einem anderen und viel schöneren Dasein. Es sah immer so heimelig aus: Kerzen brannten und Bestecke glänzten, der Wein funkelte in den Gläsern, und an den Tischen wurde gelacht. Draußen auf der Straße, wo sie vorüberging, wehte immer ein kalter, scharfer Wind.
    Ein schlichtes kleines Schild mit dem Namen des Restaurants in Schreibschrift pendelte quietschend über der Eingangstür. Sie zog den einen Flügel der graugrünen Tür auf und stand in einem kleinen Vorraum. Wie aus dem Nichts erschien ein Kellner, der aufrichtig freundlich aussah. Er nahm ihr die Steppjacke ab, ohne ihr eine Garderobennummer zu geben oder 15 Kronen Gebühr zu verlangen.
    Es war zehn nach sieben. Sie hatte den Zeitpunkt sorgfältig gewählt, wollte nicht zu beflissen erscheinen, ihn aber auch nicht zu lange allein dort sitzen und warten lassen.
    Das Lokal war klein, es gab nur ein Dutzend Tische.
    Jimmy Halenius saß ganz hinten in einer Ecke vor einem Bier und war ganz vertieft in eine Boulevardzeitung.
    Es war nicht das Abendblatt , wie sie bemerkte, sondern der Konkurrenten .
    »Hallo«, sagte sie. »Sie lesen die falsche Zeitung.«
    Er sah auf. Seine braunen Haare standen in alle Richtungen ab, als hätte er die Angewohnheit, sie sich verzweifelt zu raufen.
    Er stand auf und streckte ihr die rechte Hand entgegen.
    »Guten Abend«, erwiderte er. »Bitte, nehmen Sie Platz. Die richtige Zeitung habe ich schon gelesen. Geradezu auswendig gelernt. Möchten Sie etwas trinken?«
    »Ein Mineralwasser«, sagte sie und hängte ihre Tasche über die Rückenlehne des Stuhls.
    »Wie wär’s mit einer Cola zur Feier des Tages? Ich lade Sie ein.«
    Sie setzte sich.
    »Nicht Vater Staat?«
    Er verschränkte die Arme, zog die Schultern ein wenig hoch und lächelte.
    »Im Gegensatz zu Ihren Spesenrechnungen sind meine öffentlich einsehbar«, sagte er. »Ich denke, wir halten das hier innerhalb der Familie.«
    Annika nestelte an der Serviette und musterte den Staatssekretär aus den Augenwinkeln, seine Ausstrahlung, seine Kleidung.
    Macht strahlte er nicht unbedingt aus. Selbstsicherheit, ja, aber keine offizielle Position. Er trug ein blaugestreiftes Hemd unter einem ziemlich knittrigen Jackett. Kein Schlips. Jeans.
    »Soweit ich verstanden habe, ist die Auslieferung des Kätzchens noch so eine Sache, die innerhalb der Familie bleiben soll«, sagte sie und sah ihm direkt in die Augen. »Wieso wird daraus so ein Geheimnis gemacht?«
    Jimmy Halenius faltete die Zeitung zusammen und steckte sie in eine abgetragene Aktentasche.
    »Sie müssen mir versprechen, dass dies hier unter uns bleibt«, sagte er.
    Annika antwortete nicht.
    »Ich kann einige Ihrer Fragen beantworten«, fuhr er fort, »aber Sie dürfen es nicht veröffentlichen.«
    »Warum sollte ich Ihnen zuhören, wenn ich hinterher nicht darüber schreiben darf?«, fragte sie.
    Er lächelte leicht und zuckte mit den Schultern.
    »Das Essen hier ist gut«, sagte er.
    Sie blickte auf ihre Uhr.
    Er lehnte sich zurück.
    »Das Kätzchen hat die Morde auf der Nobelpreisgala vor knapp einem Jahr verübt«, sagte Annika.
    »Korrekt«, erwiderte Jimmy Halenius.
    »Sie hat auch diesen jungen Wissenschaftler vom Karolinska Institutet getötet.«
    »Vermutlich.«
    »Und sie hat mein Haus angezündet, indem sie Brandbomben in die Kinderzimmer warf.«
    »Wir gehen davon aus, dass es so war.«
    Annika strich sich mit der Hand über die Stirn.
    »Für mich ist das völlig unbegreiflich«, sagte sie. »Wie können Sie darauf verzichten, einen der schlimmsten Verbrecher, der je von der schwedischen Polizei gefasst wurde, vor Gericht zu stellen?«
    »Das hängt natürlich damit zusammen, was wir im Gegenzug dafür bekommen haben«, sagte der Staatssekretär.
    »Und das wollen Sie mir jetzt verraten?«
    Er lachte.
    »Was möchten Sie essen?«, fragte er. »Man versteht sogar, was da steht, zumindest das meiste.«
    Annika griff zur Speisekarte.
    »Es kann sich nicht nur um einen miesen kleinen Polizistenmörder aus New Jersey gehandelt haben«, sagte sie.
    Unter vielen der Gerichte konnte sie sich etwas vorstellen, gebratener Hering mit Dillbutter und Kartoffelpüree zum Beispiel. Eindeutig Probleme hatte sie dagegen mit Gremolata-Emolution an Kartoffelconfit.
    Jimmy Halenius nahm Hirschcarpaccio mit schwarzen Trompetenpilzen und Västerbottenkäse als Vorspeise und gegrilltes Entrecôte ( 250 Gramm) mit Schalottenpüree, gerösteten Petersilienwurzeln und Kroketten von Västerbottenkäse

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