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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sagte Annika nachdenklich. »Wenn sie die ganze Zeit hier irgendwo gelegen hat, ist sie tot.«
    »Wollen Sie mit dem Einsatzleiter sprechen?«
    »Ein kurzer Kommentar dazu, wie er die Situation einschätzt, würde mir reichen«, sagte Annika.
    Sie fuhren hinunter zum Flussufer. Niklas Linde parkte den Wagen, stieg aus und marschierte auf den Mann mit der reflektierenden Jacke zu. Sie sah, wie die beiden miteinander sprachen und gestikulierten. Langsam ging sie in ihre Richtung, vorbei an mit Stöcken und Stirnlampen ausgerüsteten Gruppen, die sich in der Wildnis auf Menschenjagd begaben. Die Erde war noch immer warm und roch nach Kräutern. Der Wind trug Feuchtigkeit vom Meer heran.
    »Unser Mann ist kein Optimist«, sagte Niklas Linde, als er zu ihr zurückkam. »Die Autobahn führt direkt oberhalb des Flussbetts vorbei. Auf der anderen Seite beginnt ein mehrere hundert Quadratkilometer großer Nationalpark. Ich würde eine Runde mitgehen. Was ist mit Ihnen?«
    Annika schaute hinauf zu den Sternen.
    »Wird Suzette jetzt offiziell gesucht?«, fragte sie in die Dunkelheit.
    »Ihre Mutter hat sie vor einer Stunde bei der Polizei in Västerort als vermisst gemeldet. Interpol hat die Meldung umgehend rausgeschickt. Sobald Suzette Söderström durch eine Passkontrolle geht, an einem Geldautomat etwas abhebt oder mit ihrem Handy telefoniert, wird Alarm geschlagen.«
    »Ist Interpol wirklich so effizient?«, fragte Annika skeptisch.
    »Wenn sie noch lebt, werden wir sie finden.«
    »Und, glauben Sie das?«
    Der Polizist antwortete nicht. Er stellte sich neben sie und schaute über das mondbeschienene Flussbett. Annika versuchte, konzentriert geradeaus zu gucken und nicht zu ihm hinüberzuschielen. Sie wurde nicht schlau aus ihm.
    »Gibt es etwas Neues in der Mordermittlung?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte er. »Wir haben eine vorläufige Todesursache.«
    »Gas?«, fragte sie.
    »Nicht irgendein Gas. Fentanyl.« Er nickte nachdrücklich in die Dunkelheit.
    »Sagt mir nichts. Sollte ich das kennen?«
    »Wie im Dubrovka-Theater«, erklärte Niklas Linde. »Es ist die gleiche Sorte Gas, die vor ein paar Jahren von den russischen Spezialeinheiten eingesetzt wurde, um die Terroristen und Geiseln bei der Stürmung des Dubrovka-Theaters in Moskau zu narkotisieren.«
    Annika starrte ihn an.
    »Dabei sind haufenweise Leute ums Leben gekommen«, sagte sie.
    »Mindestens hundertsiebzehn Geiseln starben. Manche Quellen sprechen von deutlich mehr. Siebenhundert haben überlebt. Interessant ist, dass Fentanyl in Form eines Aerosols verbreitet wird, also als Sprühnebel.«
    »Was in diesem Fall zu der Position passt, in der der Mann aufgefunden wurde, auf seinem großen englischen Schreibtisch – er hat das eindringende Gas gesehen und wollte die Öffnung noch verschließen …«
    Er warf ihr einen schnellen Blick zu.
    »Woher wissen Sie, dass es ein großer englischer Schreibtisch war?«
    Sie schaute wieder starr geradeaus.
    »Ein weiteres interessantes Detail des Moskauer Einsatzes war, dass die Soldaten der Spezialeinheit keine Gasmasken brauchten«, fuhr Niklas Linde fort. »Jeder von ihnen hat eine Spritze mit Gegengift bekommen, einem Naloxonderivat, bevor sie das Theater gestürmt haben. Es blockiert für Stunden jegliche Wirkung von Opiaten.«
    Annika warf dem Polizisten einen fragenden Blick zu.
    »Wird auch bei der Behandlung von Drogenabhängigen verwendet. Auf diese Weise ist es den Junkies unmöglich, einen Kick zu kriegen. Wollen Sie mit?«
    Sie schaute der Suchmannschaft hinterher, die soeben unter dem Betonfundament der Autobahn verschwand.
    Sie musste noch drei Artikel schreiben.
    Als Erstes einen über das »Haus des Todes«, wie es drinnen aussah und wie sie die Privaträume der Familie Söderström durchsucht hatte, bebildert mit den schlechten Handyfotos. Sie taugten allein wegen ihrer Exklusivität zur Veröffentlichung.
    »Ihr dürft sie nicht weiterverkaufen«, hatte sie Patrik eingeschärft. »Die Bilder dürfen auf keinen Fall in irgendwelchen spanischen Zeitungen auftauchen. Ich habe mich reingemogelt und will nicht, dass hier irgendwer Probleme kriegt.«
    »So wahnsinnig toll sind die ja nun auch nicht«, hatte er geantwortet.
    Dann war da noch die Hauptstory des Tages: Wo ist Suzette?
    Das Mädchen wurde gesucht und sollte von den Medien dazu angehalten werden, mit ihrer Familie oder dem nächsten Polizeirevier Kontakt aufzunehmen. Laut ihrer Mutter sprach sie jedoch kein Spanisch und kaum Englisch, sie

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