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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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am Fridhemsplan bekam sie sogar einen Sitzplatz, worüber ihre schmerzenden Schultern sich freuten.
    Zwanzig nach neun kam sie am Haupteingang des Zeitungshauses an. Sie blieb einen Moment an der Bushaltestelle stehen und blickte durch den Gitterzaun der russischen Botschaft auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Eine Wache mit Ohrenklappenmütze stand am Tor, stampfte mit den Füßen und sah sehr verfroren aus. Er konnte keinen Tag älter als zwanzig sein.
    Ob man jemals begreift, wie gut man es eigentlich hat?, dachte sie und betrat das Zeitungshaus.
    Früher hatte sie immer versucht, sich ungesehen in die Redaktion zu schleichen, war mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern gegangen und mit dem Rücken zu ihren Kollegen an den Tisch der Tagesreporter geschlüpft. Dann hatte sie versucht, ihren Arbeitstag zu planen: einen Entwurf, der ausgearbeitet werden musste, einen früheren Artikel, bei dem sich ein Nachhaken lohnte.
    Heutzutage war so etwas verschwendete Energie.
    Patrik hatte immer schon eine lange Liste mit Dingen parat, die sie erledigen sollte, wenn sie an ihrem Arbeitsplatz eintraf. Das konnte alles Mögliche sein, vom Umschreiben fremder Meldungen über britische Krankenschwestern, die systematisch ihre Patienten ermordeten, bis hin zu Interviews mit Fußballstars, die gerade ihr zweites Kind bekommen hatten. Sobald der Nachrichtenchef sie bei der Hausmeisterei ankommen sah, stürmte er auf sie zu. In der Regel hatte er ihr schon einen ganzen Stapel von Zetteln in die Hand gedrückt, noch bevor sie überhaupt ihre Jacke ausziehen konnte.
    Die Ruhe der Kinder, die keinen Stress kannten, steckte noch zum Teil in Annika, als sie die Redaktion betrat und sah, wie Patrik den Telefonhörer aufknallte und auf sie zugehastet kam.
    »Morgen, Berit«, grüßte sie und ging zu ihrem Platz gegenüber der Kollegin.
    »Die Kokainküste«, brüllte Patrik. »Wir müssen die Leitlinien festlegen.«
    Sie strich sich die Haare aus der Stirn und holte tief Luft.
    »Zeit für die nächste Reise«, sagte Berit und warf ihr einen schnellen Blick über die Lesebrille zu, bevor sie sich wieder ihrer Morgenzeitung widmete.
    Annika ließ die Tasche auf ihren Platz am Newsdesk fallen, zog die Jacke aus und hängte sie über den Stuhl.
    »Wir machen es folgendermaßen«, begann Patrik und setzte sich mit einem handgeschriebenen Zettel in den Fingern auf ihren Schreibtisch. »Vier Human-Interest-Artikel und zweimal Faktenkram, wir fangen mit dem Human Interest an …«
    Er machte eine Kunstpause und skizzierte mit der Hand die imaginäre Schlagzeile: »Erstens: ›Costa del Sol, Europas Geldwaschanlage – hier wird schmutziges Geld wieder weiß‹. Gibraltar ist offenbar ein richtiges Steuerparadies – und so nah. Du musst in Gibraltar einen schwedischen Anwalt auftreiben, der dir was darüber erzählt, wie man Drogengewinne in Firmenkapital umrubelt.«
    Annika griff sich Stift und Block und notierte.
    »Zweitens: ›Kokainpartys im europäischen Beverly Hills – Jetset, Yachten, Jaguare‹. Hier musst du eine junge Schwedin auftreiben, die über die Drogenorgien in Puerto Banús auspackt. Am besten eine, die bei einer der Drogenrazzien geschnappt worden ist und jetzt alles bereut. Sie darf auch gerne Silikonbrüste haben.«
    Annika hob den Blick.
    »Wie wichtig sind die Brüste?«
    Patrik verlor den Faden und ließ die Hand sinken.
    »Wie? Was meinst du?«
    »Deine Prioritäten. Wie wichtig sind die Brüste im Vergleich zu, sagen wir mal, ihrer Reue über das wilde Jetset-Leben?«
    Der Nachrichtenchef rutschte irritiert ein Stück weiter auf die Schreibtischplatte.
    »Das entscheidest du vor Ort. Drittens: ›Mein Leben als Drogenkurier‹. Nimm Kontakt mit diesem schwedischen Typen auf, den sie in Málaga eingebuchtet haben. Er muss über sein Leben als Kokainschmuggler auspacken.«
    Jocke Martinez schrieb Annika auf ihren Block.
    Niklas Linde hatte sie geküsst, als er ihr den Namen sagte, daran konnte sie sich gut erinnern.
    »Viertens: ›Der Held, der die Geldwäsche stoppen soll‹. Mittwoch, also morgen, beginnt in Málaga eine Konferenz über internationale Wirtschaftskriminalität. Auch die schwedische Regierung wird durch einen Beamten vertreten sein, der sein Wissen zu Hause in die Tat umsetzen soll. Bagger ihn an und schreib eine Jubelreportage über ihn und seine wichtige Arbeit.«
    Annika legte den Stift auf den Block.
    »Das dürfte knifflig werden«, sagte sie.
    Patrik sah sie an.
    »Von allen

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