Kalter Süden
denn sie wusste nicht, wie man ihn aussprach, Sarco oder Tharko oder Charco, aber sie hatte ihn auf einem Display oder Bildschirm gesehen, genau wie jetzt. Sie beugte sich noch näher zum Rechner. Sie war sich absolut sicher.
Zarco Martinez, Zarco Martinez. Wo, wann, wie?
Sie kam nicht drauf und ließ den Gedanken wieder fallen.
Wie sollte sie mit Johan Manolo Zarco Martinez in einem spanischen Gefängnis in Kontakt kommen? Über seinen Anwalt? Und wie mochte ein solcher Anwalt heißen?
Sie atmete tief durch und lächelte.
Griff nach ihrem Handy und rief das Telefonverzeichnis auf.
Niklas Linde, Spanien.
Sie lockerte ihre Schultern und drückte auf »anrufen«.
Er meldete sich sofort.
»Hallo«, sagte sie mit heller Stimme. »Annika hier. Annika Bengtzon vom Abendblatt in …«
»Hallo, Annika«, sagte er träge. »Wie geht’s?«
»Ach, danke, und selbst?«
»Die Sonne scheint mir auf den Pelz, deshalb bin ich putzmunter und happy.«
»Sag mal, bist du in Spanien?«
»Puerto Banús, Baby.«
»Super, ich brauche nämlich deine Hilfe.«
»Was du nicht sagst. Schieß los.«
Sie hörte Gelächter und Porzellangeklapper im Hintergrund. Sie konnte ihn direkt vor sich sehen: braungebrannt und lässig mit Sportpulli, Sonnenbrille und Dreitagebart.
»Dieser Typ, der in der Nacht in San Pedro festgenommen wurde …«, begann sie.
»Als du nicht Rad fahren wolltest?«
Ihr wurde ganz heiß im Gesicht, und sie beugte den Kopf tief über die Tastatur.
»Hm, genau«, sagte sie. »Der heißt doch Johan Manolo Zarco Martinez, oder?«
»Völlig richtig.«
»Ich würde ihn gerne interviewen.«
Irgendwo hinter Niklas Linde begann in der spanischen Sonne eine Espressomaschine zu fauchen, und der Polizist wartete, bis sich der Lärm gelegt hatte. Der Wind blies in sein Handy, er saß also draußen. Es war vermutlich heiß, der Wind trocken und warm.
»Könnte schwierig werden«, sagte er. »Der Typ sitzt nämlich in Málaga, und du bist doch sicher in Stockholm.«
»Ich fliege morgen runter«, sagte Annika und lief noch roter an, als sie Niklas Linde lachen hörte.
»Ach, das ist ja interessant«, sagte er.
»Gibt es irgendwelche Auflagen, oder darf der Typ Besuch bekommen?«
»Ich glaube, die Haftverschärfung wurde aufgehoben. Der Bursche singt wie ein Kanarienvogel, nur weiß er leider nicht sehr viel. Er hat den ganzen Rest der Bande verpfiffen, die alle schon gefasst wurden, aber Neues hat er nicht abgeliefert.«
»Glaubst du, er würde dem Abendblatt ein Interview geben?«
Annika hörte eine Frauenstimme in unmittelbarer Nähe von Niklas Lindes Handy, die leise etwas auf Spanisch sagte. Der Polizist antwortete vale und hasta luego , und dann hörte sie etwas, was nach einem Kuss klang.
Sie legte die Hand über die Augen.
»Sagen wir mal so: Ich glaube kaum, dass er Lust hat, als Verräter der Bande dazustehen«, erwiderte der Polizist unbekümmert, nachdem die Frau verschwunden war.
Annika sah auf die Uhr. War er beim Frühstücken? Trank er nur einen Kaffee? Wer war die Frau? Was Festes oder nur eine Bettgeschichte?
»Ich erwarte keine langen Geständnisse«, sagte Annika und gab sich alle Mühe, professionell zu klingen. »Ich möchte ein persönliches Interview mit ihm machen, darüber, wie er in diese Situation geraten ist, über sein Leben an der Costa del Sol …«
»Ich kann mal bei seinem Anwalt nachfragen, wenn du willst«, sagte Niklas Linde. »Wann kommst du an? Möchtest du vom Flughafen abgeholt werden?«
Sie musste sich beherrschen, um nicht allzu freudig zu klingen.
»Danke, nein«, sagte sie. »Ich muss direkt zu einer internationalen Konferenz über Geldwäsche, die in Málaga stattfindet, da ist um zwei eine Pressekonferenz im Palacio de Congresos …«
»Gut, dann sehen wir uns dort. Da muss ich nämlich auch hin.«
Ihr wurde ganz flau im Magen.
»Das ist ja toll«, sagte sie. »Dann kannst du mir vielleicht auch noch bei ein paar anderen Sachen helfen. Weißt du, ob es in Gibraltar einen schwedischen Rechtsanwalt gibt, der mir erzählen kann, wie aus illegalen Drogengeldern legales Firmenkapital wird? Oder kennst du eine Schwedin mit Silikonbrüsten, die über ihr wildes Jetset-Leben in Puerto Banús reden würde?«
»Das mit dem Anwalt wird vielleicht nicht ganz einfach sein, aber Bräute kann ich immer besorgen. Wie wichtig sind die Möpse?«
»Die sind das Wichtigste überhaupt.«
»Dann kriegen wir das hin«, sagte er und lachte.
Sie lächelte in den
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