Kalter Tee und heiße Kuesse
gar nichts anderes tun, als auf ihren Körper zu starren. Das, was er da sah, gefiel ihm ausgesprochen gut. Lena war schlank, hatte wohlgeformte Brüste, die nicht zu groß und nicht zu klein waren, und eine schmale Taille. Ihre Beine waren fest, aber nicht allzu muskulös. Am liebsten hätte Magnus sie an der Hand genommen und ins Schlafzimmer gezogen, wo immer das auch war. Andererseits konnte er sich auch gut vorstellen, es gleich hier im Bad zu tun. Er könnte sie an den Hüften fassen, zu sich umdrehen und dann …
Im nächsten Augenblick brannten seine Augen wie Feuer, und er schrie auf. Er versuchte, die Augen zu öffnen, und war schockiert darüber, dass er nichts, aber auch nichts mehr sehen konnte.
„RAUS HIER!“, hörte er Lena brüllen und wäre dieser Aufforderung gerne gefolgt, hätte er sehen können, wo es rausging. Aber so blind wie er war, hatte er vollständig die Orientierung verloren.
„Was ist denn los, was ist denn los?“, hörte er die verzweifelte Stimme des Mannes, der eine Vase suchen wollte.
„Was hast du denn mit ihm getan?“ Magnus wurde am Arm gepackt und offensichtlich zum Waschbecken geführt. Jedenfalls hörte er Wasser rauschen. Er würde nie wieder sehen können. Was hatte diese Lena Sanders ihm da ins Gesicht geschüttet? Das konnte sie wirklich perfekt. Erst heißen Tee und dann dieses Zeug, das auch noch entsetzlich stank.
„Hier, kommen Sie her, spülen Sie sich die Augen aus“, riet ihm der Mann, und Magnus tastete sich langsam vorwärts, während Lena immer noch „Raus, raus!“ schrie.
„Du bist wohl völlig verrückt geworden“, hörte er den Mann sagen, während er sich literweise kaltes Wasser in die Augen schüttete, was aber auch nicht viel nützte. Sie zu öffnen traute er sich noch nicht.
„Wie kommt er in mein Badezimmer?“ Lena schien fast zu ersticken.
„Er wollte sich die Hände waschen. Herrje, ich hab nicht daran gedacht, dass du ja gebadet hast.“
„Hast du seit Neuestem Alzheimer?“, ging die Diskussion weiter. „Du hast mir doch selbst das Wasser eingelassen.“
Lena knallte die Flasche mit dem Erkältungsbad auf die Ablage. Fabrizio nahm sie und studierte die Inhaltsstoffe.
„Es tut mir ja auch leid, wirklich, es tut mir leid. Aber du kannst doch niemandem einfach Erkältungsbad in die Augen schütten. Da ist doch Menthol drin und Eukalyptus oder wie das ganze Zeug sonst noch heißt. Weißt du, wie das brennt?“ Fabrizio tätschelte Magnus’ Rücken. „Geht’s besser?“, fragte er freundlich, und weil es immer noch nicht besser ging, schüttelte Magnus den Kopf. Wie sollte er als Blinder weiterleben? Er würde sich eine Armbinde zulegen müssen und immer Hilfe brauchen. Und – oh Gott – er könnte nie wieder Dirk Nowitzki beim Dunking zuschauen! Nichts würde jemals mehr so sein wie früher. Hätte er sich doch bloß niemals mit seinem Vater zerstritten. Dann würde er jetzt nicht in diesem Badezimmer stehen müssen, gemeinsam mit diesem Fremden und Frau Sanders, die er ja gern weiter nackt gesehen hätte, aber das hatte sie ihm ja gründlich vermiest.
„Ich werde einen Arzt anrufen!“ Fabrizio war ehrlich besorgt. „Und du suchst dir am besten gleich einen guten Anwalt. Ich glaube nicht, dass der Mann jemals sein Augenlicht wieder zurückbekommt.“
„Das ist mir nur recht“, meinte Lena, die sich mittlerweile in ein Handtuch gewickelt hatte. „Dann muss ich nämlich nicht mit ihm arbeiten.“
„Wie kannst du nur so herzlos sein?“, regte Fabrizio sich auf und drückte Magnus’ Kopf tiefer in das Waschbecken, dessen Abfluss er verschlossen hatte. „Versuchen Sie, unter Wasser vorsichtig die Augen zu öffnen.“
„Ich möchte, dass er geht“, bekräftigte Lena erneut. „Auf der Stelle.“
„Wie soll er denn gehen, wenn er nichts sehen kann? Würdest du bitte mal aufhören, so rumzuschreien?“ Ein Gurgeln aus dem Waschbecken ließ auf die Tatsache schließen, dass Magnus kurz vorm Ertrinken war. Schnell zog Fabrizio seinen Kopf aus dem Wasser.
„Geht es?“, wollte Fabrizio wissen. „Ach du Schreck, wie Sie aussehen!“
Magnus’ Augen waren zugeschwollen und sahen aus wie zwei rote Tennisbälle. Vorsichtig tupfte Fabrizio mit einem Handtuch daran herum. „Au“, war die leidende Reaktion.
Lena sagte gar nichts mehr. Sie musste sich von dem Schock erholen, dass Magnus unvermittelt vor ihr gestanden hatte. Wie er sie von oben bis unten gemustert hatte. Fast schon gierig hatte er ausgesehen. Und um
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