Kalter Tee und heiße Kuesse
Stirn. „Sitzt hier alleine krank herum und hast niemanden, der sich um dich kümmert.“ Er schüttelte den Kopf. „Jetzt wird erst mal Fieber gemessen, ich habe ein Digitalthermometer gekauft, dann nimmst du Vitamin C, und ich mache dir eine heiße Brühe, und Erkältungsbad habe ich auch mitgebracht.“ Fabrizio wirbelte um Lena herum, und allein die Tatsache, dass er sofort hergekommen war, nachdem sie am Telefon vor Verzweiflung und Kopfschmerzen losgeheult hatte, ließ es ihr schlagartig besser gehen. Fabrizio holte eine Flasche Wein aus einer Einkaufstüte und entkorkte sie. „So, ich glaube, du brauchst mal einen Schluck“, sagte er, und Lena nickte dankbar. „Ach, ach, ja, weine ruhig, danach geht’s dir besser.“ Er tätschelte Lenas Arm, stellte sich an den Herd und begann, eine Hühnersuppe zuzubereiten. „Erzähl mir jetzt von diesem Mann. Was hat er dir angetan? Warum hattest du keine Schuhe an?“ Und Lena erzählte alles von Anfang an. Wie sie Magnus Tee ins Gesicht gespuckt hatte und wie gemein Magnus sei, und dass er zu ihr gesagt hatte, sie würde ihn ausnutzen wollen und wäre scharf auf sein Geld, und dass er mit der Melchior per du war, und dass er sie geküsst hatte, und dass er sie stehen gelassen hatte, und dass er auch gar kein Texter sei, und dass er schlimme Claims erfinden würde und überhaupt und überhaupt.
Fabrizio drehte sich um und schwang den Kochlöffel wie eine gefährliche Waffe. „Du armes Kind. Am liebsten würde ich ihn fertigmachen. Wie kann er es wagen, dich so zu behandeln!“ Er schüttelte den Kopf. „Solch ein böser Mensch.“ Er rührte im Topf herum und strich über seinen glattrasierten Schädel.
Lena schnaubte in ein Taschentuch. „Aber er sieht gut aus“, meinte sie dann leise.
Fabrizio verdrehte die Augen und schnippelte weiter Gemüse, das er zu den Fleischstücken in den Topf warf. „Du bist eine Masochistin, wenn du mir jetzt erzählen willst, dass du dich in ihn verliebt hast“, erklärte er böse.
„Natürlich nicht“, beeilte sich Lena zu sagen. „Ich frage mich nur, warum er mich geküsst hat und davor und danach so eklig zu mir war. Kannst du mir das bitte erklären?“
„Nein, das kann ich nicht, und ich würde dir raten, dir deswegen den Kopf nicht zu zerbrechen. So ein Typ hat das nicht verdient.“ Er ließ das Messer sinken. „Und ich auch nicht. Allein die Vorstellung, mit diesem menschlichen Scheusal zusammenarbeiten zu müssen: furchtbar! Ich werde meinen Ausschlag bekommen.“
Fabrizio war kerngesund, behauptete aber immer, wenn es ihm in den Kram passte, eine Krankheit zu haben. Einmal hatte er zwei Fotomodelle nicht ausstehen können und allen Ernstes behauptet, er habe Lepra, und zwar genau in dem Moment, als er einer von ihnen die Hand schüttelte.
Er füllte die Suppe in einen Teller und stellte ihn vor Lena hin. „Brav aufessen, dann geht’s in die Badewanne“, meinte er fürsorglich und strich ihr übers Haar. „Ich lasse dir schon mal Wasser ein.“ Er nahm das Erkältungsbad und trippelte aus der Küche. Während Lena dankbar die leckere Hühnerbrühe trank, dachte sie an die kommenden Tage und Wochen. Alles, wirklich alles war ihr lieber, als diese Zeit mit Magnus verbringen zu müssen. Aber die Melchior hatte es so angeordnet, und was die Melchior angeordnet hatte, musste ohne Wenn und Aber gemacht werden. Nun, sie würde Magnus einfach ganz professionell begegnen. Unterkühlt. Sehr unterkühlt. Keine Emotionen zeigen, nur das Allernötigste sagen und kurze und knappe Antworten geben. Mit Fabrizio an ihrer Seite würde sie es schon schaffen.
„Ab in die Badewanne, Prinzessin.“ Fabrizio kam zurück. „Wenn du möchtest, wasche ich dir die Haare.“
„Das kann ich gerade noch selbst, aber vielen Dank.“ Lena lächelte. Als Nächstes würde er im Treppenhaus einen Sessellift einbauen.
Zwei Minuten später lag sie in der Wanne und inhalierte das wohltuende Erkältungsbad. Es ging doch nichts über heißes Badewasser. Lena badete oft. Sie liebte ihr Badezimmer und vor allen Dingen ihre Badewanne. Vorletztes Jahr hatte sie auf eine Urlaubsreise verzichtet und das Geld für die Badezimmerrenovierung benutzt. Das Prunkstück war die Wanne mit den Löwenfüßen und darüber die englischen Armaturen, auf denen Hot und Cold stand. Der Raum war elfenbeinfarben gekachelt, der Boden bestand aus Terrazzo, und sie hatte sich ein wunderschönes Art-Deco-Waschbecken gegönnt. Darüber hing ein riesiger
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