Kalter Tee und heiße Kuesse
Einkaufsbummel zu machen. Ein paar bunte Sommerkleider, neue Schuhe und vielleicht einen Hosenanzug. Aber weder in Dunkelbraun noch in Dunkelblau, sondern in hellen, freundlichen Farben. Sie betrachtete sich im Schaufensterspiegel. Ja, sie sah glücklich aus. Sie sah sogar sehr glücklich aus. Fröhlich pfeifend lief sie weiter. Obwohl sie erst gegen drei Uhr morgens ins Bett gekommen war, fühlte sie sich ausgeschlafen, voller guter Laune und Tatendrang. Und später würde sie sich mit Magnus treffen. Richtig, sie musste ja noch einkaufen gehen. Sie würde Schweinefilet besorgen, das frischeste Gemüse und dazu die leckeren roten Kartoffeln. Wein brauchte sie auch noch. Ach, das Leben war einfach schön!
Gestern Abend hatten Magnus und sie noch lange so dagelegen, sich umarmt und geküsst. Er hatte ihr Haar gestreichelt, sie in den Arm genommen und zärtlich an sich gedrückt.
„Warum warst du so gemein zu mir?“, hatte Lena irgendwann wissen wollen, und Magnus sagte: „Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir morgen Abend erzählen. Hast du morgen Abend Zeit?“, und Lena hatte genickt. Dann liebten sie sich noch einmal, diesmal irgendwie anders, behutsamer, aber trotzdem voller Leidenschaft. Lena hatte das Gefühl, mit Magnus zu verschmelzen. Es war so, als seien sie ein eingespieltes Team mit jahrelanger Erfahrung, gleichzeitig war alles immer wieder neu. Sie war glücklich, einfach glücklich.
Irgendwann dann hatte er sie nach Hause gebracht, sie zum Abschied noch einmal umarmt und geküsst. Kurz war sie davor, ihn zu fragen, ob er nicht bleiben wollte, ließ es dann aber. Vielleicht war es ganz gut so, man musste ja nichts überstürzen.
Magnus war schon im Büro, als sie ankam, und zu ihrer Verwunderung wurde sie ein wenig rot, als sie ihn da sitzen sah.
„Guten Morgen“, er strahlte sie an. „Hast du gut geschlafen? Ich habe hier ein bisschen aufgeräumt.“ Sie hatten letzte Nacht nur das Gröbste erledigt, weil beide viel zu viel mit etwas anderem beschäftigt waren.
„Oh danke.“ Lena zog ihre Jacke aus und hängte sie auf den Haken.
„Bleibt es bei heute Abend?“ Magnus kam schnell näher und gab ihr rasch einen Kuss.
„Natürlich. Es gibt Schweinefilet mit Kartoffelgratin.“ Lena erwiderte den Kuss und bemerkte, dass es unterhalb ihres Bauchnabels schon wieder zu kribbeln begann. Magnus machte sie einfach völlig verrückt. Wie sollte sie sich denn da auf die Arbeit konzentrieren?
„Du hast mit Magnus geschlafen.“ Fabrizio fragte nicht, er stellte fest.
„Wie kommst du denn darauf?“ Lena wurde glühend rot.
Fabrizio winkte beleidigt ab. „Mir kannst du nichts vormachen, bella . Ich kenne dich in- und auswendig. Weißt du noch, als dieser … wie hieß er noch … Dingsda … mit dir Schluss gemacht hat und du behauptet hast, es wäre nichts. Das hab ich dir auch an der Nasenspitze angesehen. An dem Tag wolltest du dir in der Badewanne die Haare föhnen, falls du dich erinnerst. Also erzähl.“
Sie waren bei der stupiden Janina und ihrem Hundert-Gramm-Chihuahua gewesen und gönnten sich nun einen Eisbecher, bevor Lena wieder zurück in die Agentur musste. Magnus war zu dem Gipsbeinmann Kai gegangen und wartete dort auf Fabrizio.
Lena lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Es war un-glaub-lich“ , sagte sie und schaute verträumt in die Sonne. „Mit Rotwein. Den hatte ich noch im Schrank. In der Agentur.“
„Du hattest Sex mit Rotwein?“ Fabrizio setzte sich auf und legte den Eislöffel beiseite. „Mit welchem Rotwein? Wohl nicht etwa mit dem 70er Barolo, den ich dir mal geschenkt habe?“
Nachdenklich schaute Lena ihn an. „Schon möglich“, sagte sie langsam. „Ich glaube, es war Barolo.“
Fabrizio schlug mit der Faust auf den Tisch. „SAG MIR BITTE, DASS DAS NICHT WAHR IST!“, schrie er los. „DAS IST EMPÖREND! DER GUTE WEIN! WEISST DU EIGENTLICH, WAS EINE FLASCHE 70ER BAROLO KOSTET?“
Die Bedienung, ein überforderter Halbitaliener, traute sich nicht aus der Eisdiele und beobachtete verstohlen durch die Scheibe, was draußen vor sich ging.
„Pscht, pscht“, machte Lena und sah sich unangenehm berührt um. „Woher soll ich das denn wissen?“
Fabrizio sank in sich zusammen. „Diesen Wein hatte ich damals für Reinhold und mich gekauft. Gemeinsam wollten wir auf unser Einjähriges anstoßen. Kurz davor hat er mich wegen eines Älteren verlassen. Dann habe ich dir den Wein geschenkt, falls du dich erinnern
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