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Kalter Tod

Kalter Tod

Titel: Kalter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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der er jetzt unterwegs war. Vielleicht war da Angst angebracht.
    Alicia Kent nahm einen weißen Frottee-Bademantel von einem der Wandhaken im Innern des Schranks und ging damit ins Bad. Sie ließ die Schranktür offen, und Bosch musste den Blick von seinem Spiegelbild abwenden.
    Walling verließ das Schlafzimmer, und Bosch folgte ihr.
    »Was denkst du?«, fragte sie, als sie den Flur hinuntergingen.
    »Ich denke, wir können von Glück reden, dass wir einen Zeugen haben«, antwortete Bosch. »Sie kann uns erzählen, was passiert ist.«
    »Hoffentlich.«
    Bosch beschloss, sich noch einmal im Haus umzusehen, während Alicia Kent sich anzog. Diesmal schaute er nicht nur noch einmal in jedes Zimmer, sondern auch in die Garage und in den Garten hinter dem Haus. Ihm fiel nichts Ungewöhnliches auf, aber er registrierte, dass die Doppelgarage leer war. Wenn die Kents außer dem Porsche noch ein Auto hatten, war es nicht hier.
    Im Anschluss an seinen Rundgang blieb er im Garten stehen und schaute zum Hollywood-Schild hinauf. Er rief noch einmal in der Zentrale an, um ein zweites Spurensicherungsteam anzufordern, damit es das Haus der Kents untersuchte. Außerdem erkundigte er sich, wann die Rettungssanitäter einträfen, um Alicia Kent zu untersuchen, und bekam gesagt, dass sie noch fünf Minuten bräuchten. Das war zehn Minuten, nachdem er gesagt bekommen hatte, sie bräuchten noch zehn Minuten.
    Als Nächstes rief er Lieutenant Gandle an und weckte ihn. Sein Vorgesetzter hörte still zu, als Bosch ihn auf den neuesten Stand brachte. Die Einbeziehung des FBI und die Möglichkeit eines terroristischen Hintergrunds gaben Gandle zu denken.
    »Tja …«, sagte er, als Bosch endete. »Sieht ganz so aus, als müsste ich ein paar Leute aus den Betten holen.«
    Damit war gemeint, er müsste nach oben melden, dass sie hier einen Fall hatten, der offensichtlich größere Dimensionen annahm. Das Letzte, was ein RHD-Lieutenant wollte oder brauchen konnte, war, am Morgen ins OCP – das Office des Chief of Police – gerufen zu werden und sich fragen lassen zu müssen, warum er die Polizeiführung nicht früher auf den Fall und seine zunehmende Tragweite aufmerksam gemacht hatte. Bosch wusste, Gandle würde von jetzt an versuchen, sich einerseits abzusichern und zum anderen für sein weiteres Vorgehen Anweisungen von oben einzuholen. Das war nicht anders zu erwarten gewesen und konnte Bosch nur recht sein. Aber es gab ihm auch zu denken. Das LAPD hatte seine eigene Heimatschutz-Abteilung. Sie wurde geleitet von einem Mann, der in Polizistenkreisen als unberechenbarer Haudrauf galt, der für diese Aufgabe weder qualifiziert noch geeignet war.
    »Ist unter den Leuten, die Sie gleich um ihren Schlaf bringen werden, auch Captain Hadley?«, fragte Bosch.
    Captain Don Hadley war der Zwillingsbruder von James Hadley, der ganz zufällig der Police Commission angehörte, dem politischen Ausschuss, der die Aufsicht über das LAPD führte und ermächtigt war, den Polizeichef zu ernennen oder abzusetzen. Kein Jahr, nachdem James Hadley per bürgermeisterlicher Ernennung und mit Zustimmung des Stadtrats in die Police Commission berufen worden war, rückte sein Zwillingsbruder vom stellvertretenden Leiter der Verkehrspolizei des Valley zum Chef des neu gegründeten OHS auf, des Office of Homeland Security. Dieser Karrieresprung Don Hadleys wurde zum damaligen Zeitpunkt als politischer Schachzug des damals amtierenden Polizeichefs angesehen, der mit allen Mitteln versuchte, seinen Job zu behalten. Es half aber nichts. Er wurde entlassen und ein neuer Polizeichef ernannt. Aber trotz dieses Wechsels auf höchster polizeilicher Ebene behielt Hadley seinen Posten als Chef der Heimatschutz-Abteilung, des OHS.
    Die Aufgabe des OHS bestand darin, sich mit den entsprechenden Bundesbehörden kurzzuschließen und den nachrichtendienstlichen Datenfluss nicht zum Erliegen kommen zu lassen. In den vergangenen sechs Jahren war Los Angeles in mindestens zwei bekannt gewordenen Fällen das Ziel terroristischer Anschläge gewesen. Beide Male erfuhr das LAPD von den Bedrohungen erst, nachdem sie von den Bundesbehörden vereitelt worden waren. Das war für die Polizei eine gewaltige Blamage gewesen, woraufhin das OHS ins Leben gerufen wurde, um dem LAPD Zugang zu nachrichtendienstlichen Daten und den bundesbehördlichen Kenntnissen über das zu verschaffen, was vor seiner eigenen Haustür geschah.
    In der Praxis sah es allerdings so aus, dass beim LAPD auch nach dieser

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