Kalter Tod
Durchsuchungsbefehl anrückt, dann gehen wir rein.«
Der Captain stand auf und winkte einem seiner Männer. Er strahlte eindeutig Selbstbewusstsein aus.
»Perez, haken Sie mal wegen des Durchsuchungsbefehls nach, ja? Langsam habe ich das Warten satt. Und dann sehen Sie, was sich am Beobachtungsposten tut.«
Danach wandte er sich wieder Bosch und Ferras zu.
»Kommen Sie kurz mit.«
Hadley entfernte sich von der Gruppe, und Bosch und Ferras folgten ihm. Er führte sie ans Heck des Müllautos, damit sie ungestört reden konnten. Der Captain warf sich in Pose, er setzte einen Fuß auf die hintere Stoßstange des Lkws und stützte den Ellbogen auf das Knie. Bosch stellte fest, dass er seine Dienstwaffe in einem Beinholster trug, das um seinen dicken rechten Oberschenkel geschnallt war. Wie ein Revolverheld aus dem Wilden Westen, außer dass es eine Halbautomatik war. Er kaute Kaugummi und versuchte nicht, es zu verbergen.
Bosch hatte viele Geschichten über Hadley gehört. Jetzt konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass er kurz davor stand, Mitakteur einer weiteren zu werden.
»Ich wollte, dass Sie beide dabei sind«, begann Hadley.
»Bei was eigentlich, Captain?«, fragte Bosch.
Hadley schlug die Hände aneinander, bevor er antwortete.
»Wir haben etwa zweieinhalb Blocks weiter auf einer Straße direkt am See den Chrysler Dreihundert entdeckt. Das Kennzeichen stimmt mit dem BOLO überein, und ich habe mir das Fahrzeug selbst angesehen. Es ist das Auto, nach dem wir suchen.«
Bosch nickte. So weit, so gut, dachte er. Aber was kommt noch nach?
»Das Fahrzeug steht vor einem Haus, das einem gewissen Ramin Samir gehört«, fuhr Hadley fort. »Wir werfen schon ein paar Jahre ein Auge auf den Kerl. Eine Person von echtem Interesse für uns, könnte man sagen.«
Irgendwie kam Bosch der Name bekannt vor, aber er konnte ihn zunächst nicht einordnen.
»Warum ist er von Interesse, Captain?«
»Mr. Samir unterstützt bekanntermaßen religiöse Organisationen, die unserem Land und unseren Interessen schaden wollen. Und was noch schlimmer ist: Er erzieht unsere jungen Leute dazu, ihr eigenes Land zu hassen.«
Der letzte Punkt half Boschs Gedächtnis auf die Sprünge, und er stellte die entsprechenden Verbindungen her.
Er konnte sich nicht mehr erinnern, aus welchem Land im Nahen Osten er war, aber er wusste, dass Ramin Samir ursprünglich eine Gastprofessur für internationale Politik an der USC gehabt und für einiges Aufsehen gesorgt hatte, weil er im Hörsaal und in den Medien gegen Amerika Stimmung gemacht hatte.
Schon vor den Anschlägen des 11. September hatten seine Äußerungen in den Medien Wellen geschlagen, aber danach waren sie zu einer regelrechten Woge angewachsen. Er verkündete öffentlich, die Anschläge seien wegen der amerikanischen Aggression in allen Teilen der Welt gerechtfertigt gewesen. Es gelang ihm, die Aufmerksamkeit, die ihm das eintrug, in eine Position als Hauptansprechpartner für die Medien umzumünzen, wenn diese jemanden für ein wohlfeiles anti-amerikanisches Zitat benötigten. Er machte die amerikanische Israel-Politik schlecht, kritisierte den Militäreinsatz in Afghanistan und erklärte, der Irak-Krieg diene ausschließlich den Interessen der Ölindustrie.
Ein paar Jahre lang war Samirs Rolle als Agent provocateur gut für Gastauftritte in politischen Talkshows, in denen sich alle Teilnehmer gegenseitig niederzubrüllen versuchten. Er war die ideale Reizfigur für Rechts und Links gleichermaßen und jederzeit bereit, um vier Uhr morgens aufzustehen, um in den Sonntagvormittagsendungen an der Ostküste zu einem Auftritt zu kommen.
Gleichzeitig nutzte er seinen Status als Fernsehberühmtheit, um bei der Gründung und Finanzierung einer Reihe universitärer und außeruniversitärer Organisationen zu helfen, die von konservativen Interessengruppen und investigativen Journalisten rasch beschuldigt wurden, zumindest am Rand mit terroristischen Organisationen und anti-amerikanischen Dschihads in Verbindung zu stehen. Einige unterstellten ihm sogar Kontakte zum Großmeister des Terrors Osama bin Laden. Obwohl immer wieder gegen Samir ermittelt wurde, konnte er nie einer Straftat angeklagt werden. Von der USC wurde er schließlich nur wegen einer Formsache entlassen – er hatte nicht darauf hingewiesen, dass seine Ansichten seine eigenen waren und nicht die der Universität, als er für die Meinungsseite der Los Angeles Times einen Beitrag schrieb, in dem er die Auffassung
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