Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Valurs Weihnachtskartenliste und werde wohl auch nie in den Genuss kommen. Vermutlich gibt er gerade meine Beschreibung an seine ganzen einflussreichen Freunde weiter und instruiert sie, die Karriere dieser verdammten alten Kuh um jeden Preis zu zerstören.«
»Dann war es wohl ein ausgesprochen produktiver Tag, nicht wahr?«
»Wir werden sehen, was noch passieren wird. Sindri Valsson wird über Interpol gesucht. Ich habe Eiríkur schon gesagt, dass er Jónas Valur beschatten lassen soll, und ich hoffe, dass wir sein Handy orten können.«
»Okay. Wo finden wir Hallur?«
»Wir versuchen es zuerst in seinem Büro.«
Gunna parkte in der Nähe des Rathauses und zeigte dem Parkplatzwächter ihre Dienstmarke, als sie sich vom Wagen entfernten, ohne einen Parkschein zu ziehen. In dem alten Gebäude trafen sie nur eine Sekretärin an, die sich offensichtlich freute, Besuch zu bekommen.
»Er war heute Vormittag hier und sagte, er käme bald zurück. Aber seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen«, sagte sie. »In seinem Terminkalender ist für heute Nachtmittag nichts eingetragen.«
»Hast du keine Idee, wo er stecken könnte?«
Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Habt ihr es schon auf seinem Handy probiert?«
Als sie schließlich wieder im Wagen saßen, fragte Helgi:
»Was meinst du, Chefin?«
»Ich weiß nicht. Er ist nicht im Parlament, er ist nicht in seinem Kämmerchen, er hat keine offiziellen Termine, sonst hätte die Sekretärin Bescheid gewusst. Er fickt nicht mit Svana, und ich bezweifle, dass er im Fit Club ist. Wo könnte ein Mann wie Hallur sonst noch sein?«
»Vermutlich zu Hause.«
»Gut, lass es uns dort noch versuchen. Wenn er da auch nicht ist, müssen wir für heute aufgeben«, seufzte Gunna.
Die Fahrt in den grünen Vorort Vogar, in dem Hallur Hallbjörnsson lebte, dauerte nur zehn Minuten, aber es war, als würde man in eine andere Welt eintauchen. Statt des permanenten Verkehrsrauschens war Vogelgezwitscher zu hören. Gunna öffnete das Fenster, um ein wenig frische Luft hereinzulassen, als sie langsam durch die menschenleere Wohnstraße fuhren. Sie hielt Ausschau nach Küchenvorhängen, die sich bewegten.
»Wahrscheinlich wird gleich jemand die Polizei rufen, nur weil wir uns verdächtig verhalten«, meinte sie. »Das ist sein Haus, das dort drüben.«
Sie zeigte darauf und fuhr langsam vorbei.
»Sein Auto ist da«, sagte Helgi und spähte durch die lichte Hecke. Gunna setzte rückwärts in eine Einfahrt, um zu wenden und zurückzufahren.
Helgi kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, und starrte zu dem alten Mercedes hinüber, der ganz oben in der Einfahrt stand.
»Sitzt er im Auto?«, fragte Gunna. »Kannst du etwas erkennen, Helgi?«
Sie hielt an einer Stelle, von der aus sie die ganze Einfahrt im Blick hatten. Der Mercedes war halb hinter Büschen verborgen.
»Dann sitzt er jetzt aber schon eine ganze Weile im Wagen.«
Gunna stellte den Motor ab und klopfte mit den Fingerspitzen auf das Lenkrad, während sie darauf warteten, dass Hallur entweder ausstieg oder losfuhr. Nach einer gefühlten Ewigkeit verlor sie die Geduld.
»Inzwischen muss der Mann doch gemerkt haben, dass wir hier sind, oder?«
»Das sollte man denken«, erwiderte Helgi nachdenklich.
»Verflucht noch mal«, schimpfte Gunna und stieg aus dem Wagen. Helgi ließ sein Fenster herunter und rechnete damit, dass Hallur jeden Moment Gas geben und rückwärts aus der Einfahrt fahren würde, aber nichts geschah. Gunna näherte sich dem Mercedes und begann plötzlich zu laufen. Sie riss sich ihren Schal vom Hals und drehte sich zu Helgi um.
»Helgi! Schnell! Einen Notarzt!«
»Leitstelle, null-zwei-sechzig. Wir brauchen dringend einen Rettungswagen, die Adresse ist Hrímvogur 44«, sagte er ruhig in sein Funkgerät, während er beobachtete, wie Gunna sich den Schal ums Gesicht wickelte und die Autotür öffnete. Sie zerrte den bewusstlosen Hallur Hallbjörnsson an den Schultern vom Fahrersitz, bis er der Länge nach auf der gekiesten Einfahrt lag.
»Null-zwei-sechzig, Leitstelle. Der Rettungswagen ist unterwegs. Was ist passiert?«
»Vermutlich Kohlenmonoxidvergiftung«, antwortete Helgi, während er über die Straße joggte.
Gunna hatte den bewusstlosen Mann bereits weiter vom Wagen weggezerrt und kniete über ihm. Mit einer Hand griff sie ihm unter das Kinn, die andere schob sie unter seinen Nacken. Sie beugte sich hinunter und führte eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch. Helgi konnte
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