Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
sehen, wie sie angestrengt versuchte, Luft in Hallurs Lungen zu pressen. Sie hob den Kopf, drehte ihn zur Seite, um zu beobachten, wie seine Brust sich wieder senkte, dann setzte sie die Beatmung fort. Helgi griff nach dem Handgelenk des Bewusstlosen und suchte vergeblich nach dem Puls.
»Herztätigkeit?«, fragte Gunna zwischen zwei Atemzügen.
»Noch nicht. Warte mal einen Moment«, forderte er sie auf und suchte an Hallurs Hals nach dem Puls.
»Hier, ganz schwach, aber das Herz schlägt«, sagte er und griff wieder nach der schlaffen Hand.
Gunna machte weiter, während Helgi wieder den Puls im Handgelenk suchte.
»Wir haben Gesellschaft bekommen«, bemerkte er, als zwei kleine Jungen auf ihren Fahrrädern am Ende der Zufahrt anhielten und hinaufstarrten.
»He, ihr beiden!«, rief Helgi.
»Was macht ihr da?«, rief einer der Jungen zurück.
»Er ist verletzt. Gleich kommt ein Rettungswagen. Könnt ihr an die Straßenecke fahren und auf ihn warten? Zeigt ihnen, wohin sie kommen müssen, ja?«
Die zwei Jungen fuhren eilig davon, als das schwache Heulen des Martinshorns in der Ferne zu hören war.
»Sag mir Bescheid, wenn ich dich ablösen soll, okay?«, sagte Helgi ruhig.
»Es geht noch. Kannst du den Motor abstellen?«, antwortete Gunna zwischen den nächsten beiden Atemzügen. Die Sirene heulte noch einmal auf, dann verstummte sie, und das quietschende Geräusch von Autoreifen, die auf der Straße vor dem Haus bremsten, war zu hören. Dann sprangen zwei Sanitäter aus dem Rettungswagen und liefen die Einfahrt hinauf. Einer legte Hallur eine Sauerstoffmaske an und drückte Helgi einen durchsichtigen Plastikbeutel in die Hand.
»Hier, kannst du da drauf drücken, Kumpel? Also, was ist passiert?«
»Wir wollten diesen Burschen befragen und haben ihn bewusstlos in seinem Auto vorgefunden.«
»Wisst ihr, ob er Alkohol getrunken hat?«
»Keine Ahnung. Und das Haus ist abgeschlossen.«
Gunna setzte sich auf den Weg und atmete tief ein und aus, während der zweite Sanitäter einen Sauerstoffzylinder an der Maske befestigte.
»Wird er wieder gesund?«, wollte sie wissen.
»Das kann man noch nicht sagen. Wisst ihr, wie lange er im Wagen war und ob er etwas genommen hat?«
»Nein, wir wissen nichts. Wir sind eben erst gekommen und haben ihn vielleicht eine Minute lang beobachtet, bevor ich nach ihm gesehen habe.«
»Dann ist es schwer zu sagen. Wir bringen ihn jetzt in die Notaufnahme. Schwer zu sagen, ob er überleben wird.«
»Meinst du?«
»Ja«, antwortete er, ohne von Hallurs Gesicht aufzusehen. »Wenn es ein neuer Volkswagen mit einem modernen Katalysator gewesen wäre, wäre er wahrscheinlich in zehn Minuten wieder auf dem Damm und hätte lediglich höllische Kopfschmerzen. Aber eine alte Schrottlaube wie dieser Mercedes könnte tödlich sein. Du bist Gunnhildur, nicht wahr?«
»Ja.«
»Habe ich mir schon gedacht. Wenn du in ungefähr einer Stunde im Krankenhaus anrufst, können sie dir sagen, ob er es überleben wird. Wer ist er überhaupt?«
***
»Hallo, Mum. Hattest du einen schlimmen Tag?«, fragte Laufey munter.
Gunna hängte ihre Jacke über eine Stuhllehne und ließ sich dann auf den Stuhl fallen.
»Warum? Sieht man es mir an?«
»Allerdings.«
»Tut mir leid, Schätzchen. Da du fragst, es war ein ziemlich mieser Tag. Wo ist Steini?«
»Weiß ich nicht. Ich habe ihn nicht gesehen. Arbeitet er denn nicht?«, fragte Laufey leicht verärgert.
Als Gunna die Schuhe auszog, realisierte sie erst, wie müde sie war und wie sehr es sie erschöpft hatte, Hallur Hallbjörnsson wiederzubeleben.
»Was hast du gemacht, Mum? Du siehst völlig fertig aus.«
Gunna gähnte und knöpfte sich die Bluse auf.
»Ich sollte dir eigentlich solche Dinge nicht erzählen, aber ich musste eine Frau darüber informieren, dass ihr Mann heute Nachmittag einen Selbstmordversuch unternommen hat. Es ist noch zu früh, um sagen zu können, ob er möglicherweise einen bleibenden Hirnschaden davongetragen hat«, sagte Gunna ernst.
Laufey riss die Augen auf. »Wow. Das ist heftig.«
»Und als sie erfahren hat, dass Helgi und ich den Idioten davon abgehalten haben, sich umzubringen, ist sie in Tränen ausgebrochen und hat gesagt, wir hätten den Mistkerl die Sache zu Ende bringen lassen sollen. Sie wurde ruhiggestellt und befindet sich jetzt im selben Krankenhaus wie ihr Mann.«
»Du hattest tatsächlich einen schlimmen Tag.«
»So ist es, wenn man mit den Reichen und Schönen in Berührung kommt. Jedenfalls war
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