Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Valur unterhalten hat«, wiederholte er. »Sonst hätte ich niemals …« Er senkte den Kopf, und dicke Tränen rollten ihm über die Wangen. »Ich habe Svana nichts getan. Ich habe sie bloß gefunden, sie wollte einfach nicht aufwachen.«
***
Helgi und Gunna gingen in die Kantine und saßen schweigend in dem verlassenen Raum vor ihren dampfenden Kaffeebechern.
»Das war eine Quälerei, nicht wahr?«, brach Helgi schließlich das Schweigen.
»Das kann man wohl sagen.«
»Glaubst du, er hat seine Schwester auf dem Gewissen?«
Gunna schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Wer war es dann? Vielleicht Gulli Ólafs? Ich muss zugeben, ich kann gar nicht verstehen, woher diese Leute die Energie für all den Sex nehmen. Diese Svana muss wie eine Maschine funktioniert haben«, sagte Helgi nachdenklich.
»Gulli Ólafs war es bestimmt nicht. Sein Motiv war nicht stark genug. Svana wäre lebend nützlicher für ihn gewesen. Ich würde jede Wette eingehen, dass er derjenige war, der sie beschattet hat. Wir werden sehen, was die Suche bei ihm zu Hause und in seinem Büro ergibt. Falls wir ein Handy mit der Nummer finden, von der die SMS an Svana, Bjarki und die anderen geschickt wurden, dann haben wir ihn«, sagte Gunna gähnend.
»Wer war es denn dann? Abgesehen von Bjartmar könnte es jedes der Clubmitglieder getan haben.«
»Wir werden sehen«, meinte Gunna und stand auf. »Machst du mit Högni weiter? Ich muss rüber ins Krankenhaus.«
***
Derselbe Arzt, der sich vor einigen Tagen um Gunnas Verletzungen gekümmert hatte, hatte auch an diesem Tag Dienst.
»Im Grunde genommen hatte der Mann einen Nervenzusammenbruch«, erklärte er lakonisch und streckte die Beine von sich. Er nutzte offensichtlich die lange herbeigesehnte Gelegenheit, sich einmal hinzusetzen. »Es ist eine Kombination aus Stress, akuter Angst und Depression. Er braucht eine längerfristige Erholung, aber ich fürchte, das lässt sich hier nicht realisieren.«
»Nein?«
»Wir haben keine Mittel mehr dafür. In allen Bereichen gibt es Kürzungen. Du arbeitest doch auch im öffentlichen Dienst und weißt bestimmt, wovon ich rede.«
»Verdammt, ja. Es herrscht Einstellungsstopp, es sei denn, es ist unbedingt notwendig. Und selbst dann muss man mit allen Mitteln darum kämpfen. Was die Sachmittel angeht, ist es ein Albtraum. Aber zurück zu Bjarki Steinsson. Wie ist sein Zustand?«
»Körperlich geht es ihm so gut, wie man es bei einem Nichtraucher mittleren Alters, der sich kaum bewegt, erwarten kann. Wie es ihm psychisch geht, ist schwer zu sagen. Ich bin auch kein Spezialist.«
»Ich muss dringend mit ihm reden.«
Der Arzt machte ein ernstes Gesicht und rieb sich zweifelnd die Nase. »Ich würde es für besser halten, wenn er ein paar Tage in Ruhe gelassen wird, um sich zu erholen.«
»Ich fürchte, das geht nicht. Es handelt sich um eine Mordermittlung. Zwei Menschen sind tot, und ein weiteres Opfer liegt hier im Krankenhaus.«
»Du meine Güte, wer ist es denn?«, fragte der Arzt und atmete heftig ein.
»Hallur Hallbjörnsson.«
»Was? Der Politiker, der den Selbstmordversuch unternommen hat?«
»Eben dieser, aber offensichtlich war es kein Selbstmordversuch. Ich brauche Bjarki Steinsson, um Licht ins Dunkel zu bringen.«
Der Arzt klopfte auf den unordentlichen Couchtisch. »In Ordnung, aber es wäre besser, wenn ich dabei sein könnte. Ich muss die Befragung stoppen, wenn sie ihn zu sehr stresst.«
Auf den Gängen war es ruhig, von irgendwoher in der Ferne war leise Musik zu hören, als sie zu Bjarkis Krankenzimmer gingen.
»Seine Frau ist bei ihm«, teilte der Arzt Gunna mit.
»Ich nehme nicht an, dass sie viel zu seiner Erholung beiträgt«, kommentierte Gunna trocken.
»Warum nicht?«
»Sie ist nicht gerade der angenehmste Mensch«, erklärte Gunna. Der Arzt klopfte an und öffnete die Tür.
»Bjarki, Besuch für dich«, sagte er freundlich.
»Wer ist es denn?«, hörte Gunna Kristrún frostig fragen. »Ach, schon wieder die Polizei«, beantwortete sie ihre eigene Frage, als sie Gunna erblickte.
»Hallo, Bjarki«, sagte Gunna sanft. »Geht es dir besser? Ich möchte mich gerne in Ruhe mit dir unterhalten, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Ich glaube wirklich –«, begann Kristrún.
»Würdest du uns bitte eine Viertelstunde allein lassen, vielen Dank«, fiel Gunna ihr entschlossen ins Wort.
»Ich glaube nicht –«
»Eine Viertelstunde reicht völlig.«
Kristrún stolzierte aus dem Raum. Bjarki warf Gunna einen dankbaren
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