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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ehrlich nicht verstehe, was sie an dem findet. Weil der echt so ein biederer Heini war und auch schon total viel älter, der war mindestens 45 oder so. Und die Suse hat gesagt, dass sie von den ganzen komplizierten Typen einfach die Schnauze voll hat. Ich meine, dass sie von denen genug hat. Und dass ihr gerade das Seriöse am Johannes so gefallen tut. Weil der so ein Netter ist, der sich auch total um seine Mutter kümmert. Die ist er nämlich immer besuchen gefahren nach Ischl, in irgend so ein teures Altersheim. Seniorenresidenz sagt man da ja jetzt dazu und nicht mehr Altersheim. Und immer, wenn der Johannes nach Ischl gefahren ist, alle 14 Tage, dann hat er bei uns getankt und einen Kaffee getrunken. Und so hat ihn auch die Suse kennengelernt. Das ist alles, was mir eingefallen ist. Mehr weiß ich auch nicht. Hoffentlich sind Sie mir jetzt nicht böse, dass ich Sie deswegen …« Sie verstummte wieder, mit dieser zögerlichen, unsicheren Stimme, mit der so viele Frauen ihre Sätze ausklingen lassen.
    Pestallozzi wagte kaum zu atmen. Endlich, endlich gab es eine konkrete, greifbare Spur. Johannes! Ein Mann von ungefähr 45 Jahren, der eine Brille trug, höchstwahrscheinlich einen weinroten Chrysler Cruiser mit SL-Kennzeichen fuhr und alle 14 Tage seine Mutter in einer noblen Seniorenresidenz in Bad Ischl besuchte. Das konnte natürlich eine Sackgasse sein, ein Rohrkrepierer. Aber ein Nerv von seiner Magengrube zu seinem Hinterkopf hinauf hatte zu vibrieren begonnen wie die Fernleitungen früher, auf denen die Spatzen saßen. Er holte vorsichtig Luft.
    »Frau Kaserer, es ist unwahrscheinlich wichtig, dass Sie mich angerufen haben, um mir das zu erzählen. Damit helfen Sie uns wirklich weiter. Johannes hat dieser Freund von Suse also geheißen, da sind Sie sich ganz sicher, ja? Können Sie sich vielleicht doch noch an mehr erinnern? Hat Suse vielleicht einmal seinen Familiennamen erwähnt?«
    »Sonst weiß ich nix mehr. Das ist alles.« Sie klang beleidigt, und er biss sich auf die Lippe. Verdammt, jetzt war er über sie drübergefahren in seinem blindwütigen Eifer. Aber sie hatten zwei Morde und keinen Anhaltspunkt bisher, nicht den allerkleinsten. Er hätte diese Marion abbusseln können, natürlich nur im übertragenen Sinn.
    »Und das ist auch fantastisch viel, ganz ehrlich, Frau Kaserer«, sagte Pestallozzi. »Ich kann mich nur bedanken für Ihre Unterstützung und auch für die Zivilcourage, dass Sie mich angerufen haben. Das würde nicht jeder machen, Frau Kaserer.«
    Sie schluckte hörbar, man konnte es über die Bergrücken bis nach Salzburg hören. »Danke. Mir … mir geht es gar nicht gut.«
    Er nickte, allein im Vorzimmer, halb in den Mantel hineingewurstelt. »Das kann ich Ihnen nachfühlen, Frau Kaserer, bitte glauben Sie mir. Und ganz ehrlich, wie sollte es Ihnen denn auch gut gehen nach allem, was passiert ist. Aber wir bleiben in Kontakt, ich rühre mich wieder bei Ihnen. Und, Frau Kaserer, bitte passen Sie gut auf sich auf, ja? Schaun Sie, dass Sie etwas in den Magen bekommen und tun Sie nicht nur rauchen. Ich weiß, ich klinge jetzt in Ihren Ohren wie ein alter Knacker, aber ich meine es wirklich ehrlich.« Denn er sah wieder das trostlose schmuddelige Appartement vor sich und die junge Frau, die auf dem ungemachten Bett saß und rauchte, mit abgesplittertem Lack auf den Nägeln. Serviererin zu sein, das war bestimmt einer der allerhärtesten Jobs überhaupt. Die ständige blöde Anmache, der Rauch und der Lärm, und dann, wenn man keinen mit nach Hause nahm, die plötzliche Einsamkeit. Wo waren nur die Familien all dieser jungen Frauen, die immer öfter aus dem Osten kamen und Valentina und Aljona hießen statt Hedi und Babsi und Marion. Wo waren ihre Eltern, ihre Mütter?
    Die Marion Kaserer klang auch gar nicht beleidigt wegen seiner Ermahnungen, sondern sogar getröstet. Offenbar war sie es nicht gewöhnt, dass man sich um sie Sorgen machte. Sie schniefte durch die Leitung. »Danke, Herr Chefinspektor. Ich pass schon auf mich auf. Und wenn mir noch was einfallt, dann ruf ich Sie an, versprochen. Ich werd mich auch noch umhören, vielleicht …«
    »Lieber nicht! Das überlassen Sie besser uns, ja?« Denn das hätte ihm gerade noch gefehlt, eine junge Frau, die auf eigene Faust Ermittlungen anstellte und womöglich einem Mörder zu nahe kam. »Unbedingt, Frau Kaserer! Haben Sie mich verstanden, ja?«
    »Schon gut.« Sie kicherte sogar. Mit Männern, die zu poltern begannen, konnte sie

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