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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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offenbar gut umgehen. »Auf Wiederschaun, Herr Chefinspektor.«
    »Auf Wiederhören, Frau Kaserer.«
    Sie legte auf, und er stand da wie ein Entfesselungskünstler im Zirkus, dem sein Trick völlig misslungen war. Pestallozzi schnaufte und kämpfte sich in den Mantel hinein, dann verließ er die Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu. Endlich gab es konkrete Spuren, denen sie nachgehen konnten.
    20 Minuten später verließ er den Aufzug im dritten Stock und wollte gerade in sein Zimmer hasten, als ihm die Dörfler entgegenkam. »Herr Chefinspektor, Sie sollen bitte zum Herrn Polizeidirektor Grabner kommen!«
    »Gleich, gleich, ich muss erst noch …«
    »Sofort! Bitte!« Die Gerda Dörfler stand da wie ein Lebkuchenmanderl in ihrer selbstgestrickten Trachtenweste und den Gesundheitsschuhen und starrte ihn flehentlich an. Offenbar hatte sie den Auftrag, ihn zum Grabner zu schleifen, auf der Stelle, tot oder lebendig. Pestallozzi musste schmunzeln, er konnte nicht anders.
    »Ich komm ja schon. Was ist denn so wichtig?«
    Sie sah ihn besorgt an, ja beinahe mitleidig. Die Dörfler hegte eine Schwäche für Pestallozzi, das wusste jeder im Haus. »Der Herr Doktor Woratschek sitzt im Büro vom Herrn Polizeidirektor, schon seit fast einer halben Stunde.«
    Pestallozzis Lächeln gefror. »Dann wollen wir die Herren nicht warten lassen.« Er zog sich im Gehen den Mantel aus und warf ihn achtlos zur Tür seines Büros hinein, dann fuhr er sich durchs Haar, das auch wieder geschnitten gehörte, ging durch den Gang und klopfte an die Tür vom Grabner.
    »Herein.«
    Grabner saß hinter seinem Schreibtisch, das fahle Winterlicht im Rücken, die Hände auf der polierten Platte ineinander verschränkt wie zum Gebet. Woratschek saß in dem Sessel davor, lässig den linken Fuß am rechten Knie abgelegt, ein Arm baumelte über die Lehne. Woratschek sah aus, als ob er sich gleich gut amüsieren würde. Wie ein Römer im Kolosseum bevor die Christen hereingebracht und den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden. Pestallozzi schloss die Tür und nickte zum Gruß, dann nahm er unaufgefordert auf dem Stuhl neben Woratschek Platz.
    »Ah, Kollege Pestallozzi, da sind Sie ja! Gut, dann können wir anfangen!« Grabner hätte jetzt natürlich ein großes Getue veranstalten können, um sich an seinem Untergebenen abzuputzen und gut Wetter beim Woratschek zu machen. Wo stecken Sie denn, endlich tauchen Sie auf, wir sitzen hier schon seit einer Ewigkeit und warten auf Sie! All das hätte der Grabner sagen können und dem Woratschek dabei verschwörerisch zugrinsen und sich mit ihm auf ein Packl hauen. Aber der Grabner war eben ein feiner Kerl geblieben, auch unter dem Dreiteiler aus englischem Tuch und dem ganzen noblen Getue, das ihm seine Gattin, die Hofratstochter, mühsam angelernt hatte. Pestallozzi lächelte seinem Chef zu: »Gern!«
    »Nun, Sie wissen ja, Pestallozzi, dass der Kollege Woratschek extra aus Wien gekommen ist, um uns zu unterstützen.«
    Woratscheks süffisante Miene wurde ein ganz klein wenig säuerlich. Kollege Woratschek? Und wo war sein Titel geblieben? Herr Doktor Woratschek , bitteschön! Tja, damit hatte sich dieser Grabner endgültig einen fetten schwarzen Minuspunkt eingehandelt auf seiner ganz persönlichen Liste, die von ihm, Doktor Clemens Woratschek, jeden Tag penibel auf den neuesten Stand gebracht wurde und auf die er nie vergaß, niemals. Ein paar, die ihm vor Jahren einmal dumm gekommen waren, verrotteten heute im hintersten Kammerl und wussten nicht, wieso. Ha!
    »… würde ich Sie bitten, uns Ihre Überlegungen mitzuteilen.«
    Grabner sah Woratschek an, der nahm endlich seinen Fuß vom Knie und damit eine höflichere Haltung an.
    »Tja, leider hat man erst sehr spät daran gedacht, uns in Wien einzuschalten. Nach 24 Stunden sind auch die besten Spuren erkaltet, davon muss man nach neuesten Erkenntnissen ausgehen.«
    So ein unfassbarer Topfen! Nach 24 Stunden ist die Spur kalt, damit fing jeder kleine Gerichtssaalreporter seine Geschichten an, und der Woratschek wollte ihnen das als sensationelle Erkenntnis verkaufen? Pestallozzi blickte zu Grabner, aber der sah drein, als ob er völlig gebannt und konzentriert wäre. Jedenfalls hielt er die Augen geschlossen, vielleicht machte er ja auch nur ein kurzes Nickerchen.
    »Ich habe mir die Berichte angesehen, die bisher vorliegen, und musste zu meinem Bedauern feststellen, dass man bisher völlig darauf verzichtet hat, ein Täterprofil zu erstellen. So kommt

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