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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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in den Aufzug.
    Elfter Stock. »Das ist wie ausgestorben«, stellte Hellmer fest und folgte Durant bis zur letzten Tür links. Ein großes, kitschiges Namensschild, auf dem M. u. M. Tschierke stand.
    »Wusste gar nicht, dass die M&M’s auch einen Nachnamen haben«, scherzte Hellmer leise.
    Durant grinste und klingelte, das Geräusch war deutlich zu vernehmen. »Funktioniert.« Sie sah Hellmer ratlos an. »Merkwürdig, die Tschierke hat ausdrücklich gesagt, ihre Tochter würde in den Ferien immer sehr lange schlafen.«
    »Dann kommen wir eben später noch mal, vielleicht hat Miriam was vor, und ihre Mutter wusste gestern noch nichts davon. Es hat keinen Sinn, jetzt noch länger hier rumzustehen«, meinte Hellmer. »Sie sind nicht daheim. Und so wichtig ist Miriam nun auch wieder nicht, die wird uns auch nichts sagen können, was wir nicht schon längst wissen.«
    »Okay, gehen wir.« Durant warf einen letzten Blick auf das Namensschild. Ein seltsames Gefühl beschlich sie, als sie wieder zumAufzug gingen. Nein, Julia, du siehst schon wieder Gespenster, wo gar keine sind. Trotzdem würde sie im Laufe des Tages noch einmal vorbeischauen.
    »Und wen hast du als Nächstes auf deiner Liste?«, fragte Hellmer.
    »Kaufmann, Ronneburgstraße. Ich hoffe, du weißt, wo das ist.«
    Hellmer warf Durant nur einen mitleidigen Blick zu, sie sprachen kein Wort, während sie nach unten fuhren. Sie hatten die Seitenfenster geöffnet, jeder hing seinen Gedanken nach. Hellmer steuerte zielsicher auf das Haus zu und stellte den Wagen im Schatten ab.
    »Auch nicht schlecht«, sagte Durant anerkennend, als sie auf das Haus blickte. »Ich hätte gar nicht gedacht, dass hier hinten solche Buden stehen. Hoffentlich ist jemand daheim.«
    Das zweistöckige weiße Einfamilienhaus glich eher einem Anwesen, mit einer großen Toreinfahrt und einer Doppelgarage, und irgendwie erinnerte es Durant an die Häuser, von denen es in ähnlicher Bauweise viele in Südfrankreich gab. Große Fenster, ein die gesamte Vorderfront einnehmender Balkon, der Weg zum Eingang mit Granitplatten gepflastert. Fensterläden statt Rollläden, rote Dachziegel. Fehlte nur noch das Meer, das im Hintergrund rauschte, und dieser unverwechselbar frische, leicht salzige Duft. Neben dem Tor nur ein goldenes, blank poliertes Schild mit den Initialen A. K. Zwei Fenster im Obergeschoss waren geöffnet, was Durant erst beim zweiten Hinsehen bemerkte. Nachdem Hellmer geklingelt hatte, sagte eine klare weibliche Stimme: »Ja, bitte?«
    »Hauptkommissar Hellmer und meine Kollegin Frau Durant. Wir würden gerne mit Herrn oder Frau Kaufmann sprechen.«
    »Moment bitte, ich komme raus.«
    Aus der Tür trat eine schlanke, sehr jugendlich wirkende Frau mit halblangen kastanienbraunen Haaren und warmen, dunklen Augen, die sich mit einer unnachahmlichen Leichtigkeit beinahe schwebend auf die Beamten zubewegte. Sie trug ein blaues T-Shirtauf der nackten Haut und eine kurze Jeans. Sie war braun gebrannt, hatte lange, schlanke Beine und war barfuß. Hellmer schätzte sie auf Anfang bis Mitte dreißig. Er konnte sich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben.
    Er hielt ihr seinen Ausweis hin, worauf sie mit warmer, samtweicher Stimme sagte: »Mir wurde Ihr Besuch bereits von meiner Schwägerin angekündigt. Sie hat zwar nicht gesagt, wann Sie kommen würden … Frau Durant kenne ich ja bereits vom Freitag. Aber treten Sie doch bitte ein, es muss ja nicht gleich jeder in der Nachbarschaft mithören, was wir zu besprechen haben.«
    Sie reichte erst Durant, dann Hellmer die Hand. Sonja Kaufmann war fast so groß wie Hellmer.
    »Sie sind Frau Kaufmann?« Die Frage klang mehr wie eine Feststellung.
    »O Entschuldigung, ja. Sie müssen aber leider mit mir ganz allein vorlieb nehmen, mein Mann ist mit unserem Sohn im Frankfurter Zoo. Ich erwarte die beiden erst heute Nachmittag zurück.«
    Sie drückt sich sehr gewählt aus, bestimmt hat sie eine exzellente Ausbildung genossen, dachte Julia Durant, während sie Sonja Kaufmann ins Haus folgten. Von innen wirkte das Haus noch imposanter als schon von außen. Eine große Eingangshalle, eine halbkreisförmige Treppe, die sich in den ersten Stock wand, mit hellem Stein verkleidete Wände, Marmorfußboden, dezent platzierte Grünpflanzen verliehen bereits diesem ersten Teil des Hauses eine gemütliche, wohnliche Atmosphäre. Sie wurden ins Wohnzimmer geführt, einem ebenfalls großzügig geschnittenen, hellen Raum mit einer beigefarbenen Ledergarnitur

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