Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
Bildschirm. Als wir dann mit dem Fotosatz kamen, gaben wir ihr das Gefühl, sie sei eine ganz wichtige Zeugin, und sie hat sich die Fotos angeschaut, und wie selbstverständlich hat sie dann …«
»Ja - sie sieht ein bekanntes Gesicht und sagt, das sei der Mann gewesen«, erklärte Lucas. »Das heißt aber nicht, dass sie überhaupt niemanden auf der Straße gesehen hat.«
»Sie hat aber nicht Pope gesehen. Sie hat Popes Gesicht im Kopf abgespeichert, und es kam kein anderes für sie in Frage.«
»Wir waren zu schnell damit, ihr den Fotosatz vorzulegen«, sagte Lucas. »Wir hätten uns erst einmal eine Beschreibung von dem Mann geben lassen sollen, den sie da angeblich gesehen hat. Wir haben es verbockt.«
»Die Sache mit dem weißen Oldsmobile ist jetzt genauso fragwürdig«, sagte Sloan. »Mir kam das von Anfang an irgendwie komisch vor. Vielleicht hatte sie gerade einen alten Gangsterfilm mit einem Olds gesehen … Egal: Pope ist tot. Was müssen wir daraus folgern?«
»Erstens, wenn auch nicht am wichtigsten - wir müssen unsere Ärsche schützen«, sagte Lucas. Er erklärte Sloan die Zweiter-Mann-Theorie. »Weißt du inzwischen, wer bei euch der Informant von Ignace ist?«
»Ich habe da so eine Idee.«
»Hol deine Leute zusammen, lass die Zweiter-Mann-Theorie durchsickern, vor allem mit Blick auf diesen Informanten. Es wäre prima, wenn sie morgen schon in der Zeitung verkündet würde. Dann - und das ist das Wichtigste - müssen wir den Verbrecher aufspüren. Wir müssen einen Plan entwickeln. Wir haben einige Informationen, brauchen aber mehr.«
»Sollten wir nicht nochmal nach St. John’s fahren? Versuchen,
diese drei Arschlöcher unter Druck zu setzen und vielleicht doch noch was aus ihnen rauszuholen?«
»Das habe ich mir auch schon überlegt. Dort hat alles angefangen. Wir fahren morgen früh hin. Ich muss jetzt erst mal etwas schlafen. Ich habe drei Leute damit beauftragt, nach Mike West zu suchen. Ich hätte diesen Kerl wirklich gerne in den Fingern.«
»Okay, ich setze auch ein paar meiner Leute darauf an. Del soll mich anrufen.«
»Sehr gut, danke. Ich bin ab jetzt zu Hause. Ruf mich an, falls irgendwas passiert. Ich verständige gleich noch St. John’s, dass wir morgen dort auftauchen. Kommst du morgen früh um, sagen wir, sieben zu mir?«
»Okay, wir sehen uns dann.«
SECHZEHN
L ucas versuchte zu schlafen, aber er war zu aufgewühlt. Er sah sich die CNN-Nachrichten an, machte dann einen Spaziergang, um sich zu entspannen. Holte sich ein Sandwich, ging wieder nach Hause. Überflog noch einmal die Akte des Falls, las die neuesten Informationen des Koordinierungsbüros. Nichts Wichtiges.
Machte Anrufe: keine Bewegung in der Sache, bis auf die Verbreitung der Zweiter-Mann-Theorie.
»Unsere Andeutungen sind auf ernsthaftes Interesse gestoßen«, sagte Rose Marie bei einem Telefongespräch am späten Nachmittag. »Man bringt’s in den Nachrichten heute Abend. Wir sind dabei, auch die überregionalen Medien einzuschalten.«
»Das ist immer hilfreich«, sagte Lucas.
Um sieben Uhr abends schlief er dann doch noch ein, aber nur, um gegen Mitternacht wieder aufzuwachen, schweißgebadet, desorientiert, beunruhigt über die plötzliche Stille und das regelmäßige Piepsen in diese Stille hinein; es klang wie das Warnsignal eines Lastwagens. Sein Gesicht tat weh, aber es war nur ein dumpfer Schmerz: Die Beunruhigung musste andere Gründe haben …
Und dann : bummbumm/knisterknister/blitzblitz … Ein Gewitter. Aber was noch? Da war noch etwas anderes. Er setzte sich auf, sah auf die Uhr auf dem Nachttisch. Kein Zifferblatt zu erkennen. Er stieg aus dem Bett, horchte, drückte auf den Lichtschalter. Kein Licht. Er blickte aus dem Fenster, und der Anruf des Killers ging ihm durch den Kopf. Er
spürte, dass sich seine Nackenhaare aufstellten. Der Verbrecher wusste, wo er Lucas finden konnte …
Kein Licht der Straßenlampen draußen. Er holte seine Pistole, trottete ins Wohnzimmer, bewegte sich sicher im Dunkeln durch das Haus. Er hatte es eingerichtet, kannte sich bestens aus. In der Küche schaute er durch die Fenster nach draußen. Kein Licht von Straßenlaternen.
Stromausfall. Das Piepsen ging weiter. Er marschierte ins Arbeitszimmer, kroch unter den Schreibtisch, schaltete die Batterien des Notstromaggregates ab, und das Piepsen hörte auf. Er drückte auf den Lichtschalter in der Küche; keine Reaktion, aber er würde so erkennen, wenn der Strom wieder da war. Er ging ins Wohnzimmer,
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