Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
jemand, der nicht leicht in Routine und Klischees verfällt.«
»Ist er gut?«
»O ja, er ist gut«, antwortete Cale. »Er ist ausgesprochen feinfühlig im Umgang mit Patienten, vor allem mit den verlorenen Seelen. Verstehen Sie, mit den Stillen, den Hilflosen - wie zum Beispiel Mike West. Und ich muss sagen, er kam mit besten Referenzen zu uns.«
»Es muss kein Therapeut sein«, sagte Lucas. »Es kann jeder sein, der intensivere Kontakte zu den ›Großen Drei‹ hat.«
»Da kommen viele Leute in Frage«, erwiderte Cale. »Zumindest vor dem Wegschließen in die Isolationszellen. Mehrere Dutzend. Dazu kommen noch Leute von außerhalb. Wir haben Kontrakte mit medizinischen Diensten zur Betreuung der Insassen. So hat Biggie zum Beispiel gesundheitliche Probleme. Er steht an der Grenze zum Diabetiker, er hat Kreislaufprobleme, und sein PSA-Wert ist miserabel. Er muss in den nächsten paar Jahren mit dem Verlust der Prostata rechnen.«
»Wir brauchen eine Liste dieser von außerhalb kommenden Ärzte«, sagte Lucas. »Aber zunächst einmal möchten wir uns die Bänder ansehen.«
»Okay. Ich rufe beim Sicherheitsdienst an. Man bringt Sie dann in den Videoüberwachungsraum und führt Ihnen die Bänder vor.«
»Wir würden das gerne möglichst unauffällig machen«,
sagte Lucas, »aber wir brauchen jemanden, der die Leute identifiezieren kann, die mit den ›Großen Drei‹ zu tun hatten.«
»Ich hole Leon Jansen für Sie her. Er ist einer unserer Sicherheitsleute, er kennt jeden, und er ist zuverlässig und kann den Mund halten.«
»Und er hat keinen Zugang zu Biggie und den anderen.«
»Nein. Jedenfalls nicht mehr, seit sie in Isolationshaft sitzen.«
Cale zitierte Jansen über einen Funk-Pager zu sich. Der Sicherheitsbeamte traf zwei Minuten später ein, ein großer Schwarzer mit hartem Gesicht und Bürstenhaarschnitt. Er trug einen grünen Halbmond an einer Kette um den Hals, ein Muslimsymbol, wie Lucas erkannte. Cale stellte Lucas und Sloan vor und erläuterte das Vorhaben. Jansen sagte: »Sehr ungewöhnlich. Na ja. Kommen Sie mit.«
»Ich wollte, ich könnte Ihnen viel Glück wünschen«, sagte Cale, als sie zur Tür gingen.
Lucas und Sloan folgten Jansen durch die Klinik zum Sicherheitstrakt. »Sind Sie vertraut mit der Struktur unserer Sicherheitsmaßnahmen?«, fragte Jansen. Er sprach sehr formal, fast akademisch.
»Wir sind schon mal durch die Schleuse gegangen …«
»Die Kabine - wir nennen sie ›Käfig‹ - ist rundum mit Panzerglas gesichert. Von außen muss man eine verschlossene Panzerglastür passieren, um vor den Käfig zu kommen. Die Tür schließt sich hinter einem, und dann geht man durch den Metalldetektor …«
»Wir haben das alles schon mal gemacht …«, sagte Sloan.
Jansen ignorierte den Einwurf und fuhr fort: »Wenn man den Detektor hinter sich hat, öffnet der zuständige Sicherheitsbeamte
im Käfig per Knopfdruck die innere Panzerglastür, und man kann weitergehen. Entscheidend ist, dass beide Türen nicht gleichzeitig geöffnet werden können. Eine elektronische Sperre verhindert das. Die Leute im Käfig sind vollständig abgekapselt von der Außenwelt. Sind sie einmal im Käfig, müsste man hoch dosierte Sprengladungen einsetzen, um sie wieder dort rauszukriegen. Der Einsatz von Gas oder Handfeuerwaffen würde nichts bringen.«
»Und im Käfig überwacht man die Aufzeichnung der Videokameras in den Zellen?«, fragte Lucas.
»Ja.«
»Können die Leute im Käfig über die interne Sprechanlage mit den Insassen in Kontakt treten?«
»Ja, sicher«, antwortete Jansen. »Und das geschieht auch regelmäßig. Alles wird natürlich aufgezeichnet.«
»Könnte jemand die Aufzeichnung unterbrechen?«
»Man könnte das, aber man würde es an der stets mitlaufenden Zeitaufzeichnung entdecken, und der Rekorder hält fest, wenn das Band unterbrochen wurde. Darüber hinaus ist es so: Der Käfig hat ungefähr die Größe von zwei Schlafzimmern, und es halten sich stets mindestens drei Leute darin auf; keiner von ihnen kann mit jemandem außerhalb des Käfigs sprechen, ohne dass die anderen das mithören.« Er legte nachdenklich einen Finger an die Nasenseite und fuhr dann fort: »Wenn man allerdings die Schwächen der menschlichen Natur in Betracht zieht … Der Aufzeichnungsraum liegt im hinteren Teil des Käfigs und ist durch eine Tür vom Hauptraum getrennt. Wenn nun jemand eine entsprechende Ausrede findet und die Tür hinter sich schließt, könnte er mit einem Insassen unbemerkt
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