Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
Duschkopf, aus dem ein wahrer Sturzbach auf ihn niederprasselte.
»Meine Mutter sagte immer, die beste Sache in Amerika sei eine Küche mit Elektroherd und Spülbecken, in der alles funktionierte; ich dachte immer, es sei die Dusche. Und die Toilette mit Wasserspülung natürlich.«
Er führte sie in die Dusche und sagte: »Als Erstes seifen wir deine Beine ein. Oh, wir brauchen eine gute Rasierseife.«
Er hatte sie mitgebracht. Er rührte den Seifenschaum mit einem Rasierpinsel in einem altmodischen Becher an und strich ihn dann mit dem Pinsel auf ihre Beine; echt auf Touren aber brachte sie das Rasiermesser.
Er hatte ein antik aussehendes, mit Leder überzogenes Holzkästchen mitgebracht, aus dem er ein altmodisches Rasiermesser mit Perlmuttgriff hervorholte. »Aus meiner Heimat«, sagte er. »Mein Vater hat’s mir gegeben, als ich in das Alter kam, mich rasieren zu müssen.«
Das heiße Wasser tröpfelte über ihren Unterleib und die Beine, und Mihovil seifte die Beine weiter mit dem Pinsel ein - die Pinselstriche vermittelten ein tolles Gefühl, und Millie meinte, ohne sie nicht mehr leben zu können -, und dann begann Mihovil, sorgsam von unten nach oben die Beine zu rasieren, kniete sich dazu auf die verdreckten alten Fliesen, und seine Hände waren so sanft, und die scharfe Klinge fuhr ganz weich durch die stachligen Beinhaare …
Wie den meisten gut gebauten Studentinnen gefiel es Millie, sich im Bikini in der Sommersonne zu aalen. Ein Bikini erforderte jedoch die Entfernung des Schamhaars links und rechts der Scheide. Das Problem dabei war, dass man durch
das Rasieren oft hässliche rote Pickel von eingewachsenen Haaren bekam. Millie hatte sich daher nie vorgenommen, das ganze Schamhaar abzurasieren, da sie befürchtete, sie könnte sich dann in einen einzigen gigantischen entzündeten roten Pickel verwandeln.
Aber Mihovil hörte beim Rasieren an dieser Stelle nicht auf, machte einfach weiter. Und der Pinsel und das Messer fühlten sich so unglaublich toll an …
Mihovil spürte, wie sie zitterte, als er mit dem Pinsel und dem Messer spielte, mit dem Pinsel und dem Messer, dem Pinsel und dem Messer …
Millie fing an zu wimmern, und sie krallte die Hände in sein langes Jesus-Haar, und dann begann sie zu stöhnen …
ZWANZIG
W eather rief um acht Uhr an. Lucas riss den Telefonhörer hoch und schlug sich damit gegen die verletzte Nase, was heftig schmerzte.
»Wie geht’s dir?«, fragte er. Es tropfte kein Blut aus der Nase, aber er schmeckte es in der Tiefe seiner Kehle.
»Ich bin ein wenig müde«, sagte Weather. In London war es jetzt zwei Uhr nachmittags. »Nachdem ich gestern mit dir gesprochen hatte, wurde ein sechsjähriges Mädchen eingeliefert. Es war bei einem Autounfall verletzt worden. Ich habe bei der Operation assistiert. Wir waren zu dieser Zeit nur noch zwei Ärzte in der Plastischen Chirurgie; ich wollte gerade gehen, als das Mädchen eingeliefert wurde. Die Operation dauerte dann bis Mitternacht, und heute Morgen ging’s um sieben weiter.«
»Habt ihr’s hingekriegt?«
»Ja. Sah schlimm aus, aber bei Kindern heilt so was gut, sofern man sie schnell genug unterm Messer hat.«
»Das Gesicht?«
»Ja. Sie saß auf dem Beifahrersitz in einem dieser Kleinwagen, die es hier gibt.«
Das Mädchen war angeschnallt gewesen und hatte mit einem Spielzeug-Laptop aus Plastik gespielt, wie Weather berichtete. Das Auto, in dem es saß, war von hinten gerammt und in einen vorausfahrenden Wagen geschleudert worden. Die Airbags hatten gezündet und den Laptop ins Gesicht des Mädchens gefetzt. »Das Plastikgehäuse zerbarst und verursachte rund fünfzehn Schnitte im Gesicht des Kindes, drei
davon schlimm, über die ganze rechte Wange bis hoch zur Schläfe.«
»Oh Mann.« Lucas konnte es sich gut vorstellen; er hatte als Straßen-Cop bei der Polizei von Minneapolis viele solcher Unfälle erlebt.
»Die Schnitte werden noch einige Zeit sichtbar sein«, sagte Weather. »Aber in ein paar Jahren muss man schon von dem Unfall wissen, um die Narben überhaupt noch zu erkennen.«
»Und du hast nur assistiert …«
»Nun, technisch gesehen ja. Ich habe hier keine Lizenz als Leitende Chirurgin, also musste Jerome das übernehmen - aber bei schwierigen Dingen trat er zurück und ließ mich ran.«
»Kluger Junge.«
»Ja, das ist er«, sagte Weather. »Und er sieht toll aus, echt toll. Habe ich das schon mal erwähnt? Er ist wie ein Rock’n’-Roll-Chirurg, verstehst du, was ich meine?
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