Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
splitterten, Möbel und Geräte krachten zu Boden, und Mihovil war jetzt selbst zum wutschäumenden Löwen geworden. Und dann brach der Fremde den Kampf plötzlich ab, rannte weg, Mihovil hinter ihm her, aber er rutschte in einer Blutlache auf dem Linoleumboden der Küche aus und fiel hin. Der Fremde verschwand durch die Wohnungstür. Millie nahm ein Handtuch, lief zu Mihovil und schrie: »Bleib liegen, bleib liegen, du blutest, du blutest!«
Mihovil sah zu ihr hoch und fragte keuchend: »Wer zum Teufel war das?« Er nahm ihr das Handtuch ab, drückte es gegen seine Schulter und sagte: »Die Notrufnummer - er hat mir eine Arterie aufgeschlitzt.«
Millie schnappte sich das Telefon von der Küchentheke, gab 9-1-1 ein und schrie ihren Notruf in den Hörer. Sie waren nicht weit vom Krankenhaus entfernt; noch während sie sprach, war draußen das Aufheulen einer Sirene zu hören …
Grant rannte die Treppe hinunter, zum Parkplatz, sprang in seinen Wagen. Dumm, verdammt dumm. Millies Liebhaber war kein harmloser Collegejunge …
Nein, Millies Liebhaber hatte Augen, wie er sie am Strand von Venice öfter gesehen hatte, Killeraugen, die ihn während des Kampfes wie die eines Irren angeblitzt hatten. Der Kerl hätte ihn trotz des Rasiermessers in Stücke gerissen, wenn er nicht weggerannt wäre.
Grant hörte Sirenen, als er vom Parkplatz fuhr.
Nach Hause, dachte er . Jetzt gehe ich endlich nach Hause.
FÜNFUNDZWANZIG
L ucas fuhr gerne schnell und hatte deshalb schon oft Ärger mit der Verkehrspolizei bekommen; er gab auch im Truck Vollgas, und der Motor des Lexus röhrte gequält auf, als sie Grants Adresse ansteuerten. Das Navigationssystem führte sie sicher zum Appartementkomplex. Die dicken Reifen quietschen in Kurven und beim Abbiegen, und das Warnsignal des elektronischen Stabilisierungsprogramms jaulte protestierend. Jenkins und Shrake folgten dichtauf, während sie durch eine Allee auf das Appartementgebäude zurasten.
Hinter einer Reihe von Fliederbüschen ging es nach einer Kurve auf einen Parkplatz, an einem Swimmingpool hinter einem Gitterzaun vorbei, und Sloan rief: »Da drüben!«, und Lucas sah hin und entdeckte die Gruppe erwartungsvoller Zuschauer vor dem Eingang eines Gebäudeblocks - es gab immer erwartungsvolle Neugierige, wenn sich etwas Ungewöhnliches ereignete.
Lucas steuerte die Gruppe an. Hinter sich hörte er das Sirenengeheul heranrasender Streifenwagen. Er machte eine Vollbremsung, sprang aus dem Truck, schrie Jenkins und Shrake zu: »Einer bleibt hier und wartet auf die Cops!« Dann lief er zum Eingang des Gebäudetrakts, dicht gefolgt von Sloan.
Eine schwergewichtige Frau mit blondem Kraushaar, einem roten Schal und angstvoll aufgerissenen Augen rief ihnen entgegen: »Ein Irrer hat im ersten Stock einen Mann mit einem Rasiermesser verletzt!«
»Wo ist das Treppenhaus?«
Sie deutete nach hinten, und Lucas sagte: »Zeigen Sie’s uns, führen Sie uns hin … Ist der Mann noch hier?«
Sie hasteten durch die Eingangshalle, und die Frau sagte über die Schulter: »Ja. Er ist schwer verletzt, überall ist Blut.«
Sie kamen zur Treppe, und der dicke Hintern der Frau schwang beim Hochsteigen vor Lucas’ Gesicht hin und her. »Er ist verletzt?«, fragte Sloan. Shrake hatte zu ihnen aufgeschlossen. »Der Irre?«
»Nein, nicht der Irre, der ist weggerannt. Der andere Mann …«
Lucas knurrte: »Scheiße …«
Dann waren sie im ersten Stock, liefen den Flur hinunter, auf eine weitere Gruppe Neugieriger zu, und Lucas rief: »Polizei, machen Sie Platz!«
Die Gruppe trat auseinander, und Lucas stürmte in die Wohnung, stieß auf eine Frau in Unterhose und T-Shirt, die über einem Mann kauerte, der seinerseits nichts als eine Jeans anhatte. Der Mann war bei Bewusstsein und sprach mit der Frau. Lucas kniete sich neben ihn und fragte die Frau: »Was ist passiert? Wie schlimm ist die Verletzung?«
Der Mann antwortete für sie, in gutem Englisch, aber mit Akzent: »Ein Verrückter. Wir haben ihn nie vorher gesehen. Er hat mir mit einem Rasiermesser, so einem aufklappbaren alten Ding, diesen Schnitt an der Schulter beigebracht, dann ist er weggerannt. Die Schulterarterie ist durchtrennt, aber wenn man mich bald ins Krankenhaus bringt, kommt das wieder in Ordnung. Man muss die Arterie kauterisieren. Im Moment drücken wir sie ab.«
»Er ist Arzt«, erklärte die junge Frau, und Lucas nickte.
»Der Krankenwagen ist unterwegs«, sagte Shrake. Er hatte das Handy am Ohr und sprach mit der
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