Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
ihrer Höhe, und Nordwall schob sich durch die Beifahrertür ins Freie. Der Kies des Zufahrtweges knirschte unter ihren Schritten, als sie aufeinander zugingen.
»Was gibt’s?«, fragte Lucas.
»Wir haben zwanzig Minuten gebraucht, um das Ding zu finden«, sagte der Sheriff, zog seine Uniformhose hoch und blickte dabei über die Schulter auf das Bohnenfeld. »Sehen Sie das rote Absperrband da drüben? Dort lag das Ding … Genau an der Stelle, die Pope angegeben hat. Und es ist genau das, was Pope gesagt hat - ein Aluminiumbaseballschläger.«
»Sie haben ihn geborgen?«
»Ja. Unsere Spurensicherer haben alles überprüft und Fotos gemacht, der Schläger ist bereits unterwegs zu Ihrem Labor. Am Ende kleben ein paar Haare; sie stammen wahrscheinlich von dem Jungen, aber das muss noch bestätigt werden. Wir wollen nicht, dass irgendein Klugscheißer sagt, die ganze Sache mit dem Anruf wär in Wahrheit ein Scherz, den sich jemand mit uns erlaubt hat.«
»Die Sache hat nie wie ein Scherz geklungen«, erwiderte Lucas. Sie schauten beide hinüber zu dem Feld, wo das Absperrband über den Bohnenpflanzen im Wind schaukelte und Nordwalls Deputys durch die Reihen stapften. Dann fragte Lucas: »Kommen Sie nach Rochester?«
»Ja - aber ich habe ja noch ein paar Stunden Zeit. Zunächst muss ich noch mal nach Hause. Ich hatte noch kein Frühstück.« Ein Mann, der offensichtlich kaum einmal eine Mahlzeit ausließ …
»Haben Sie den Artikel in der Zeitung gelesen?«
»Ja. Pope jagt mir wirklich Angst ein. Ich habe meinen Jungs gesagt, sie sollen zuerst schießen und dann Fragen stellen.«
»Wir sehen uns in Rochester.«
Sie fuhren über Landstraßen nach Rochester, brauchten dafür eine Stunde. Als sie einen lang gezogenen Hügel hinunterrollten, tauchten in der Ferne die Türme der Mayo-Klinik
auf. Sloan zog die Nase hoch und sagte: »Schau dir diese verdammten Golfplätze an. Klar, bei einer Stadt voller Ärzte …«
»Du Neidhammel.«
»Nehmen den besten Maisfeldern den Platz weg«, knurrte Sloan. »Na ja … Was hast du vor? Wir haben noch Zeit.«
»Lass uns doch einen Blick auf dieses Münztelefon werfen. Vielleicht ergibt sich dabei was.«
»Was zum Beispiel?«
»Eine Überwachungskamera?«
»Quatsch«, sagte Sloan. »Reine Zeitverschwendung.«
»Hey, so abwegig ist das doch gar nicht.«
»Und Schneewittchen kommt zu mir ins Hause und küsst meine Nase«, brummte Sloan. Seine Stimme klang nasal, verstopft.
»Okay, dann setzen wir uns halt mit ein paar Cops zusammen und trinken Kaffee und reden über Pensionsgelder.«
Sloan seufzte, zog ein Kleenex aus der Schachtel und schneuzte sich kräftig. Lucas zuckte zusammen. »Okay«, sagte Sloan. »Wir schauen uns das Telefon an. Und es ist nicht nett von dir, dass du mir den Eindruck vermittelst, als wolltest du aus dem Seitenfenster springen.«
Rochester wurde ökonomisch und sozial von der Mayo-Klinik dominiert. Aber an der Südseite des Klinikbezirk gab es noch Überreste des alten Stadtzentrums - Backsteinhäuser mit abblätterndem Anstrich und Betongebäude mit Rissen in den Blocksteinen, halbherzige Versuche der Restaurierung, Straßen, die menschenleer waren, Straßen wie auf einem Gemälde von Edward Hopper.
Das Münztelefon befand sich an der Wand einer Tankstelle, die nicht mehr betrieben wurde - das einzige öffentliche Telefon, das sie bei der Fahrt durch die Stadt gesehen hatten. »Er muss gewusst haben, wo sich das Telefon
befindet«, sagte Lucas. Er fuhr auf die Parkfläche und stellte den Motor ab.
»Vielleicht ein Doc an der Mayo-Klinik«, sagte Sloan. »Die meisten Ärzte haben einen Knacks.« Er hatte das kaum gesagt, als ihm einfiel, dass er mit dem Mann einer Chirurgin sprach. »Ich hoffe, ich habe dich jetzt nicht beleidigt.«
»Nein, hast du nicht«, erwiderte Lucas. »Ich neige dazu, dem zuzustimmen.«
Sie stiegen aus und blickten links und rechts die Straße hinunter. »Zwei vage Möglichkeiten«, sagte Sloan. »Der Lebensmittelladen oder die Buchhandlung. Du darfst wählen.«
»Ich nehme die Buchhandlung«, sagte Lucas.
»Vielleicht haben sie ja dort anspruchsvolle Lyrik für dich«, grinste Sloan. Er sah zu dem Lebensmittelladen hinüber. »Park’s Lebensmittel. Wenn wir Glück haben, ist Park ein Koreaner. Die neigen dazu, ihre Läden bis spät abends geöffnet zu lassen.«
Sloan ging über die nur wenig befahrene Straße, Lucas den Gehweg hinunter zu Krim’s Antiquariat und Raritäten. Der Laden bestand aus
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