Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
oben.«
»Die Frau sagt, sie hätte einen Mann am Telefon gesehen … Wir brauchen deinen Fotosatz.«
»Hat sie sonst noch was gesehen?«
»Sie sagte, er würde einen Oldsmobile fahren«, sagte Lucas. »Einen neuen.«
Sloan hob die Augenbrauen. »Oh, das könnte uns was bringen …«
Sloan holte seine Aktentasche aus dem Wagen, und sie gingen die Treppe hinauf zu Mrs. Birds Wohnung. Lucas sagte: »Komm der alten Lady nicht zu nahe. Wenn du sie ansteckst, könnte das den Tod für sie bedeuten.«
»Verdammt!« Sloan war beleidigt.
»Nein, nein, sollte kein Witz sein …«
Mrs. Bird öffnete ihnen sofort die Tür. Sie wirkte jetzt lebhafter als bei Lucas’ erstem Besuch, ja geradezu aufgeregt.
»Wir brauchen einen Tisch, an den Sie sich setzen und eine Reihe von Fotos - nicht nacheinander, sondern alle auf einmal - ansehen können«, sagte Sloan.
Sie schauten sich um. In der Küche stand ein einzelner Holzstuhl an einem ovalen Tischchen von der Größe einer Pizzapfanne; aus einer kleinen Glasvase ragte eine Papierrose. Lucas und Sloan würden nicht an diesen Tisch passen, und er war zu klein, um die Fotos auszubreiten.
»Darf ich Ihren Tisch vom Fenster vor das Sofa stellen?«, fragte Lucas.
»Natürlich.«
Mrs. Bird nahm in der Mitte des dreisitzigen Sofas Platz. Lucas hob einige alte Reader’s Digest -Exemplare vom Tisch und zog ihn vor das Sofa. Lucas und Sloan setzten sich links und rechts neben Mrs. Bird, und Sloan breitete zehn Farbfotos im Format dreizehn mal neun auf dem Tisch aus. Eines der Fotos zeigte Charlie Pope; auf den anderen neun Fotos
waren Cops abgebildet, die der allgemeinen Beschreibung von Pope entsprachen.
Mrs. Bird betrachtete sich die Fotos einen Moment lang und sagte dann zu Sloan: »Ich habe so was schon mal im Fernsehen gesehen.«
»Es ist sehr wichtig …«
Sie blickte wieder auf die Fotos, streckte dann die Hand aus und legte den Zeigefinger auf Charlie Popes Gesicht. »Das ist der Mann, glaube ich.«
Sie saßen ein paar Sekunden da und starrten auf die Fotos, dann sagte Sloan zu Lucas: »Wir müssen baldmöglichst mit einer schriftlichen Erklärung zu Mrs. Bird zurückkommen.« Unausgesprochen: Die alte Lady könnte in den nächsten Stunden das Zeitliche segnen …
»Jemand in Rochester kann das Schriftstück aufsetzen, und wir fahren damit nach der Besprechung hierher zurück.«
Sie erklärten Mrs. Bird die Prozedur. Sie nickte und sagte: »Ich warte auf Sie. Ich wollte sowieso gerade fernsehen.« Dann inszenierte sie ein kleines, dramatisches mädchenhaftes Frösteln: »Sie glauben doch nicht, dass ich in Gefahr bin, oder?«
Lucas dachte: Nein, solange Sie Sloan nicht die Hand geben. Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, Mrs. Bird.«
ZWÖLF
R ochester war eine Stadt von angenehmer Größe, erbaut um eine Kolonie von Ärzten und wohlhabenden Patienten, und sie hatte vermutlich das höchste Pro-Kopf-Einkommen von allen größeren Städten im Staat Minnesota. Der Reichtum zeigte sich unter anderem im Verwaltungszentrum, einem modernen Gebäude aus rotem Backstein, Beton und Glas, gelegen am Zumbro-River, nur wenige Blocks von der Mayo-Klinik entfernt.
Neunundzwanzig Sheriffs und Polizeichefs oder ihre Stellvertreter, dazu ein halbes Dutzend Cops von der Highway-Patrol, Jagdaufseher und Bewährungshelfer waren im Großen Saal des Verwaltungszentrums versammelt, in dem ansonsten die Sitzungen des Stadtrats und des County-Rats stattfanden. Von den insgesamt fünfunddreißig Personen waren dreißig Männer im mittleren Alter, die meisten grauhaarig und ein wenig zu dick. Die restlichen fünf waren Frauen, alle sorgfältig frisiert und gekleidet.
Lucas hatte mit dem Chief der Stadtpolizei über Mrs. Bird gesprochen; er würde für eine formelle schriftliche Aussage der alten Lady sorgen. Dann war es so weit - Lucas spulte sein Platte ab: »Wir wissen, dass Pope sich irgendwo hier in der Gegend aufhält. Sie haben alle heute Morgen die Star - Tribune gelesen - er wird weitere Morde begehen. Wahrscheinlich hat er sein nächstes Opfer bereits im Visier. Vermutlich eine Frau, vielleicht aber auch einen Mann. Wir fahnden auch nach einem Mann aus St. John’s, sein Name ist Mike West. Wir versuchen jedoch, das unter der Decke zu halten …«
Die Cops hatten Fragen, und Lucas stand Rede und Antwort: »Wir haben keine Ahnung, was er zur Zeit treibt oder wo er sich versteckt hält. Seit einem Monat wird wegen Verletzung der Bewährungsauflagen nach ihm
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