Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Titel: Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Telefon an der Tankstelle gegenüber benutzt hat. Eine Überwachungskamera könnte ihn erfasst haben. Vielleicht war er ja auch bei Ihnen im Laden.«
    Der Ladenbesitzer schnippte mit den Fingern, richtete dann den Zeigefinger auf Lucas. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen! Sie suchen nach dem Killer, nicht wahr? Diesem Irren aus Owatonna?«
    Lucas nickte. »Ja.«
    Der Mann starrte zum Fenster hinüber, als fürchtete er, Pope würde jeden Moment durch die Scheibe springen. »Sie glauben, er hat von da drüben einen Anruf gemacht?«
    »Ja, davon gehen wir aus. Gestern Abend etwa um elf Uhr.«
    Der Ladenbesitzer kniff die Augen zusammen. »Ich war zu dieser Zeit nicht mehr hier. War längst zu Hause. Aber - haben Sie schon mit Mrs. Bird von oben gesprochen?«
    »Mrs. Bird?«
    »Sie sitzt da oben und guckt Tag und Nacht aus dem Fenster«, erklärte der Mann. »Sie sagt, sie wartet auf den Tod. Wenn sie vergangene Nacht nicht tatsächlich gestorben ist, könnte sie was gesehen haben.«
    Lucas nickte: »Danke. Ich werde sie fragen.« Er ging zur Tür, sah noch einmal zu dem dünnen Mann mit seinem Einbrecher -Buch zurück: »Raffiniert? Anspruchsvoll?«
    Der dünne Mann nickte. »Ja. Europäisch.«

     
    Mrs. Bird war zu alt, um einfach nur dünn auszusehen. Sie sah verfallen aus. Sie sah aus, als ob sie jede Minute sterben könnte. Lucas schätzte ihr Alter auf fünfundneunzig. Sie blickte ihm über die Sicherheitskette an ihrer Wohnungstür hinweg entgegen; blassblaue, neugierige Augen oberhalb leicht geröteter Wangen. Als Lucas seinen Ausweis gezeigt hatte, öffnete sie die Tür.
    »Ich glaube nicht, dass ich je in meinem Leben mit einem Polizisten gesprochen habe …« Sie war klein, hatte schmale Schultern unter einem Polyesterhausmantel, dessen Gestaltung einem Quilt nachempfunden war, mit Pfauen und Kakadus auf den Quiltkarrees, dazu kurzes Kräuselhaar wie das eines Pudels, aber silberweiß, und sie sah Lucas durch eine Katzenaugenbrille an, die wohl kurzzeitig in den 1950er Jahren einmal in Mode gewesen war. Ein Fernseher dröhnte im Hintergrund, ein Verkaufssender, der Rolex-Uhren anbot.
    Aber sie hatte gestern Abend einen Mann am Telefon auf der anderen Straßenseite gesehen. »Ja, daran kann ich mich erinnern. Ein Mann in einem weißen Hemd. Das Telefon wird nicht oft benutzt.«
    »Können Sie sich erinnern, wie er aussah?«, fragte Lucas. Er lehnte sich an die Innenseite der Wohnungstür. Die Wohnung bestand anscheinend aus drei Räumen, dem Wohnzimmer zur Straßenseite hin, einem Schlafzimmer und einer kleinen Küche. Eine halb geöffnete Tür im Schlafzimmer schien zu einem Bad zu führen. Es roch intensiv nach einem Deodorant.
    Sie runzelte die Stirn, war sich nicht sicher. »Nun, ich weiß nicht … Er war nur zwei oder drei Minuten da unten.«
    »Darf ich mal aus dem Fenster schauen?«
    »Ja, bitte«, sagte sie. Er durchquerte das Zimmer mit drei Schritten und blickte durch das Fenster nach unten. Das Telefon befand sich direkt auf der gegenüberliegenden
Straßenseite, nur rund fünf Meter von einer Straßenlampe entfernt.
    »Haben Sie gestern Abend mehr als nur einen Mann am Telefon gesehen?«, fragte Lucas.
    »Nein, nicht gestern Abend«, antwortete sie.
    »Haben Sie einen Wagen gesehen?«
    Sie runzelte erneut die Stirn. »Ja, hab ich. Er ist aus einem Wagen gestiegen, den hatte er da drüben geparkt hatte.« Sie deutete mit einem knochigen Finger ein Stück weit die Straße hinunter. »Ein weißer Oldsmobile.«
    »Ein Oldsmobile …«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Neu oder alt?«
    »Neu, glaube ich.«
    »Aber Sie sind sich nicht sicher …«
    »Ich habe ferngesehen. Ich mach ja nichts mehr außer fernsehen und aus dem Fenster gucken, bis auf montags und donnerstags, da kommt die Lady vom Sozialamt und begleitet mich zum Einkaufen. Dem Mann am Telefon habe ich keine große Beachtung geschenkt …«
    »Okay … Würden Sie versuchen, den Mann zu erkennen, wenn wir Ihnen ein paar Fotos zeigen? Oder den Wagen?«
    Sie lächelte; sie hatte unwahrscheinlich kleine und perlmuttartige Zähne. »Ich kann’s natürlich mal versuchen, aber ich bin ziemlich alt.«
    »Mrs. Bird, ich komme in ein paar Minuten mit den Fotos wieder zurück, okay?«, sagte Lucas. »Warten Sie ein paar Minuten auf mich.«
    »Ich bin noch da, wenn Sie zurückkommen. Hoffe ich jedenfalls.«
     
    Als Lucas zurück auf die Straße kam, trat Sloan gerade aus dem Buchladen und schneuzte sich in ein Kleenex. »Man hat mir gesagt, du wärst

Weitere Kostenlose Bücher