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Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman

Titel: Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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»Was wollen Sie?«
    Lucas fühlte sich wie ein Kleiderbürstenvertreter, setzte jedoch seine offizielle Cop-Stimme ein: »Mrs. Marcia Pope?«
    »Ja?«
    »Ich bin Lucas Davenport vom Staatskriminalamt.« Er hielt seinen Ausweis mit der linken Hand vor den Türspalt. »Wir suchen nach Ihrem Sohn Charlie. Ist er hier?«

    »Nein, das ist er nicht. Ich habe ihn seit mehr als einem Monat nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, wo er ist. Ich habe das schon der Polizei in Austin gesagt.«
    Lucas sah nur ein Auge der Frau, einen Strang eisgrauen Haares und die Spitze einer kleinen Nase. »Ich muss mit Ihnen sprechen. Öffnen Sie die Tür.«
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl für das Haus?« Die Tür wurde fünf weitere Zentimeter aufgezogen.
    »Nein, aber den kann ich mir schnell besorgen. Und dann komme ich mit ein paar Cops im Streifenwagen zurück, und wir legen Ihnen Handschellen an und bringen Sie zur Vernehmung in die Polizeizentrale. Ihre Nachbarn werden ihre Freude an dem Schauspiel haben.«
    Schweigen, drei Sekunden, fünf Sekunden. Dann: »Sie nehmen mich nicht mit, wenn ich jetzt gleich mit Ihnen rede?«
    »Nein, sofern Sie mich nicht anlügen«, antwortete Lucas. »Charlie ist nicht bei Ihnen im Haus?«
    Die Tür wurde weit genug aufgezogen, dass Lucas die Frau jetzt sehen konnte. Sie war klein, hatte ein ovales Gesicht und trug eine schwarze Hose und eine blaue Bluse. »Ich hab den Jungen seit dem vierten Juli nicht mehr gesehen. Er kam mit dem Bus her, um sich das Feuerwerk anzugucken. Das hat ihm schon immer sehr gefallen.«
    Lucas nickte. »Darf ich reinkommen?«
    »Das Haus ist ein Chaos«, sagte sie widerstrebend. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ordnung zu schaffen.«
    Aber sie trat zurück, und Lucas folgte ihr ins Haus.
     
    Im Wohnzimmer standen ein Fernseher, eine abgewetzte Couch, ein grüner Schaukelstuhl und zwei Beistelltische. Auf allen Möbelstücken waren Zeitungen und Magazine aufgestapelt; noch mehr Papier war entlang der Wände aufgetürmt - Dekaden von Us und People. Es roch nach gebratenem Fleisch und Heinz-57-Sauce.

    Marcia sah sich nach einem Sitzplatz für Lucas um, aber er sagte: »Lassen Sie nur, ich stehe gern …« Er machte einen Schritt zur Küchentür, schaute kurz hinein. Weitere Zeitschriften, aber kein Geräusch, das darauf hindeutet, dass eine weitere Person anwesend sein könnte. So standen sie sich nun gegenüber, und Lucas quetschte sie aus, fragte nach Namen von Charlies Freunden, nach irgendwelchen Möglichkeiten, wo er sich aufhalten könnte.
    »Er muss doch Freunde auf der Highschool gehabt haben …«
    »Er war nicht sehr lange auf der Highschool. Er hatte da einen Freund, aber der ist dann ertrunken.«
    Am Ende war Lucas klar, dass diese Frau ihren Sohn kaum gekannt hatte. Im Alter von zwölf Jahren, sagte sie, fing er an, die Schule zu schwänzen. Sie wusste nicht, wo er die Tage verbrachte; er verließ morgens das Haus und versteckte sich irgendwo. Die Leitung der Schule interessierte sich nur am Ende jedes Sommers für ihn, und sobald er offiziell als Schüler für das nächste Schuljahr registriert und damit der staatliche Zuschuss für ihn gewährleistet war, kümmerte man sich nicht weiter um ihn. Von Anfang an galt Charlie Pope als Geschwür am Hintern der Gesellschaft …
    Einer der Höhepunkte in seinen Teenagerjahren war ein Sturz mit dem Fahrrad, bei dem er mit dem Kopf gegen die Bordsteinkante krachte.
    »Die Ärzte meinten, er würde sterben, aber er hat’s überlebt«, kommentierte seine Mutter. »Sein Gehirn ist beinahe aus dem Ohr gequollen.«
    Irgendwann hörte Charlie Pope mit dem Versteckspiel beim Schulbesuch auf. Er verließ die Schule und nahm einen Job bei McDonald’s an, wurde jedoch bald darauf wieder gefeuert. »Die Leute von McDonald’s sagten, er würde sich nie die Hände waschen, wenn er auf dem Klo war«, erklärte Marcia. Charlie ging zu Burger King, wurde auch
dort bald wieder gefeuert, und dann schlug er sich mit jedem Hilfsarbeiterjob durch, den er kriegen konnte.
    »Sein Vater hat sich vor dreißig Jahren von der Familie abgesetzt«, erzählte Marcia. »Keiner weiß, wo er ist und was er treibt. Er war ein elender Mistkerl, aber das hab ich zuerst nicht erkannt. Ich war noch ein unerfahrenes junges Mädchen.«
    »Gibt es denn wirklich keinen Menschen, mit dem Charlie bei seinem Besuch Anfang Juli geredet hat?«
    Sie blickte einen Moment zur Seite, runzelte die Stirn und sagte dann: »Wissen Sie, da gibt’s diese Brüder

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