Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
gefahndet, bisher ohne Erfolg. Er hat sich irgendwo verkrochen. Wir müssen alles daransetzen, ihn aufzuspüren.«
Er trug die Sache mit dem Oldsmobile vor. Alle notierten sich das. Einer der Männer hob die Hand: »Ein neuer weißer Oldsmobile … Es werden doch keine Oldsmobiles mehr gebaut.«
»Ich weiß.«
»Es müsste doch möglich sein, jeden noch registrierten zu überprüfen«, meinte der Mann.
»Wir machen das«, erwiderte Lucas. »Die Frau, von der diese Information stammt, ist allerdings alt, wirklich sehr alt, und wir müssen die Qualität der Information mit Vorsicht beurteilen.«
»Sie sind nicht sicher, wie er bewaffnet ist?«
»Nein, aber er sagt, er sei es, er sagt, er habe Waffen, und wir glauben ihm«, antwortete Lucas. »Rice war in guter körperlicher Verfassung. Wir glauben nicht, dass Pope ihn mit bloßen Händen überwältigt hat. Der Rechtsmediziner sagt, alle Verletzungen am Körper von Rice seien ihm mit einer Peitsche oder einer Klinge beigebracht worden. Es gibt keine Spuren von Schlägen oder eines Kampfes, bevor er gefesselt wurde. Also war wahrscheinlich eine Waffe auf ihn gerichtet. Falls es dazu kommt, dass sich einer von Ihnen Pope nähert, sollte er besser eine Schutzweste tragen.«
»Verdammt heiß zur Zeit«, knurrte einer der Cops.
»Besser schwitzen als tot sein«, sagte ein anderer.
Wieder eine erhobenen Hand. »Wo könnte er an die Waffen rangekommen sein?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete Lucas. »Vielleicht von dort, wo er den Oldsmobile herhat.«
»Wir wissen mit Sicherheit, dass er gestern Abend in Rochester war?«
»Ja. Drei Blocks von hier.« Lucas deutete aus dem Fenster hinter seinem Rücken. »Genau gegenüber jenseits des Flusses.«
Das Frage- und Antwort-Spiel ging noch eine Weile weiter.
Als sie schließlich fertig waren, kam Sloan zu Lucas und sagte: »Ich fühle mich beschissen, Mann. Bobby Anderson vom Scott County ist hier, er nimmt mich mit nach Hause. Bei deinem Besuch bei Marcia Pope brauchst du mich ja nicht, oder?«
Lucas nickte: »Du siehst tatsächlich nicht gut aus. Und ich glaube sowieso nicht, dass bei dem Gespräch mit Marcia Pope was rauskommt. Die Cops in Austin haben bereits zweimal mit ihr gesprochen.«
Sloan verabschiedete sich, und Lucas fuhr im Truck in Richtung Südwesten nach Austin, das kurz vor der Grenze zu Iowa liegt.
Marcia Pope wohnte in einem mit Schindeln verkleideten Häuschen an einer von Schatten spendenden Bäumen gesäumten Straße am Stadtrand von Austin, in einem Bezirk, in dem vornehmlich die Arbeiter eines Schlachthofs ihre Häuser gebaut hatten. Das Haus war ursprünglich einmal weiß gestrichen gewesen, aber man hatte den Anstrich wohl seit vierzig Jahren nicht mehr erneuert; in den Rillen der Schindeln hatten sich Dreck und Schimmel festgesetzt. Das struppige Gras im Vorgarten schien nur gelegentlich gemäht zu werden, und die Steinplatten des schmalen Weges zur Haustür waren zum Teil zerbrochen und hatten sich an manchen Stellen abgesenkt.
Lucas fuhr auf den Kiesweg, der früher einmal als Zufahrt
gedient hatte, und als er aus dem Truck stieg, sah er, dass die Vorhänge am Fenster neben der Haustür sich bewegten. Bis zu diesem Moment war er nicht auf den Gedanken gekommen, Charlie Pope könnte sich im Haus seiner Mutter aufhalten. War Charlie tatsächlich dumm genug, sich hier zu verkriechen? Und da stand Lucas nun, im Begriff, auf das Haus zuzugehen, ohne Schutzweste, und seine Pistole würde er wohl nicht schnell genug ziehen können, da sie im Holster steckte …
Er überlegte einen Moment, kratzte sich am Kinn, tat so, als ob er etwas vergessen hätte, öffnete die Wagentür, nahm die Pistole aus dem Holster und steckte sie in die rechte Hosentasche. Das Korn am Ende des Laufs war rund abgefeilt, um zu verhindern, dass es am Stoff hängen blieb, und er ließ das Griffstück samt Schlagbolzen und Abzugsbügel aus der Tasche ragen, so dass seine Hand sofort danach greifen konnte.
Was nicht viel nützen würde, dachte er auf dem Weg zur Haustür, falls Charlie mit einer Shotgun und doppelter Schrotladung hinter der Tür auf ihn wartete … Der Vorhang bewegte sich erneut, und Lucas dachte: Warum sollte er warten, bis ich an der Tür bin?
Guter Gedanke … Aber es passierte nichts, und an der Haustür trat er zur Seite und läutete. Einige Sekunden vergingen ohne Reaktion, und er läutete noch einmal; dann wurde die Tür einige Zentimeter aufgezogen, und eine Frauenstimme fragte:
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