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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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solche Pünktlichkeit hätte mich auch zu sehr an meine Kindheit erinnert. Selbstverständlich war es so gewesen, dass sich meine Mutter als Gattin eines Landesrates um den Haushalt kümmern musste. Der Vater brachte das Geld nach Hause und legte dafür Wert auf gute Bedienung. Wann immer er heimkam, sollte das Essen fertig sein, seine Frau fröhlich, entspannt und bereit, ihm zuzuhören. Die meiste Zeit aß er als Politiker ohnehin auswärts mit irgendwelchen Parteifreunden oder Lobbyisten, und das machte es für meine Mutter nicht einfacher, sich ein perfektes Timing anzugewöhnen. Seit er in Pension war, hatte die Arme öfter Gelegenheit, es zu üben.
    Dennoch: Auch wenn Oskar nie so etwas von mir fordern oder auch nur wünschen würde, ich wollte das Essen halbwegs rechtzeitig fertig haben. Denn immerhin hatte ich sechs Gänge geplant, und man braucht auch seine Zeit, sie zu genießen. Ich suchte im überfüllten Küchenschrank nach den extradicken Spaghetti, die im Veneto »bigoli« heißen, und fand zum Glück eine Packung.
    Das Telefon läutete. Ich fluchte, sah mich um, ob Gismo die Gelegenheit benutzen konnte, etwas zu stehlen, entdeckte sie nirgendwo und lief dann ins Vorzimmer.
    »Karin Frastanz, die rote Karin.«
    Ihr hatte ich eigentlich von meinem Termin bei van der Fluh erzählen wollen, aber inzwischen war einiges passiert.
    »Ich hab erst jetzt erfahren, dass Heller erschossen worden ist. Es kam gerade in den Nachrichten. Offenbar hat es keine meiner Kolleginnen der Mühe wert gefunden, mich zu verständigen.«
    »Die meisten waren eben ziemlich aufgeregt.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Kleinlaut sagte ich: »Ich war am Vormittag im Ultrakauf. Zufällig.« Auch ich hatte nicht daran gedacht, sie zu informieren.
    »Jedenfalls muss ich dich dringend sprechen.«
    »Geht es morgen?«
    »Heute.« Das kam mit Bestimmtheit.
    »Ich bin gerade beim Kochen.«
    »Aber ich brauche dich.«
    »Kannst du mir nicht am Telefon sagen, was los ist?«
    »Nein.«
    Mein schönes Abendessen. Ich unternahm noch einen Versuch. »Vielleicht kannst du kurz herkommen?«
    »Ich hab kein Auto, und mit meinem Gipsfuß möchte ich nicht in ein Taxi steigen.«
    »Es ist wirklich so wichtig?«
    »Entscheidend. Wenn auch total verwirrend. Ich muss es dir einfach erzählen, vielleicht kannst du damit etwas anfangen. Wir sollten ungestört sein.«
    Die rote Karin klang durcheinander, so, wie ich sie noch nie erlebt hatte. »Unser Gespräch hat mit dem Mord zu tun?«
    Jetzt wurde sie eindeutig ungeduldig. »Sage ich ja die ganze Zeit, natürlich. Glaubst du, ich belästige dich wegen Kleinigkeiten?«
    Kochen konnte ich immer noch. Später. Oder morgen. Ich wollte ohnehin keine werden, die ihrem Liebsten täglich am Abend pünktlich ein Essen … Eben. Ich schrieb mir Karins Telefonnummer auf und versprach, sie in ein paar Minuten zurückzurufen.
    Nach einem längeren Geplänkel über wichtige Besprechungen und Klienten stellte mich Oskars Sekretärin dann durch. Er wirkte kurz angebunden.
    »Können wir das Essen auf neun, halb zehn verschieben, oder willst du das venetische Menü lieber morgen?«
    »Morgen kann ich nicht.«
    »Dann heute, später? Komm einfach, wenn du fertig bist. Wahrscheinlich bin ich dann ohnehin schon zurück.«
    »Was ist los? Der Mord im Supermarkt?«
    »Erraten. Ich muss noch einmal kurz weg.«
    »Oje.«
    »Dauert nicht lange, ich verspreche es.«
    »Soll ich weiterkochen?«
    »Weißt du, wie man eine venetische Sauce macht?«
    »Ich kann eine andere machen.«
    »Kümmere dich um Gismo, dreh den Fernseher auf, tu sonst irgendetwas. Ich koche.«
    »Zu Befehl. Ich muss jetzt …«
    »Ich auch, ciao, bis dann.«
    »Bis dann, wann immer das ist.«
    Ich lief in die Küche und ertappte Gismo, wie sie auf der Arbeitsplatte saß und gerade die letzte Scheibe Prosciutto hinunterwürgte. Mir einem Schrei stürzte ich in ihre Richtung, sie entkam mit einem eleganten Sprung, raste ins Wohnzimmer und versteckte sich hinter dem Sofa. Sie wusste genau, dass ich sie von dort nur mit großem Aufwand hervorholen konnte. Also schimpfte ich in ihre Richtung, ging dabei zurück in die Küche, drehte den Herd ab, deckte das Thunfischsugo zu und sicherte alles andere, über das sie in meiner Abwesenheit herfallen konnte. Auf einen Zettel schrieb ich: »Hallo Liebster, keine Oliven für Gismo!!! Bis bald, M.«
    Ich hätte in solchen Wohnblocks nie leben können, ein Eingang sah aus wie der andere, in mehreren Reihen standen die

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