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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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ich.
    »Der hat gegen den Schock eine Spritze bekommen, ich glaube, er ist im Büro.«
    »Die Kriminalbeamten sind im Lager?«
    Grete nickte wieder. Ich winkte ihr zu und eilte davon. Die Türen mit den schweren durchsichtigen Plastiklamellen kannte ich ja bereits. Diesmal ging ich deutlich zielstrebiger als noch vor zwei Wochen in die Lagerhalle. Gänge mit metallenen Regalen, die mindestens fünf Meter hoch waren, gefüllt mit Kartons, Kisten, in Plastik eingeschweißten Großpackungen. Diffuses Licht, eine Mischung aus zu schwachen Neonlampen und dem blassen Herbsttageslicht, das vom anderen Ende der Lagerhalle, von dort, wo das Einfahrttor für die Lastwagen war, hereinschien. Betonfußboden, unverputzte Decke. Heute herrschte hier lähmende Stille. Keine Hubstapler, keine Lagerarbeiter. Niemand kam, um mich aufzuhalten. Ich ging eilig durch die drei hohen Regalreihen. Wie in einer schäbigen Kirche, dachte ich. Konsumtempel, die Rückseite. Nach den Regalen war ein freier Platz für Paletten mit Waren. Oft waren mehrere von ihnen übereinander gestapelt. Wenn so etwas umgestoßen wurde … Mir schauderte. Das riesige hydraulische Tor, durch das die LKWs ihre Ladung direkt ins Lager fahren konnten, stand offen. Verglichen mit dem schwachen Neonlicht schien die matte Spätherbstsonne strahlend hell. Bei einem Stapel mit roten Limonadenkisten stand ein Häufchen Menschen.
    Ich ging auf sie zu und wusste nicht, ob ich hoffen oder fürchten sollte, auf Zuckerbrot, meinen alten Bekannten, den Chef der Mordkommission l, zu treffen. Er war seit Jugendtagen mit Droch befreundet, das hatte mir in der Vergangenheit die eine oder andere Extrainformation gebracht. Andererseits hielt Zuckerbrot gar nichts davon, wenn sich Menschen wie ich in seine Fälle einmischten. Für ihn hatte alles korrekt abzulaufen, entsprechend den Regeln, die er zwar nicht gemacht hatte, an die er sich aber hielt. Dass ich mit unkonventionelleren Methoden und Vesnas Hilfe bisweilen mehr Glück gehabt hatte, hinderte ihn nicht, mich möglichst weit vom Geschehen abzudrängen. Nun gut, ich schätze es auch nicht, wenn andere in meinen Texten herumfuhrwerken. Von unseren dienstlichen Unstimmigkeiten einmal abgesehen, war er ein ganz sympathischer Mensch. Was man lange nicht von allen Polizisten sagen kann.
    Einige Beamte des Erkennungsdienstes waren dabei, den grauen Boden Millimeter für Millimeter abzusuchen und Spuren zu nehmen. Was sollte das bringen? Ein paar Fasern, die später einen Verdächtigen überführen würden? Dafür musste man allerdings erst einmal einen Verdächtigen haben. Ich glaubte Kriminalbeamte aus Zuckerbrots Team zu erkennen, ihn selbst sah ich allerdings nicht. Der Filialleiter jedenfalls war nicht in seinem Büro, sondern lief hier händeringend auf und ab. Ich nahm meinen Presseausweis in die Hand und fragte einen schlanken Beamten in schwarzen Hosen und Lederjacke, ob ich Zuckerbrot sprechen könne. Er warf einen misstrauischen Blick auf meinen Ausweis und rief dann den anderen zu. »Na fein, jetzt haben wir die Journaille da!«
    Filialleiter Feinfurter zuckte zusammen, als er mich sah. Das gönnte ich ihm.
    Eine jüngere Frau, die mit den Ermittlungsbeamten auf dem Boden gekniet hatte, erhob sich, wischte ihre Hände an den Jeans ab und kam zu mir herüber.
    »Tut mir Leid, Sie haben hier nichts verloren. Binder, zeig ihr den Weg.«
    Der Mann in der Lederjacke deutete auf den Ausgang.
    »Wo ist Ihr Chef?«, fragte ich. »Das ist doch die Mordkommission l, oder?«
    »Ich bin der Chef«, sagte die Frau und sah mir böse ins Gesicht.
    Demnächst werde ich vierzig. Vielleicht ist es eine Alterserscheinung, dass ich Menschen, die deutlich jünger sind als ich, schlecht als Chefs akzeptieren kann. »Und wo ist Zuckerbrot?«
    »Darüber bin ich Ihnen keine Auskunft schuldig.«
    Einer der Beamten, die ich vom Sehen kannte, mischte sich ein und grinste süffisant. »Zuckerbrot ist im Urlaub, und so lange leitet unsere Kollegin …«
    Sie unterbrach: »Ich leite die Ermittlungen.«
    Sah so aus, als hätte sie es nicht ganz leicht, sich bei ihren männlichen Kollegen Respekt zu verschaffen. Aber deswegen musste sie nicht die Knallharte markieren. Mir gegenüber schon gar nicht. Ich nickte und versuchte ein Lächeln. »Mira Valensky, vom ›Magazin‹, ich hab schon hin und wieder mit Zuckerbrot zu tun gehabt.«
    »Warum wissen Sie, was hier los ist?«
    »Zufall. Ich wollte einkaufen. Mich überrascht eher, warum die Kollegen noch

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