Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
in der Küche zu essen. Immerhin brauche die Zubereitung von Risotto einige Zeit, und er sei heute Abend schon lange genug allein herumgesessen.
Ich holte die beiden Kerzenleuchter, und wir machten es uns in der Küche gemütlich. Als die Nudeln gegessen waren, wusste er in groben Zügen über den Mord und Hellers Attacke auf Karin Bescheid. »Glatter Mordversuch«, konstatierte der Anwalt, »zumindest dolus eventualis. Das heißt, der Täter hat in Kauf genommen, dass sie stirbt.«
»Ich hab auch Jus studiert, nur falls du das vergessen hast.«
»Vergesse ich tatsächlich immer wieder. Nimm es als Kompliment.«
Der Merlot, ein Geheimtipp aus dem Weinviertel, wärmte uns den Magen. Draußen passierten Morde, es wurde Winter, aber hier war alles in Ordnung. Die Kerzen flackerten, selbst Gismo verhielt sich ruhig. Was allerdings nach dreihundert Gramm Prosciutto und einigen Oliven kein Wunder war.
Oskar öffnete einen im kleinen Eichenfass gereiften Cabernet vom selben Weinbauern, und ich stand auf, um das Risotto zuzubereiten. Auf dem Herd köchelte schon ein Topf mit Rindssuppe vor sich hin. Ich hackte Zwiebel klein, tat dasselbe mit einem halben Apfel. Ich wärmte in einem Topf Butter, glacierte die Zwiebeln, gab die Äpfel dazu, etwas später den Reis und rührte kräftig durch.
»Was für ein Typ war Heller eigentlich, abgesehen davon, dass ihn niemand leiden konnte?«, fragte Oskar.
»Keine Ahnung«, erwiderte ich, »angeblich hat er ein Studium abgebrochen, seine Mutter ist Teilhaberin bei der großen Parkgaragenkette, und er fuhr einen schwarzen Porsche.«
»Den wird sich die Mutter leisten können.«
»Nehme ich einmal an.«
»Chefs werden selten gemocht, vielleicht war er gar nicht so übel.«
»Vielleicht, aber es war jedenfalls übel, die Cognac-Kisten umzustoßen.«
»Wenn er es gewesen ist.«
Richtig, wenn er es gewesen war. Ich wusste nicht, wie sehr ich mich auf die rote Karin verlassen konnte. Sie spielte ihre eigenen Spielchen, Sympathie hin oder her. Ich goss ein Glas trockenen Weißwein über den Reis, rührte wieder durch, gab Salz und etwas Pfeffer dazu. »Vielleicht will Karin Heller etwas anhängen? Vielleicht deckt sie die Leute, die den Cognac geklaut haben?«
»Warum?«, fragte Oskar. Viel zu viele Warum. Der Reis hatte einen Teil des Weins aufgesogen, ich goss mit einem Schöpfer Rindsuppe auf. Immer wieder aufgießen, wenn der Großteil der Flüssigkeit aufgesogen ist. Immer wieder rühren. Beruhigend. Vor allem, wenn man schon eine Vorspeise im Magen hat. »Wir sollten wissen, wer den Cognac gestohlen hat«, meinte ich.
»Wir?«
»Karin. Grete. Ich.«
»Warum eigentlich du?«
»Weil es mich ärgert, wie sie beim ›Magazin‹ mit der Sache umgehen.«
Ein trockenes »Ah« war die Antwort. Wenigstens versuchte er mich nicht von meinen Recherchen abzuhalten.
»Vielleicht bin ich auch bloß neugierig.«
»Aber auf Karin kannst du dich nicht verlassen, und so wie du Grete schilderst, ist sie eine Duckmäuserin.«
Ich goss wieder einmal auf. »Schon, aber wieder auch nicht. Ich glaube, sie hatte einfach nie die Chance, viel Selbstbewusstsein zu entwickeln. Sie ist zu sehr bemüht, es allen recht zu machen.«
»Die rote Karin hat offenbar genug Selbstbewusstsein.«
»Menschen sind eben verschieden.«
»Genau.«
»Aber Menschen können sich ändern.«
»Können sie?«
»Klar«, sagte ich und feixte. »Ich zum Beispiel komme jetzt, statt mich um wichtige Storys zu kümmern, heim und koche für meinen Liebsten.«
»Du hast immer schon gekocht.«
»Schon, aber ich bin nicht so ohne weiteres heimgekommen.«
»Du wirst alt.«
»Du bist alt. Ich werde vierzig. Du bist siebenundvierzig.«
»Uralt.«
Der Reis war beinahe weich. Ich gab ganz fein geschnittene Radicchiostreifen dazu, noch einmal etwas Suppe, einen Spritzer Wein. Zwei Minuten durchrühren, dann die Herdplatte abdrehen.
»Wo werden wir deinen Geburtstag feiern?«
»Bis dorthin sind es noch zwei Monate, man wird sehen.« Lieber keine Pläne machen, die allzu weit in die Zukunft reichen. Vielleicht brachte das Unglück.
»Karibik?«
»Klingt traumhaft, kann ich mir aber nicht leisten.«
»Aber ich mir. Könnte ja mein Geburtstagsgeschenk sein. Das muss man allerdings planen.«
Oskar war einer, der gerne plante. Ich schüttelte, obwohl ich gerührt über seine Großzügigkeit war, den Kopf. »Warum möchtest du das?«
»Weil ich dich liebe«, kam es zurück.
Das Risotto war fast ausgekühlt, als ich mich
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