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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Gebäude da wie große gestrandete Schlachtschiffe, massig und abweisend, trotz der großzügigen Balkone, mit denen ein Teil der Wohnungen ausgestattet war. Die kleinste Unaufmerksamkeit, der kleinste Schwips würden reichen, und man fände den richtigen Treppenaufgang nicht mehr. Wie viele Menschen hier wohl lebten? Ich tippte auf zehn- bis zwanzigtausend. Eine Kleinstadt.
    Es dauerte, bis ich die richtige Eingangstüre fand und läutete.
    »Erster Stock«, ließ mich die rote Karin durch die Gegensprechanlage wissen. Bei den Treppenhäusern hatte man Platz gespart. Wer nicht mit einem der beiden Aufzüge fuhr, musste die engen und durch kleine, runde Bullaugen ins Freie schlecht beleuchteten Treppen benutzen.
    Karin ließ mich ein. Sie schien es plötzlich nicht mehr so eilig zu haben, mir ihre wichtigen Neuigkeiten zu erzählen. Sie wirkte, soweit es bei ihr möglich war, unsicher und verlegen. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass sie tatsächlich schon einiges über fünfzig war. Um ihre Mundwinkel hatten sich zwei tiefe Falten gekerbt, sie fuhr durch ihre rote Mähne und entschuldigte sich, mich hergebeten zu haben.
    »Die Aufregung, ich hab wohl falsch reagiert«, sagte sie und lachte so, dass es mit ihrem üblichen lauten, frohen Gelächter gar nichts zu tun hatte. Ich nahm in dem dunkelbraunen Ledersessel Platz, starrte auf eine jener dunkelbraunen Einbauwände aus den Katalogen billiger Möbelhäuser und hoffte, sie würde zu erzählen beginnen.
    »Eng ist es hier«, sagte sie und blieb in der Mitte des Zimmers stehen, »ich weiß. Aber es war Zeit, dass die Kinder eigene Wohnungen bekommen. Also habe ich unsere Gemeindewohnung Claudia überlassen und für Peter eine Eigentumswohnung angezahlt. Ich wollte ohnehin einen Tapetenwechsel, nachdem mein Mann gestorben war. Also hab ich mir hier eine Eineinhalbzimmerwohnung genommen. Claudia ist momentan für ein halbes Jahr in Kalifornien, sie hat ein Stipendium bekommen. An sich sind es ja meine Kinder, ich habe sie in die Ehe mitgebracht. Aber Otto betrachtete sie auch als seine, was man von ihrem richtigen Vater nicht eben sagen kann. Dabei haben wir uns erst zusammengetan, als die Kinder schon fast erwachsen waren. Ottos erste Frau …« Die rote Karin verstummte. »Aber deswegen bist du nicht hergekommen.« Sie nahm den Schaukelstuhl, zog ihn zu meinem Sessel und setzte sich. »Also dann …«, sagte sie.
    Ich verbot mir, auf die Uhr zu sehen.
    »Kann sein, dass du jetzt wütend wirst auf mich, aber trotzdem. Ich sage es. Was soll mir schon passieren?«
    Sie schaukelte gedankenverloren vor und zurück und sagte gar nichts. Ich wartete. Hätte ich etwa sagen sollen, dass ich unter keinen Umständen wütend werden würde? Unser schönes venetisches Essen. Der romantische Abend mit Kerzenlicht.
    »Ich bin mir sicher, dass die Sache im Lager damals kein Unfall war. Und ich weiß auch, wer die Cognac-Kartons auf mich gekippt hat: Sascha Heller.«
    Mag sein, dass mir der Mund offen blieb. Jedenfalls machte ich nur mit der Hand eine Geste, sie solle fortfahren.
    »Na ja«, sagte die rote Karin und lachte abgehackt. »Ich hab ihn nicht gesehen, aber ich hab seine Schuhe gehört. Er trägt doch immer diese genagelten Schuhe. Die Lagerarbeiter tragen Turnschuhe. Ich hab gehört, wie er fortgelaufen ist, nachdem der Stapel über mir zusammengebrochen ist. Dann erst bin ich bewusstlos geworden.«
    »Du kannst dir das auch eingebildet haben.«
    Sie zögerte. »Darüber habe ich nachgedacht, aber ich glaube es nicht. Ich habe das Geräusch zu deutlich gehört. Er hat auch entsprechend reagiert.«
    »Wann?«
    »Ich habe ihn getroffen.«
    »Du liebe Güte.«
    »Ich dachte … Ich dachte, ich könnte aus der Sache Kapital schlagen. Für die Gewerkschaftsarbeit. Ich meine, ich hatte endlich etwas gegen ihn in der Hand. Deswegen habe ich euch auch nichts gesagt.«
    Ich hatte mich in der fröhlichen roten Karin offenbar gründlich getäuscht. »Erpressung also.«
    »So würde ich es nicht nennen … Ich wollte nur etwas Druck in die richtige Richtung machen.«
    »Also nur gute Absichten. Uns hast du zum Narren gehalten.«
    Sie schüttelte langsam den Kopf. »Es war ja nicht ich, die dir von der Sache erzählt hat. Ausgerechnet Grete, die brave Grete hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu rächen.«
    »Und du hättest ihr nicht die Wahrheit sagen können?«
    »Sie hätte mich beschworen, zur Polizei zu gehen.«
    »Sie hätte gesagt, dass man da eh nichts tun

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