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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Hastig streifte ich ihn über, konnte gerade noch zwei Knöpfe schließen, bevor die Türen aufgingen. Wir duckten uns. Schweinefleisch war eindeutig zu etwas gut, auch wenn es in meiner Küche kaum Verwendung fand. Ein Gabelstapler surrte herbei, nahm die ersten Kartons auf, fuhr wieder weg. Vom LKW-Fahrer kein Laut. Diesmal war der Spalt zwischen Laderaumwand und Fleischkartons etwas größer. Vesna arbeitete sich blitzschnell nach vorne und deutete mit der Hand, ich solle nachkommen. Ich musste mich auf sie verlassen. Ich holte tief Luft und lief im Seitenschritt nach vorne. Unmittelbar nach Vesna sprang ich vom LKW. Wir waren in einem ähnlichen Lager wie dem von Ultrakauf in der Mayerlinggasse. Nur zwei Meter, und wir wären im Freien. Frei. Der Gabelstapler kam schneller, als wir hätten fliehen können.
    »Was macht denn ihr da?«, rief uns der Fahrer, ein pickliger Jüngling mit fettem schwarzen Haar zu.
    »Wir sind neu«, sagte Vesna, »sollen Lager ansehen und Platz vor dem Lager. Da hinaus?« Sie deutete dorthin, von wo die Dezembersonne hell hereinschien.
    »Klar, wo sonst?«
    Vesna winkte ihm, ich hielt mich mit wackligen Knien neben ihr. Noch am Lieferantenparkplatz zogen wir die Mäntel aus. Ich sah mich um. Vor ein paar Tagen war ich schon einmal hier gewesen. Die Ultrakauf-Filiale im 13. Bezirk hatte zu denen gehört, deren Rindfleisch aufgetaut gewesen war.
    Niemand hatte uns entdeckt. Wenig später waren wir nichts anderes als zwei Passantinnen auf der belebten Straße. Vesna atmete hörbar durch. Sie sah auf ihre Uhr. »Gut, gleich in der Nähe ist die U-Bahn. Es ist erst halb elf. Kann ich noch Mittagessen vorkochen für Zwillinge und dann pünktlich in die Arbeit.«
    Ich starrte ungläubig auf meine eigene Uhr. Richtig, es war erst halb elf.

17.
    Ich hätte heulen können. Auf den Fotos war nichts zu sehen als die Umrisse des rindvieh.com-LKWs. Was sich in seinem Laderaum abgespielt hatte, blieb im wahrsten Sinn des Wortes im Dunkeln.
    Ich saß mit Vesna wieder einmal im »Espresso Evi«. Wir warteten auf Glühwein. Wenigstens ein Lichtblick.
    »Man muss den LKW-Fahrer zum Reden bringen«, schlug Vesna vor.
    »Wie? Er steckt doch mit drinnen.«
    »Er ist nur so was wie Bote, da bin ich sicher. Die LKW-Fahrer bekommen nicht viel Gehalt, man kann ein paar Hunderter extra gut brauchen. Wenn er nicht ganz ehrlich ist, geht es schnell und man ist mit dabei.«
    »Aber irgendjemand hat für Ruhe gesorgt. Durch den Überfall, durch Karins widerspenstige Art hat es Aufregung gegeben, dann wurde Heller erschossen, und Karin ist verschwunden. Und aufgetautes Rindfleisch gibt es nur mehr in anderen Filialen.«
    »Dort, wo den Leuten vom Fleisch nichts auffällt oder sie nichts sagen.«
    »Wer weiß, in welchen Filialen die Leute den Mund halten? Wer teilt die LKW-Fuhren so ein, dass alles klappt?«
    »Man braucht einen Chef. Ist klar. Am besten, der Personalakten kennt. Außerdem gibt es Schleimer, die Chefs alles erzählen. Ist in der Mayerlinggasse auch so, wenn ich an die vom Gemüse denke oder an die Stellvertreterin von dem Filialleiter.«
    Ich sah Vesna an und sagte dann langsam: »Die Regionaldirektoren sind für das Personal in den Supermärkten zuständig.«
    »Ja, aber Heller ist tot.«
    Der aromatische heiße Glühwein trug dazu bei, dass ich unendlich müde wurde. Immerhin war ich kurz nach vier Uhr aufgestanden, und man konnte nicht sagen, dass der Tag ereignisarm verlaufen war. Ich lehnte mich an die muffige Velourslehne der Sitzbank und schloss die Augen.
    »Nicht einschlafen, Mira Valensky, wir müssen denken.«
    »Wir sollten der Schneyder erzählen, was wir wissen.«
    »Wir wissen nichts, Mira Valensky, bis auf die Fleischsache. Gibt es nicht einmal Fotos. Geschichte klingt ziemlich abenteuerlich, nicht?«
    »Mir tut die Hüfte weh.«
    »Wird schon wieder. Besser, wir fragen weiter.«
    »Warum überprüfen wir nicht Heller?«, murmelte ich, bemüht, am Ball zu bleiben. In einem Traum hatte ich gerade Heller mit einer Pistole gesehen.
    Ich war wieder eingenickt, als Vesna mich schüttelte. »Vielleicht du hast gar nicht Unrecht. Heller ist nicht nur Opfer, war auch Täter. Man sollte sehen, wie er gelebt hat.«
    »Das hat die Kriminalpolizei sicher gemacht.«
    »Ja, aber wir haben andere Perspektive. Perspektive mit Fleisch.«
    »Er muss Freunde gehabt haben.«
    »Wenn sie sind Burschen wie er, du kannst sie ausfragen, wie du nur willst, Mira Valensky. Du tust, als wenn sie in deinen

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