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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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worden, zu viele verschiedene Rubriken zu
eng zusammengepresst. »Das ist … sehr eindrucksvoll«, sagte
sie schließlich.
    »Nein, ist es nicht. Das ist ja das Problem. Ich verstehe was
von Malerei, ich verstehe was von Keramik, aber von Werbung verstehe
ich nichts. Ich weiß nicht, wie die Leute denken, hab keinen Kopf fürs
Geschäftliche. Abrechnungen lassen mich einfach kalt. Bilanzen kapiere
ich nicht. Ich versteh das ganze Kauderwelsch nicht.«
    »Sie brauchen jemanden, der Ihnen hilft.«
    Eunice zuckte abermals die Schultern. »Früher hab ich auch
immer jemanden gehabt, aber die sind alle abgehauen. Ich neige dazu, zu
sagen, was ich denke, wissen Sie. Und manche Leute reagieren darauf
sauer. Na schön, die wären wir los, sag ich mir jedes Mal. Das Problem
ist nur, anscheinend hab ich alle Brücken hinter mir verbrannt. Keiner
will mir mehr helfen.«
    Hätte Daisy an Gott geglaubt, ihr wäre diese Begegnung wie
eine göttliche Fügung erschienen. So aber konnte sie nur denken: Wenn
die eine Tür zufällt, öffnet sich eine andere. »Ich suche gerade nach
etwas, was ich mit meiner freien Zeit anfangen kann«, sagte sie, ohne
nachzudenken. »Vielleicht könnte ich Ihnen aushelfen. Ein paar
ordentliche Prospekte entwerfen, in der Stadt ein paar Anzeigen
aushängen, all so was.«
    »Sind Sie sicher?« Eunice machte ein zweifelndes Gesicht.
»Weshalb um Himmels willen sollten Sie das tun?«
    »Um mich vor der Langeweile zu bewahren.« Sie betrachtete den
Prospekt. »Soll ich morgen mal vorbeikommen? Dann könnten wir darüber
reden.«
    Ein Lächeln überzog Eunices Gesicht. Auf einmal sah sie zehn
Jahre jünger aus. »Das wäre wundervoll. Kaffee und Kuchen stehen
bereit. Ich hab immer Kaffee und Kuchen, für alle Fälle. Meistens
landet er bei den Vögeln. Der Kuchen, meine ich, nicht der Kaffee.
Haha.« Sie stapfte davon, und der Hund lief hinter ihr her. Unter dem
ausgefransten Saum ihres Rocks und den Wollstulpen trug sie etwas, was
Daisy nur als Elfen-Ballerinas bezeichnen konnte.
    Was für eine seltsame Frau. Und doch, welche interessanten
Aussichten. Ihr sprunghaft-assoziatives Gerede würde Daisy
wahrscheinlich in kurzer Zeit zur Raserei bringen, aber vielleicht war
eine kurze Zeit ja auch alles, was sie brauchte. Und wenn ihr der ganze
geschäftliche Kram nicht so lag, dann würde sie es doch nur begrüßen,
wenn Daisy diese Dinge übernahm. Und eine Scheune! Daisy wollte ihre
Hoffnungen nicht zu sehr hochschrauben – wahrscheinlich war
sie von Ratten verseucht und baufällig –, aber diese Art von
Grundbesitz war immer sehr gefragt, zwecks Umwandlung in
Luxus-Apartments. Und wenn nicht, dann war da immer noch das Grundstück.
    Sehr viel glücklicher als vorhin beim Betreten des Strandes,
beschloss Daisy, ihre Feststimmung bei einer Tasse Kaffee auszukosten.
Aber nicht in dem Café im Postamt. Wenn es der Zufall wollte, saß
Eunice jetzt dort. Nein, sie musste sich etwas anderes suchen.
    Am nächsten Tag, nach einer traumlosen
Nacht, suchte Daisy auf dem Stadtplan, wo sich Eunices Kunst- und
Antiquitätenhandlung befand. Der Bus nach Clacton fuhr dicht daran
vorüber. Und Daisy machte sich auf den Weg. Natürlich wäre es mit einem
Wagen bequemer gewesen. Und nachdem sie nun ihren Volvo mehr oder
weniger der Vergangenheit überschrieben, die Aussicht auf Sylvias Fiat
aber eingebüßt hatte, notierte sich Daisy als eine Priorität die
Anschaffung eines Wagens, den sie benutzen konnte – ein Auto
ohne Lebenslauf, der auf sie zurückweisen konnte, falls irgendetwas
schiefging. Vielleicht hatte ja Eunice einen Wagen.
    Die Busfahrt dauerte etwa eine halbe Stunde, danach blieb noch
ein Fußmarsch von zehn Minuten auf einem ausgefahrenen Feldweg. Ein
handgeschriebenes Schild, das ziemlich großartig auf das Kunst-
und Antiquitäten-Center hinwies, war aus seiner Halterung
gerutscht und wies nun mehr oder weniger in die Wolken. Doch es war ein
herrlicher Tag, und auch hier konnte Daisy das Meer riechen. Das hielt
sie für gute Vorzeichen.
    Am Ende des Weges stand ein recht vornehmes Haus,
wahrscheinlich aus dem vorigen Jahrhundert; fünf Schlafzimmer
mindestens, vielleicht auch mehr. Hingerissen betrachtete Daisy es. Was
für eine Aussicht, es in eine Frühstückspension umzuwandeln! Nicht in
ihre eigene natürlich. Das würde bedeuten, sich niederzulassen, an zu
vielen Orten ihren Namen auf Papier schreiben zu müssen. Aber
irgendjemand mit einer Vision würde eine Menge Geld für dieses

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