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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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die Berichte der Spurensicherung eines der Beamten, die am Fundort eingetroffen waren, nachdem der kleine Leichnam von den Flugkadetten entdeckt worden war. Es war eine sorgfältige und detaillierte Beschreibung des Tatorts, verfasst von einer jungen Beamtin, die sich damit große Mühe gegeben hatte, auch wenn es allem Anschein nach völlig sinnlos war. Obwohl die Überreste schon so alt waren, hatte sie auch nach jüngeren Spuren gesucht. Fry hatte den Eindruck, als seien der Beamtin die Knochen und die neuen Babysachen sehr nahe gegangen, als hätte sie krampfhaft nach etwas gesucht, worauf sie sich konzentrieren konnte.
    Seltsamerweise bezog sich eine ihrer Beobachtungen auf Mohnblumen. Nicht auf echte Mohnblumen, sondern auf welche aus rotem Plastik oder Papier, wie sie in den Wochen vor dem Volkstrauertag verkauft wurden, um Geld für die Veteranen zu sammeln. Viele Leute hefteten sie sich im November an den Mantel, außerdem wurden überall im Land Kränze an Kriegerdenkmalen niedergelegt. Und allem Anschein nach waren auch an der Absturzstelle der Lancaster Mohnblumen niedergelegt worden. Fry vermutete, dass das Wrack selbst gewissermaßen ein Denkmal war. Dem Bericht zufolge hatte dort erst kürzlich jemand Mohnblumen hingelegt, obwohl es Januar und der Volkstrauertag schon lange vorbei war.
    Es schien nicht weiter wichtig zu sein, doch Fry wusste genau, dass sich solche Details später als erstaunlich wichtig herausstellen konnten. Sie unterstrich die Zeile, in der auf die Mohnblumen hingewiesen wurde, mit einem roten Stift. Als sie den Bericht fast zu Ende gelesen hatte, klingelte das Telefon.
    Mit der Tennent-Akte in der Hand ging sie zu ihrem eigenen Schreibtisch. Die Mitarbeiterin aus der Zentrale entschuldigte sich und erklärte, man habe ihr gesagt, DS Fry sei im Revier, und sie sei gebeten worden, einen Anruf durchzustellen, der gerade hereingekommen war.
    »Wer ist dran?«, fragte Fry.
    »Sergeant Caudwell von der MDP.«
    »In Ordnung, stellen Sie sie durch.«
    Einen Augenblick stellte sich Fry vor, dass Caudwell und Nash im gleichen Hotel wie Alison Morrissey untergebracht seien, als ihr wieder einfiel, dass die MDP-Beamten zu einer billigeren, einfacheren Unterkunft geschickt worden waren, vermutlich ins Travelodge.
    »Ah, immer noch im Dienst«, stellte Caudwell fest, als sie Fry an der Strippe hatte. »Da habe ich ja Glück gehabt.«
    »Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte sich Fry.
    »Naja, mir ist hier langweilig geworden, und es sieht nicht so aus, als könnte man in Edendale sonst viel unternehmen, deshalb habe ich mir die Regionalzeitungen kommen lassen. Eine interessante Lektüre.«
    »Die Presse hat die Geschichte von der unbekannten Leiche groß und breit ausgeschlachtet«, sagte Fry. »Und wahrscheinlich mit jeder Menge wilder Spekulationen ausgeschmückt, wie üblich.«
    »Allerdings. Aber nicht nur das. Es ging auch um eine erfrorene Frau.«
    Fry ließ den Blick auf den Ordner in ihrer Hand sinken. »Marie Tennent. Aber...«
    »Und das verschwundene Baby und so weiter. Ziemlich beunruhigend für Sie, kann ich mir vorstellen. Und dann werden auch noch die Überreste eines Kleinkindes unter einem Flugzeugwrack gefunden. In den Zeitungen steht nichts davon, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass Sie einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen nicht ausschließen.«
    »Ja, wir sind sicher, dass das tote Baby Marie Tennents Kind war.«
    »Verstehe.« Caudwell schwieg einen Augenblick. Als sie weitersprach, lag ein anzüglicher Unterton in ihrer Stimme. Fry sah förmlich vor sich, wie sie grinste. »DS Fry, ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir eine Kopie der Akte Marie Tennent vorbeischicken würden.«
    »Wozu?«
    »Ist nur so eine Idee«, erwiderte Caudwell leichthin. »Ist Ihnen bewusst, dass das Flugzeugwrack Eigentum des Verteidigungsministeriums ist? Wir haben ein Interesse daran. Uns steht jede Art von Unterstützung zu. Streng genommen hätte man uns informieren müssen, bevor an der Stelle überhaupt irgendetwas unternommen wurde. Aber ich bin sicher, dass wir uns darüber nicht streiten müssen«, fuhr sie fort, als sie Frys Zögern bemerkte.
    »Ich lasse Ihnen so rasch wie möglich eine Kopie ins Hotel bringen«, versicherte Fry.
    »Vielen Dank. In einer Stunde reicht völlig.«
    Fry legte auf und las die Akte Tennent noch einmal von vorn bis hinten durch. Bei der unterstrichenen Zeile mit den Mohnblumen runzelte sie die

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