Kaltgeschminkt (German Edition)
wir streiten tagelang deswegen. Er genießt es, sich für einige Zeit rar zu machen, damit ich nicht an ihn heran kann. Der Hunger in dieser Zeit ist quälend und macht mich beinahe rasend. Fast wie in Entzug. Er weiß das auch. Oft denke ich, er genießt es. Ebenso sehr, wie wenn er danach zu mir kommt und freiwillig gibt, was ich brauche. Vielleicht weil er mich nicht hasst und mich nicht sterben lassen will … aber ich bin an ihn gebunden. Nur von ihm kann ich trinken. Niemand sonst kann mir das geben, was ich haben muss, um diesen Zustand noch eine Weile zu erhalten.« Sie fährt mit den Händen an ihrem kurvigen Körper entlang. »Noch.« Dann beugt sie sich nahe zu mir. »Er muss ganz leer sein«, haucht sie und meint damit James. »Wenn er stirbt kann ich gehen. Verstehst du?«
Und ob. Laut unserer Theorie sollte es auch in meinem Interesse sein, dass er bei Zeiten abdankt. Dennoch ist er kein Idiot, aber mit Rachelles kleiner Offenbarung hat sich eine Tür der Möglichkeiten geöffnet und keine andere geschlossen. Ich habe einen Plan, wie wir beide bekommen, was wir wollen. Wie sie auf ihre Kosten kommt und ich auf die meinen. Zaghaft gehe ich vor dem Bett auf die Knie und nehme eines ihrer Beine in die Hände. Sanft lasse ich den feinen halterlosen Strumpf von ihrem Oberschenkel gleiten, folge dem Weg, den er nach unten nimmt mit meinen Lippen. Ich drapiere ihr langes Bein auf meiner Schulter, so dass es hoch auf liegt. Der zweite Strumpf folgt dem ersten nach und ich hebe ihr zweites Bein auf meine andere Schulter. Lediglich der hauchdünne Stoff ihres Höschens verwehrt mir den vollständigen Blick auf das, was ich sehen möchte. Bevor ich mich ihrer Mitte widmen kann, nach der ich mittlerweile süchtig geworden bin, nimmt sie mein Gesicht in ihre Hände.
»Komm zu mir«, haucht sie.
Ich lege mich neben sie auf die weiche Matratze. Sie greift zärtlich in meine Hose, wispert mir ins Ohr, wie dankbar sie mir ist, dass ich sie nicht von mir fortstoße. Entzückt lehne ich mich zurück. Sie hat ja keine Ahnung, wie abhängig ich bereits von ihr bin. Und es bleibt besser mein Geheimnis. Ich befürchte, ich würde ihr alles vergeben, jeden verdammten Herzensbruch. Zwar hat sie mich verhext, dennoch glaube ich nicht an das Schlechte, das James über sie erzählt. In einem Punkt jedoch hat James zweifellos Recht, was meine Liebste angeht: Sie ist die Jägerin und du das Vieh , höre ich ihn in meinem Kopf, eiskaltes Luder mit Feengesicht . Trotzdem – wie schön für mich, wie schade für ihn.
Glücklicherweise und zum ersten Mal in meinem Liebesleben bin ich kein One-Night-Stand – oder eher ein Twice-a-night-Stand, wie Rachelle es nennt – geblieben, was dazu beiträgt, dass ich auf dem Weg zur Bestatterfestung beinahe, aber wirklich nur beinahe, die entsetzlichen kleinen Dreckslöcher voller Lügen und Geheimnisse vergesse. Als ich die schwere Haustür aufstemme, flattern mir die kleinen Zettel bereits entgegen. Auf einem steht in krakeliger Handschrift
Ich hatte eine Erkenntnis. Triff mich in der Sauna.
James.
Auf dem anderen lese ich silbern auf schwarz
Überbringen Sie dem Boten Mr. James Beastly.
Machen Sie es so kurz wie möglich,
so schmerzhaft wie nötig.
-
Sie gehen in die Staats-und Universalbibliothek,
08.00, 8.Stock, Zi. 802.
Sie werden nicht erwartet.
Ich schnüffle kurz an dem dicken schwarzen Papier. Es versprüht einen Hauch von Erde und Moschus, ist ansonsten jedoch geruchlos. Ich werfe ihn abschätzig über die Schulter. Verwirrt versuche ich mich dann zu erinnern, wo sich die verdammte Sauna versteckt, bis mir einfällt, dass er sie mir nie gezeigt hat. Logisch wäre, sie im Keller zu suchen oder in der Nähe des Badezimmers. Ich steige die Stufen in den ersten Stock hinauf, halte kurz mein Ohr an die wie immer geschlossene Tür direkt neben der meinen. Totenstille, natürlich. Dennoch, erneut die spürbare Präsenz. Nach den Abenteuern mit nekrophilen Fotografen und gälischen Blutfeen erwarte ich hinter dieser Tür mindestens einen transsexuellen Oger oder einen transsilvanischen Widergänger. Unschlüssig stehe ich noch ein wenig davor, dann trolle ich mich, gebe auf. Fürs Erste.
Etwas weiter den Flur hinunter höre ich ein Summen, dem ich schließlich folge. Mit einer Hand öffne ich eine schmale cremefarbene Tür. Dahinter entdecke ich erleichtert eine wolkenförmige Badewanne, mit Düsen und Lichtstrahlern ausgestattet, in der Ecke einen gefliesten Duschbereich und
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