Kaltgeschminkt (German Edition)
wirst du sie nur, wenn du ihnen deine Liebe entziehst und sie dir dienen müssen.«
Einen Augenblick überlege ich. »Was hat das mit unserem Pakt zu tun?«, will ich endlich wissen. Meine Beziehung zu Rachelle ist meine Angelegenheit, und wenn sein Leben für eine Frau geben, warum nicht auf diese Weise?
»Sie gehört zu ihnen. Sie ist ihre Botin. Wie der Briefbote, der uns die Toten und die Aufträge bringt, ist sie hier, um auf den aktuellen eingeweihten Bestatter aufzupassen. Und ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich will jetzt nicht sterben … wegen ein paar lächerlicher Fotos. Deshalb schlage ich dir noch einmal einen Pakt vor. Lass uns uns den Dreien entziehen und …«
»Warum hast du es getan? Wirklich«, unterbreche ich ihn.
Er blinzelt sich Schweiß aus den Augen. »Weil ich mich für ihre Überheblichkeit und ihre Falschheit rächen wollte. Weil ich es satt habe, Spielball ihres Willens zu sein. Wir unterdrücken uns doch hier schon gegenseitig genug mit unseren Machtspielchen. Was wollen sie noch zu ihrer Erheiterung? Was?« Er atmet flach. »Und weil es die einzige Möglichkeit ist, ihnen wenigstens ein bisschen zu schaden.« Sein Atem geht nun stoßweise. Gleich, so fürchte ich, wird er umkippen. Doch er hält sich aufrecht, wenn auch mit Mühe.
»Trotzdem ist es nicht Recht, mit ihnen zu paktieren«, insistiere ich. Er sollte mich inzwischen wenigstens so gut kennen, um zu wissen, dass mir seine destruktiven Frustrationen gestohlen bleiben können. »Die Seelen werden durch das Elixier mit Gewalt in den verfallenden Körpern gehalten, so nähren sich ihre Angst, ihr Hass und ihre Panik. Sie werden sozusagen rasend«, erkläre ich mir selbst. »Das ist falsch, James. Das kannst du einfach nicht tun.«
»Und für wen hältst du mich? Für den Herrn der brachialen Gewalt?«
»Höchstens für seinen Handlanger.«
Er schnauft mir wütend ins Gesicht. »Ich habe niemanden getötet, Harris. Auch Salamander nicht.«
»Hätte ich dir auch nicht zugetraut. Es ist mir völlig egal, ich bin damit fertig. Aber der Marionettenspieler sitzt vor mir, dessen bin ich mir sicher.«
»Du denkst falsch.«
»Ist mir egal.«
»Das wird es irgendwann nicht mehr sein, glaub mir. Ich will nicht sterben und du willst dieses Leben nicht. Ich bin mir sicher, du warst dort, auch wenn du es für dich behalten willst. In Ordnung. Nur, lass uns nicht so weitermachen. Wir können uns von ihnen abwenden. Töten dürfen sie uns schließlich nicht.«
»Aber sie können jemanden schicken, der es für sie erledigt.«
»Na und? Wir sind zu zweit.«
Seine Äußerung entbehrt jedweder Logik, dennoch sage ich: »Und wenn sie Einer mehr sind? Oder Mehrere mehr? Du lehnst dich gegen etwas auf, das du scheinbar nicht verstehst.«
»Aber du, wie es aussieht.«
Zu spät, meinen Fehler zu beheben. Manchmal hasse ich mich selbst wie verrückt. Sein siegreiches Lächeln macht mich wütend. Aber auch mutig, denn hofieren war noch nie eine meiner sparsam gesäten Stärken. Es hat seinen Reiz, noch ein wenig Spaß zu haben, bevor ich den Auftrag der Drei schließlich in die Tat umsetze. Denn dass ich das tun werde und James früher oder später umbringe, daran lasse ich keinen Zweifel. Nur wird das auf meine Art geschehen. Ich lasse mich nie drängen. Was sie mit mir tun werden, wenn ich ihnen nicht gehorche, will ich mir nicht ausmalen. Und wohin sie mich ohnehin irgendwann schicken wollen, wurde mir bereits klar gemacht.
»Weswegen warst du dort?«, unterbricht James meine Planung. »Im Pandämonium?«
»Gräte im Hals«, lüge ich.
Er nickt langsam. Natürlich glaubt er mir kein Wort. Sein Pakt kommt mir mit jedem Augenblick verlockender vor. Ein kleines Experiment, bevor wie beide abtreten. Er etwas früher als ich, zweifellos. Seltsamerweise glaube ich ihm, was die Drei betrifft, jedes Wort. Da sie seinen Tod wünschen, liegt es nahe, dass für den Fall des Falles auch mein Nachfolger gewählt worden ist. Der Zeitpunkt, den Kreis zu brechen, scheint gekommen. Und gegen wen sollte man sich schon heldenhaft stellen, wenn nicht gegen seinen eigenen Tod? Immerhin, es könnte schließlich klappen. Und wenn nicht … Schlimmeres als meine ganz persönliche Hölle fällt mir nicht ein.
Forsch hält James mir seine Linke hin, zur Besiegelung unserer verhängnisvollen Partnerschaft. »Sicher haben sie dir schon geschrieben«, stellt er fest.
Das verlogene Kopfschütteln von mir ist mechanisch. Wem soll man in dieser menschlichen
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