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Kaltgeschminkt (German Edition)

Kaltgeschminkt (German Edition)

Titel: Kaltgeschminkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Streber-Yngve sein kameradschaftlichstes Lächeln.
    »Was wollt ihr?«, fragt der tatsächlich genervt.
    James schüttelt den Kopf. »Du meinst wohl, `Wer seid ihr?` Um deine Frage gleich zu beantworten: wir sind heute Abend deine neuen Freunde. Obwohl du dich sicher tödlich amüsierst.«
    Sehr witzig. Dennoch haben wir fürs erste seine Aufmerksamkeit.
    »Was hältst du davon, wenn wir uns eine ruhige Ecke suchen, hm, Alter?«
    Yngve versucht herablassend zu lächeln. Die Bezeichnung ›relativ unglaubwürdig‹ ist jedoch weit davon entfernt. Schlechte Schauspieler sind wirklich ein Segen. Sein dicker kurzer Finger schwenkt zwischen uns beiden hin und her. »Ihr glaubt also, ich verdrücke mich mit euch beiden Irren in irgendeiner dunklen Nische und …«
    James schüttelt sein Haar zurück. »Ecke, Alter, in ’ne dunkle Ecke . Das mal voraus. Ansonsten kannst du gern weiter Voyeur sein, für deinen Adonis hier, was sicher sterbensaufregend ist. Dann doch lieber ein nettes Pläuschchen mit uns beiden Irren.« Er tippt sich mit zwei Fingern an die Stirn. »Wahn und Genie, sag ich nur. Könnte spannend werden. Und sicher ergibt sich da noch was in beruflicher Sicht.«
    Yngve sieht uns abwechselnd in die Augen, sucht nach dem feigen Geheimnis dahinter. Leider wird er da nichts entdecken. Schließlich haben wir kein Gewissen. Schon gar nicht bei dieser Sache. Dein Fell oder meines. Loyalität ist schon einen Dreck wert, wenn es ums Überleben geht.
    »Wollen wir?«
    James lächelt sein gewinnendes Freundschaftslächeln und Yngve lässt sich von ihm unterhaken, ohne sich noch einmal umzublicken. Gemeinsam arretieren wir den ahnungslosen Hosenscheißer durch das grelle Neon. Erstaunlicherweise lässt er sich anstandslos von uns führen, lediglich der runde Hintern einer sich lasziv bückenden Tanzmaus mit silbriger Rokokoperücke und passenden Strapsen lenkt ihn für einen Moment ab. Seine hellen Froschaugen tasten ihre eher burschikosen Formen gierig ab. Nicht einen Augenblick jedoch kommt er auf die Idee zu fragen, wer wir sind, woher er uns eventuell kennen sollte oder, noch wichtiger, wohin wir ihn in diesem fremden Umfeld bringen. James zwinkert mir über Yngves Kopf hinweg zu. Ich kann seine Euphorie nicht teilen. Doch dann beginnt der Lehrplan Gestalt anzunehmen. Wir stoßen die Toilettentür auf und wählen eine freie Kabine im hintersten Teil. Eigentlich nimmt man sich stets vor, nicht genau hinzusehen, tut es dann meist leider doch. Ich mache den Fehler, in das Innere der offen stehenden Toilettenschüssel zu schielen, was mich dazu veranlasst, so oft die Spülung zu betätigen, bis James mich bremsen muss. Yngve scheint nur auf der Uni eine Leuchte zu sein, denn er beobachtet mein hysterisches Tun leidlich interessiert. James setzt ihn auf den nun geschlossenen Klodeckel und gibt mir ein Zeichen, damit ich das dünne Röhrchen aus meinem Jackenfutter fummle. Brüsk nimmt er es mir aus der Hand und hält es Yngve vor die Nase.
    »Mein kleiner Freund, was bist du doch für ein Glückspilz«, haucht er, wobei Yngve dumpf lächelt. Ich frage mich, ob er nicht doch vorher eine Tüte mit seinem Begleiter geraucht hat. Ungefragt will er nach dem Röhrchen greifen, fasst jedoch ins Leere, als James es rasch fortsteckt.
    »Das ist der neueste Schrei. Da kann dein Freund gerade mal von träumen, Peer.«
    Er tätschelt süffisant die Wange des Studenten. Der macht nicht einmal Anstalten zu fragen, woher mein Freund seinen Namen weiß. Wahrscheinlich geht er davon aus, dass solcherlei Vertraulichkeiten in diesen Schickclubs üblich sind. Seine Unwissenheit reicht zu unserem Glück und prompt hält James ihm erneut das Röhrchen vor, wedelt sogar noch damit vor ihm herum. Hypnotisiert schielt Peer auf das unverhoffte Geschenk. James schwenkt es noch ein wenig hin und her, die Pupillen des Studenten folgen. Ich gehe ein wenig in die Hocke, begutachte seine Augen. Die Pupillen sind kleiner als Stecknadelköpfe, was mich etwas erschreckt. Es hat den Anschein, als hätte sich unser Freund Mut angetrunken, bevor er seine WG verlassen hat, für ein Abenteuer deutlich über seinem Anspruch. Es gefällt mir nicht, einen beinahe Wehrlosen um die Ecke zu bringen, aber was hilft es schon? Er dient somit immerhin einem höheren Zweck. Im Pandämonium wird er mir noch dankbar sein, versuche ich mich vor mir selbst zu rechtfertigen.
    James scheint meinen Unwillen zu spüren. »Das hat keinen Einfluss auf seinen späteren Zustand. Es

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