Kaltgeschminkt (German Edition)
herausgerissenen Buchseite wische ich das viele Blut von seiner Stirn. Zufrieden betrachte ich mein Werk.
›rather fat than a Psycho‹ steht da in schönen Blutbuchstaben auf seiner Stirn. Dummerweise kann man das ›f‹ kaum entziffern und ich beuge mich über ihn, um meine Schrift auszubessern. Dann fängt er wieder an zu brüllen, glotzt auf die Blutspritzer auf meinem Hemd.
Ich schüttle verneinend den Kopf. »Du lebst noch, Alter.«
Er schielt weiterhin auf die dunklen Flecken glänzenden Rotes.
»Aber jepp. Das meiste davon ist allerdings tatsächlich von dir.«
Noch bevor ich ihn noch mehr verschönern kann, wirft er mich ab und springt zur Tür. Er reißt sie voller Wucht auf und beinahe aus den Angeln.
Und so flieht der Psychopath in den Nebel. Ich bleibe zurück und komme mir vor, wie in einer kranken, düstereren Version der mir bekannten Welt.
Alles Psychopaten! Und eine eisklare Nacht
Ich kann ein sehr reinliches Monster sein.
Nachdem mir meine kleine Racheaktion sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist, habe ich die Sauerei natürlich beseitigt. Nachdenklich blicke ich auf die dunkel triefenden Pfützen neben mir auf dem Boden. Irgendwie hat es auch Spaß gemacht. Angst jedoch empfinde ich keine. Noch eine Eigenschaft, die mir wohl irgendwie abhanden gekommen ist. Ich drehe und wende den Kopf ein wenig, ob ich aus den verlaufenen Spritzern etwas hochwertig Psychosoziales lesen kann. Ein netter Rohrschacht ist entstanden. Leider zeigen sich mir jedoch weder Blumen noch tanzende Bären in den wilden Blutmustern. Nicht einmal eine dieser missglückten Fledermäuse. Als ich das alte Haus verlasse, das für mich inzwischen zu einer kalten Festung geworden ist, ignoriere ich bewusst die funkelnden Augen in der dunklen Nische hinter mir. Ich glaube, dass sie vor Unglauben und sogar vor Hass nicht anders können. So lasse ich James fürs Erste hinter mir. Sicher ist jedoch, dass ich zurückkomme. Möglichst bald.
Die Tür zu Rachelles Wohnung öffnet sich schwungvoll, noch ehe ich läuten kann. Ein großer, schmaler, übernatürlich bleicher Mann sieht mich verdutzt an. Das schulterlange platinblonde Haar rahmt sein ebenmäßiges Gesicht ein. Ein bemerkenswert hellhäutiges Gesicht, ebenso wie Rachelles. Der hauchdünne Makel einer Narbe spaltet seinen linken Mundwinkel, was ihn nur noch verwegener macht. Allein seine blutunterlaufenen hellschimmernden Augen verwirren mich, so dass ich kaum meinen Besuch angemessen ankündigen kann. Daher stehen wir uns eine Weile schweigend gegenüber, wobei mich der Fremde, um es nett auszudrücken, argwöhnisch mustert. Das Blut auf meinem Hemd ignoriert er. Vielleicht träume ich einen kurzen Moment, aber aus seiner Kehle dringt deutlich ein heiseres Brüllen, so leise und flüchtig wie ein Wimpernschlag. Ich sehe ihm an, dass er mich am liebsten unter seinen schweren Stiefeln zerquetschen würde. Grob drängt er sich an mir vorbei und verschwindet mit wehendem Haar im dunklen Flur. Nur kurz sehe ich die blutige Bissspur in seinem Nacken. Da ich es hasse, wenn mich meine tief vergrabenen Gefühle ungefragt überrollen, versuche ich meine Wut wenigstens zu zügeln. Erfolglos. Ich stürme in die Wohnung und entdecke dort meine Geliebte auf dem riesigen Sofa. Wie ein fremdes Wesen liegt sie in ihrem Haar, um den Körper eine Wolldecke geschlungen. Lediglich eines ihrer Beine lugt hervor, hübsch verpackt in einem halterlosen Strumpf. Ich werfe meinen Koffer in eine Ecke.
»Endlich bist du da.« Sie lächelt mich müde an. »Ist das echtes Blut?«
Tadelnd sehe ich sie an. Mit einem Finger verwische ich einen noch nicht getrockneten Blutklumpen. Ihre Lippen formen ein überraschtes ›Oh‹.
»Könnte auch ein havy Shirt sein.«
»Könnte.«
Sie rafft die Decke um sich und steht auf. Gierig schielt sie auf meine Brust.
»Von wem ist es?«
Ich zucke die Schultern. »Von James’ Hausgast. Er wollte das Bad nicht frei machen.«
Sie sieht mich überrascht an. »Sag mir nicht, du weißt nichts von dem psychopatischen Killer, der tagelang neben meinem Zimmer gewohnt hat.«
Einen Moment starrt sie mich unsicher an. Dann wendet sie sich kopfschüttelnd ab und verschwindet in der Küche. »Ich dachte, das wäre dein Freund gewesen. Kam ungefähr zur gleichen Zeit an. Wenig früher. Mit dem Zug. Ein Bier?«
Ich schüttle den Kopf, wie um aufzuwachen aus dieser abgefuckten Szene, die mir immer abgefuckter wird. »Etwas Stärkeres. Ich bin gerade in
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