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Kaltgeschminkt (German Edition)

Kaltgeschminkt (German Edition)

Titel: Kaltgeschminkt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Hand, den Rücken uns zugekehrt, beugt er sich über das Spülbecken. Dann geht es viel zu schnell. Er hat uns längst gehört, doch ehe sich James ganz zu uns umdrehen kann, springt Rachelle hervor und schlägt ihm den bereits blutbesudelten Kaminhaken quer über das Gesicht. Der wirre Glanz in seinen Augen zieht sich zurück wie das sterbende Standby-Licht von Rachelles Fotoapparat. Vorsichtig beuge ich mich zu ihm hinab. Er atmet erschreckend flach, ein Augenlid flattert leicht, das andere steht einen winzigen Spalt offen. Aus seinem schmalen Mund rinnt mit Blut vermengter Schaum. Ich schnuppere an seinem Glas. Es riecht etwas sauer. Wahrscheinlich die gleiche Betäubung, die er auch mir verabreicht hat, um mich für meine Ermordung ruhig zu stellen. Rachelle macht mir ein Zeichen, den Körper nach oben zu tragen. Wir hieven James auf sein Bett, wo ihm Rachelle zuerst einen harten Kinnhaken versetzt. Schnell nehme ich ihre Hände in meine und schüttle den Kopf.
    »Nein. Lass und überlegen, wie wir ihn noch eine Weile ruhig stellen, bis wir wissen, was wir mit ihm machen.«
    Sie entzieht sich mir ungeduldig und greift nach ihrem sargähnlichen Rucksack. Geschickt fesselt sie James´ Arme mit Einweghandfesseln an das Bettgestell. Es sieht schmerzhaft aus, wie sich der Kunststoff in die Haut drückt.
    »Der Kerl von vorhin, der mit der Vorliebe fürs Beißen, ist bei der Polizei«, erklärt sie.
    Bereits als sie sich an die Beine macht, laufen James´ Handgelenke bereits bläulich an.
    »Mach sie etwas lockerer«, verlange ich.
    „Wozu? Er wird nicht lange genug was davon mitbekommen, um sich zu beschweren.«
    Ihre Gnadenlosigkeit erschüttert mich ein wenig. Es erscheint mir zusehends wichtiger, sie meinerseits möglichst überhaupt nicht zu enttäuschen. Wenig später regt James sich, so gut es ihm die Fesseln erlauben. Rachelle setzt sich auf ihn, die netzbestrumpften Beine in den schweren Dockers auf seiner Brust gekreuzt. Der lange Stoff ihres Kleides bedeckt den größten Teil des Bettes. Rachelle fängt mit dem Finger ein paar dünne Blutrinnsale auf, die aus der Wunde auf seiner Schläfe rieseln. Als James verwirrt blinzelt, schlägt sie ihm mit der Schnürung des Rockes leicht ins Gesicht. Mit aufgerissenen Augen mustert er seine Partnerin. Seltsam erscheint mir nur, dass er keinerlei Angst zu zeigen scheint. Er ist absolut ruhig. So wie ich. Nur Rachelles schnelles Atmen lässt ihre Brust heftig beben. Es scheint, als atme sie nur ein. So, als würde sie Luft sammeln, für einen alles zerstörenden Schrei. Doch er bleibt aus. Sie beugt sich zu ihrem Sarg am Fuß des Bettes und entnimmt ihm ein zierliches Messerchen, dessen Klinge und Griff von einer schmalen Kerbe geteilt werden, ähnlich den Ablaufrinnen in den speziellen Sektionstischen beim Säubern der Toten.
    Wir starren ihn unverwandt an. »Tut mir leid, dass es so kommen muss«, sagt Rachelle schließlich seufzend. »Oder warte, es tut mir überhaupt nicht leid. Das ist das Gesetz des Stärkeren, mein Herz. Frag Harris. Der hat deinen geisteskranken Mörder im Zweikampf besiegt.«
    James‘ Augen wandern kurz zu mir. Er hat gesehen, dass der gezeichnete Mörder geflohen ist. Aber auch ihm ist klar, dass er nie wieder kommen wird.
    »Und jetzt, bin ich die Überlegene. Es ist das Beste für alle, wenn du nicht mehr unter uns bist, mein Lieber. Das kapierst du doch genauso wie wir.« Sie legt die Schneide an seinem Hals an. »Also, mach´s gut.«
    Dann drückt sie zu. Nur leicht, doch augenblicklich läuft der hellrote Lebenssaft über die Klinge und durch die Rinne am Griff des Instruments. Die junge Frau beugt sich hinab, um das frische Blut mit ihrem Mund aufzufangen. Harsch, beinahe verzweifelt, schluckt sie es geräuschvoll hinunter. Es hat nichts Sinnliches oder Erotisches, wie sie über ihrem ehemaligen Geliebten kauert. Da James´ Kopf inzwischen vor Schmerz oder Schwäche oder beidem zurückgesunken ist, fließt der Blut nur mehr langsam. Überrascht ziehe ich die Luft durch die Zähne.
    »Was?« Sie sieht mich mit großen Augen an. Verwirrt deute ich auf das Gerät in ihrer Hand. Rachelle lacht kurz auf. »Hast du mich für ein Ungeheuer gehalten, das seine Zähne als Fleischmesser benutzt? Ich bin immer noch eine Dame, klar, mein Schatz?«
    Ich nicke und beobachte, wie sie sich wieder ihrem Vorhaben widmet. Ruhig und genießerisch.
    »Ich mache das nur, wenn ich mein Kleid schonen will. Ansonsten bin ich natürlich nicht so zimperlich«,

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