Kaltgestellt
mich in der Eagle Street umbringen wollte.« Tweed drehte das Foto um und besah sich das Datum auf der Rückseite. »Er ist vor vier Wochen mit dem Eurostar zu uns herübergekommen. Erkennen Sie sonst noch jemanden?«
»Der Typ da ist Chuck Venacki«, sagte Newman. »Aalglatter Kerl mit aalglatten Manieren. Er ist Attache an der Botschaft und geistig etwas höher angesiedelt als Waltz und Konsorten.«
»Den habe ich bisher noch nicht gesehen«, sagte Paula. »Was nicht ist, kann noch werden«, warnte Newman. »Der Mann ist intelligent und kann deshalb ziemlich gefährlich werden.«
»Venacki ist vor drei Wochen angekommen«, sagte Tweed, nachdem er auf die Rückseite des Fotos geschaut hatte. »Und der hier«, sagte Paula und tippte mit dem Finger auf ein weiteres Bild, »ist Jake Ronstadt.«
»Ist vor fünf Wochen hier eingetrudelt«, bemerkte Tweed. »Was ziemlich interessant ist. Offenbar hatte er hier schon vorab etwas in die Wege zu leiten. Möglicherweise ist er es, der das Executive Action Department organisiert hat.«
»Drei Leute sind jedenfalls auf keinem der Fotos zu sehen«, wunderte sich Paula.
»Und zwar Denise Chatel, Ed Osborne und Sharon Mandeville. Die sind den Franzosen wohl durch die Lappen gegangen.«
»Das glaube ich weniger«, wandte Tweed ein. »Es liegt wohl eher daran, daß diese drei direkt von Washington nach Heathrow geflogen sind. Genau wie Jefferson Morgenstern.« Er erhob sich.
»Das erinnert mich übrigens daran, daß ich mit Jefferson in der Residenz des Botschafters zum Abendessen verabredet bin. Sie ist ja nicht weit von hier. Morgenstern hat mich heute früh zu Hause angerufen, und ich habe sofort zugesagt.«
»Sie brauchen einen Leibwächter«, sagte Newman. »Nein, den brauche ich nicht. Jefferson ist ein Ehrenmann der alten Schule, auch wenn er sich – wie jeder in seinem Job – manchmal ziemlich hinterhältiger Methoden bedienen muss. Monica, Sie buchen immer noch die Plätze bei der Swissair, wie ich annehme?«
»Aber sicher.«
»Und Sie haben alle die Koffer mit den warmen Sachen gepackt?«, fragte er und blickte zu den anderen, die bestätigend nickten.
»Das ist gut, denn morgen früh fliegen wir mit der ersten Maschine in die Schweiz.«
»Gehen Sie aus?«, fragte Monica, als Tweed seinen Mantel anzog.
»Für die Verabredung mit Morgenstern ist es doch noch viel zu früh.«
»Das schon, aber ich muss vorher noch woanders hin.«
»Am besten warne ich Butler und Nield gleich einmal wegen des Fluges vor«, sagte Monica.
»Nein, tun Sie das nicht. Die beiden haben hier noch etwas zu erledigen und kommen erst später nach Basel. Buchen Sie für sie aber weiterhin jeden Tag zwei Plätze. So, jetzt muss ich aber los. Die Dinge geraten in Bewegung.« Nachdem er fort war, warf Monica ihren Kugelschreiber auf den Tisch und lehnte sich mit trotzig verschränkten Armen in ihrem Stuhl zurück. »Was ist los?«, fragte Newman.
»Tweed macht das in letzter Zeit ständig mit mir. Er sagt, daß er so rasch wie möglich zurück sein will, und wenn ich ihn dann frage, wo ich ihn erreichen kann, speist er mich mit Floskeln ab wie: ›Ich muss ganz schnell wohin.‹ Keine Ahnung, was er wirklich macht.« In Paulas Kopf herrschte ein einziges Durcheinander. Vorhin, als Tweed ihr wieder ganz normal und voller Aktivität erschienen war, hatte sie eine Weile nicht mehr an die Aktentasche mit den Dollars gedacht. Jetzt machte sie Monicas Murren wieder nachdenklich. Warum war Tweed nur so übermäßig geheimniskrämerisch? Und mit wem traf er sich jetzt? Marler setzte sich an Tweeds Schreibtisch und rief Cord Dillon im Bunker an. Mrs. Carson hob ab und gab den Hörer an Dillon weiter. »Cord, hier spricht Marler. Wir haben ein Problem, bei dem Sie uns vielleicht behilflich sein könnten. Natürlich nur, wenn Sie Lust dazu haben. Es geht um eine junge Frau Anfang dreißig, die in der amerikanischen Botschaft in London beschäftigt ist. Ich war gestern mit ihr zusammen beim Abendessen. Ihr Name ist Denise Chatel. Ich buchstabiere.« Im Folgenden erläuterte Marler das Problem und erzählte von dem tödlichen Verkehrsunfall, der sich vor über einem Jahr in einem kleinen Ort in Virginia zugetragen hatte. Dann gab er Dillon die Namen und Telefonnummern durch, die Denise ihm in das Notizbuch geschrieben hatte. Mehrfach mußte Dillon ihn bitten, eine Pause einzulegen, damit er mit dem Aufschreiben hinterherkam.
»Meinen Sie, daß Sie über das Telefon etwas in der Sache erreichen?«,
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