Kaltgestellt
hergebracht hat, wartet schon seit einer halben Stunde auf mich.« Nachdem sie ihre Mäntel angezogen hatten, begleitete Marler sie nach draußen, wo bereits eine Limousine wartete. Bevor Denise in den Wagen stieg, drehte sie sich zu Marler um und küßte ihn ganz leicht auf den Mund. Dann lächelte sie ihn liebevoll an. »Vielen Dank für den wunderbaren Abend. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in Verbindung blieben.«
»Das werden wir«, sagte Marler und gab ihr ein Blatt Papier, das er aus seinem Notizbuch gerissen hatte. »Das ist meine Telefonnummer«, flüsterte er ihr zu. »Wenn ich nicht da bin, können Sie auf den Anrufbeantworter sprechen. Sie brauchen nur zu sagen, daß Sie es sind, dann rufe ich Sie auf Ihrer Geheimnummer zurück.«
»Passen Sie auf sich auf, Alec. Wir leben in einer gefährlichen Welt.«
16
In dieser Nacht tat Paula kein Auge zu. Trotz zahlreicher Versuche zu schlafen, wollte ihr die Geschichte mit der Aktentasche voller Geld einfach nicht aus dem Kopf gehen. Nicht einmal ein langes, heißes Bad half etwas. Schließlich stand sie auf und machte sich einen Kaffee. Während sie ihn trank, mußte sie an das denken, was Chief Inspector Buchanan ihnen erzählt hatte: daß wichtige Persönlichkeiten in England von den Amerikanern mit riesigen Bestechungssummen gekauft würden und wie die Geldübergaben vonstatten gingen. Buchanan hatte genau geschildert, wie die Beamten der Antiterroreinheit den Amerikanern mit den Geldkoffern von der Botschaft aus gefolgt waren und gesehen hatten, wie diese sich in verschiedenen Lokalen mit ihren »Zielpersonen« getroffen hatten. Genau so hatte sich wohl auch die Begegnung zwischen Tweed und Osborne im Raging Stag abgespielt. Es mußte der Amerikaner gewesen sein, der die Aktentasche neben Tweed an das Tischbein gelehnt hatte. Paulas Gedanken drehten sich im Kreis. War Tweed zu der Überzeugung gelangt, daß sie das Spiel nicht gewinnen konnten? War er auf die andere Seite übergelaufen? Wenn sie an all die Jahre dachte, die sie mit ihm zusammengearbeitet hatte, schien ihr das völlig ausgeschlossen. Da war es sehr viel wahrscheinlicher, daß es eine andere Erklärung gab, aber Paula fiel keine ein. »Ich muss mich täuschen«, sagte sie laut. »Es gibt gar keine andere Möglichkeit.« Trotzdem war sie noch nicht überzeugt. Tweed hatte sie gelehrt, sich immer an die Fakten zu halten. Schließlich hatte sie die »Transaktion« mit eigenen Augen gesehen. Nervös schüttete sie die restliche halbe Tasse Kaffee in den Ausguß und machte sich eine Kanne Tee. Dann tigerte sie durchs Wohnzimmer und rauchte eine ihrer seltenen Zigaretten’.
»Ich geb’s auf«, sagte sie laut. Viel früher als sonst kam Paula in der Park Crescent an und war erleichtert darüber, daß sie die Erste war. Die Aktentasche mit den Dollars war verschwunden. Auf Monicas Notizblock standen drei hingekritzelte Worte: Keith Kent. Basel. Als Monica kam, saß Paula bereits an ihrem Schreibtisch.
»Während Sie gestern in der Romney Marsh waren, hat Keith Kent, der Finanzermittler, aus Basel angerufen. Er hat gesagt, daß er das Sicherheitssystem der Zürcher Kreditbank geknackt hat und jetzt sofortige Unterstützung braucht.«
»Und wie hat Tweed darauf reagiert?«
»Fragen Sie ihn bitte selber, wenn er nachher kommt.« Paula war dankbar für den Vorschlag, denn dann hatte sie wenigstens etwas, worüber sie mit Tweed reden konnte. Wenn sie bloß still dasäße, würde er sofort bemerken, daß mit ihr etwas nicht in Ordnung war. Nach einer Weile kam Newman, der sichtlich gut gelaunt war. Er grinste Paula an. »Einen wunderschönen guten Morgen«, sagte er fröhlich. »Ich wüßte nicht, was an diesem Morgen wunderschön sein sollte«, entgegnete Paula. »Heute ist es noch kälter als gestern.«
»Wenn es kalt ist, kann man gut nachdenken«, sagte Newman mit einem breiten Grinsen und ließ sich in einen der Sessel fallen. Als Nächster kam Marler, der wie immer perfekt gekleidet war; heute trug er einen neuen grauen Anzug. Er winkte den anderen zur Begrüßung zu. Kurz darauf betrat Tweed entschlossenen Schrittes das Büro und setzte sich hinter seinen Tisch. Mit geschäftsmäßiger Miene schaute er seine Mitarbeiter einen nach dem anderen an. »Monica hat mir erzählt, daß gestern Keith Kent aus Basel angerufen hat«, sagte Paula. »Er soll das Sicherheitssystem der Zürcher Kreditbank geknackt haben, was immer das auch bedeuten mag.«
»Stimmt. Langsam fügt sich alles zu einem
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