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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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nicht, wieso. Wahrscheinlich wollte sie sich einen weiteren Sermon von dieser verrückten Frau mittleren Alters ersparen.

    »Was ich sagen will, Lisbeth, ist: Arbeite deine Schuld ab. Suhl dich nicht darin.«
    »Und wie?«
    »Hilf mir herauszufinden, was mit Irina passiert ist.«
    »Aber ich war nicht auf der Party danach«, sagte sie und starrte an die Wand, als würde die Erinnerung an jene Nacht dort über eine Leinwand flimmern, die nur sie sehen konnte.
    »Wo war die Party?«, fragte ich mit Nachdruck. »Und erzähl mir nicht, dass du es nicht weißt.«
    Eine große, dicke Träne lief ihr über die Wange.
    »Bei Bennett«, flüsterte sie.
    Es überraschte mich nicht, und dennoch traf mich etwas wie ein heftiger elektrischer Schlag. Eine konditionierte Reaktion auf seinen Namen. Oder das Gewicht von unterdrückten schlechten Erinnerungen, das auf mich niederfuhr. Und obwohl es im Wesentlichen das war, was ich hören wollte, wurde mir übel.
    »Wie weit ging ihre Beziehung zu Bennett?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »War sie in ihn verliebt?«, fragte ich rundheraus.
    Eine weitere dicke Träne.
    »Nein«, sagte sie, aber in ihrer Stimme war eine Spur Unsicherheit. »Sie hat ihn nicht geliebt.«
    »Sie waren ein Liebespaar«, konstatierte ich ohne Rücksicht auf Lisbeths Gefühle. Kalte, harte Fakten.
    Sie nickte. Zwei weitere Tränen.
    »Verfolgte sie einen Plan?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte sie abermals.
    »Ich habe von mehr als einer Seite gehört, dass sich Irina einen reichen Ehemann angeln wollte.«

    Lisbeth atmete zitternd ein. Während der ganzen Zeit sah sie mich kein einziges Mal an.
    »Lisbeth, ich weiß, dass Irina vor Kurzem einen Arzt in einer Frauenklinik aufgesucht hat. Kann es sein, dass sie schwanger war?«
    Neue Tränen.
    »War sie schwanger?«
    Sie nickte kaum sichtbar.
    »Sie hat ihn nicht geliebt«, sagte sie wieder.
    »Willst du mich überzeugen, Lisbeth«, fragte ich freundlich und versuchte gleichzeitig, sie aus der Bahn zu werfen, »oder dich selbst?«
    Sie antwortete nicht. Ich seufzte und wartete, bis sich der emotionale Druck in ihr aufgebaut hatte. Ich vergegenwärtigte mir die Fotos noch einmal, die ich im Lauf der letzten Tage gesehen hatte. Lisbeth, wie sie mit gequältem Lächeln in dem purpurroten Bikini neben Jim Brody in seiner Badehose stand. Lisbeth und Irina Schulter an Schulter, Wange an Wange auf der Poolliege, jede einen Drink mit Schirmchen in der Hand, wie sie dem Fotografen zuprosten, übers ganze Gesicht lächelnd.
    »Sie fehlt dir sehr«, sagte ich sanft.
    Ihre Schultern bebten, während sie ihre Gefühlsregungen zu unterdrücken versuchte.
    Ich dachte an den Wodka in ihrer Eistruhe, der dort nicht hingehörte. An die Fotos an ihrem Kühlschrank, auf denen zu oft Irina zu sehen war.
    »Sie war deine beste Freundin.«
    Sie schloss die Augen.
    »Lisbeth?«, fragte ich und zögerte kurz. »War Irina mehr als nur deine Freundin?«

    »Ich weiß nicht, w-was Sie m-meinen.«
    »Warst du in sie verliebt?«
    Jetzt sah sie mich an, schockiert, beleidigt... schuldbewusst. »Ich bin nicht lesbisch! Und Irina war es auch nicht!«
    Ich hatte genügend Material zu einem Bild Irinas zusammengetragen, um zu wissen, dass sie zu jeder Zeit sein konnte, was sie sein wollte. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie auf Männer stand, aber es hätte mich nicht überrascht, falls sie andersherum gewesen wäre, wenn es ihr passte. Man konnte sich unschwer vorstellen, dass lesbische Handlungen bei diesen bacchantischen Orgien des Alibi-Clubs ein beliebter Zuschauersport waren - und Irina hatte das Rampenlicht geliebt.
    »Dein Start hier war ein Schock, nicht wahr?«, sagte ich leise. »Du bist hierher nach Florida gekommen, weil du dachtest, du bekommst einen Job, verdienst gutes Geld, lernst Leute kennen, hast deinen Spaß. Vielleicht hast du geglaubt, du würdest die Liebe deines Lebens kennenlernen, ich weiß es nicht. Aber du hast etwas ganz anderes bekommen.
    Du wurdest in Brodys Clique gesaugt, regelrecht überwältigt. Du bist ein gutes Kind, Lisbeth. Du wusstest nichts über diese Welt. Schnelllebig, seicht, unmoralisch. In gewisser Weise hattest du den klarsten Blick darauf, was sie war und wie falsch sie war. Du kamst von einem normalen Ort, bevölkert von normalen Menschen. An der Lebensweise dieser Menschen hier ist nichts normal. Alles ist nur Spiel, und ihnen steht alles zu, was sie haben wollen, bis sie es nicht mehr wollen. Und dann werfen sie es

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