Kaltherzig
ich glaube, dass er Foster gehört, fährt hinter ihm hinaus. Nicht Kenner, nicht Walker.
»Und der Wagen des Mädchens?«
»Fährt am späten Sonntagabend durch das Westtor hinaus.«
»Sieht man, wer ihn fährt?«
»Nein.«
»Verdammt«, sagte Landry. »Fahr zu Walker und frag bei den Nachbarn herum. Vielleicht hat jemand etwas von einer Party dort am Sonntagmorgen mitbekommen. Kenner wohnt ebenfalls im Polo Club. Wenn du bei Walker nicht fündig wirst, versuch es dort.«
»Wenn wir die Autos einem der beiden Häuser zuordnen können, besorge ich einen Durchsuchungsbefehl«, sagte Weiss. »Soll ich Walker und Kenner inzwischen zu einer Vernehmung abholen lassen?«
»Nein«, sagte Landry. »Wir warten, bis wir genügend für einen Haftbefehl beisammenhaben. Sie jetzt abzuholen, bringt nur ihre Anwälte auf die Palme und liefert Dugan einen weiteren Vorwand, uns in die Mangel zu nehmen. Aber ich werde mit Dugan reden, damit er sie beschatten lässt.«
»Gut.«
»Gab es Fingerabdrücke in dem Wagen?«
»Ein paar Teilabdrücke, das ist alles.«
»Besser als nichts.«
»Ich setze auf den Fußabdruck«, sagte Weiss. »Was ist bei der Perkins herausgekommen?«
»Ich habe sie noch nicht vernommen. Sie sieht aus wie ein Spezialeffekt aus einem Horrorfilm. Und sie ängstigt sich zu Tode, aber sie behauptet, sie weiß nicht, wer sie überfallen hat.«
»Ich dachte, du hast sie noch nicht vernommen?«
»Ich muss Schluss machen«, sagte Landry und beendete das Gespräch.
Er rief sofort Dugan an und informierte ihn über die Videos aus den Wachhäuschen.
»Gibt es eine Möglichkeit, die Pässe der Männer zu sperren?«, fragte er. »Sie verfügen über Privatflugzeuge.«
»Ich rufe den Staatsanwalt an«, sagte Dugan. »Aber vermutlich nicht. Solange es nicht für einen Haftbefehl reicht, dürfen sie sich ungehindert bewegen.«
»Können wir sie beschatten?«
»Damit sich Estes und Shapiro über Belästigung und Schikane empören?«
»Aus der Ferne.«
Dugan zögerte.
»Herrgott noch mal«, brauste Landry auf. »Müssen wir Bitte und Danke sagen, wenn wir ihnen die Handschellen anlegen? Müssen wir die Erlaubnis ihrer Anwälte einholen, wenn wir einen von ihnen verhaften, weil er ein Mädchen ermordet und es an die Alligatoren verfüttert hat? Wer das getan hat, der ist ein gottverdammter Verbrecher. Es kümmert mich einen Scheißdreck, wie viel Geld er auf dem Konto hat.«
»Ja, das ist alles sehr sozial gedacht von Ihnen, James. Aber die Wirklichkeit - die Sie so gut kennen wie ich - sieht eben so aus, dass gesellschaftlicher Rang Privilegien mit sich bringt. Das Leben ist nicht fair. Wer älter ist als sechs und das noch nicht begriffen hat, sollte mal langsam aufwachen und sich umsehen.«
»Die Antwort lautet also Ja«, sagte Landry. »Ich muss nach Hause gehen und die weißen Handschuhe und meine Feiertagsmanieren hervorholen, ehe ich eins von diesen Arschlöchern verhafte.«
»Und wenn es so weit ist, Landry, muss jedes i-Tüpfelchen
auf der eidlichen Erklärung stimmen, sonst wird Edward Estes Ihren Haftbefehl fressen und einen Antrag auf Ablehnung scheißen. Verstanden?«
»Laut und deutlich.«
»Was macht die andere Estes eigentlich?«, fragte Dugan.
»Woher soll ich das wissen?«
»Sie haben so eine Art, ihr ständig über den Weg zu laufen. Muss ich mir darüber Sorgen machen?«
Landry antwortete nicht sofort, sondern bedachte die möglichen Auswirkungen. Wenn er Dugan erzählte, dass Elena im Krankenhaus bei Lisbeth war, würde Dugan etwas unternehmen, um sie aus dem Weg zu bekommen. Und sie damit auch aus der Gefahrenzone schaffen, dachte Landry. Aber Elena von etwas abhalten zu wollen, war keine leichte Aufgabe.
Wenn sie andererseits annahm, dass Landry hinter Dugans Handeln stand - und das würde sie -, konnte der letzte Rest Vertrauen, den sie vielleicht noch in ihn hatte, verloren sein, wahrscheinlich für immer.
Und auch wenn sie keine Dienstmarke mehr trug, war das ihr Fall. Es war ihre Vendetta, falls Walker tatsächlich Irina ermordet hatte. Durfte er ihr das nehmen? Sollte er?
»Landry?«
»Ja, ich bin hier. Mein Telefon hat ausgesetzt. Was sagten Sie gerade?«
»Die Medien werden die ganze Geschichte von vor zwanzig Jahren ausgraben«, sagte Dugan. »Sie war mit Bennett Walker zusammen. Hat wegen Vergewaltigung und Körperverletzung gegen ihn ausgesagt. Jetzt ist sie wieder mittendrin. Edward Estes’ Tochter. Das könnte ein äußerst
verzwickter Interessenskonflikt
Weitere Kostenlose Bücher