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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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gedreht, und dabei hat sie jemand gepackt.«
    »O mein Gott.«
    »Ich überlege mir gerade, ob ich mich darüber aufregen soll oder ob ich einfach mit einem Achselzucken darüber hinweggehe«, sagte ich sarkastisch. »Zumal sie nicht tot ist, sondern nur wünscht, sie wäre es. Was denken Sie?«
    »Ich denke, Sie versuchen mir etwas klarzumachen, was ich bereits begriffen habe.«
    Das ließ mich zögern.
    »Ich habe viel nachgedacht, viel Seelenschau betrieben.«
    »Gut zu wissen, dass Sie eine haben.«
    »Ich habe es wohl nicht besser verdient.«
    »Das denke ich auch.«
    Er seufzte und versuchte es noch einmal von vorn. »Bitte treffen Sie sich mit mir, Elena. Oder ich kann zu Ihnen kommen. Was Ihnen lieber ist.«
    Es war mir lieber, ihn nicht zu mir nach Hause kommen zu lassen, wo meine einzige Zeugin in tiefem Schlaf lag. Ich hatte keinen Grund, ihm zu trauen. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass einer aus dieser Clique Lisbeth angegriffen - oder jemanden dafür bezahlt - hatte. Ohne Frage hatten sie am Abend zuvor die Köpfe zusammengesteckt, nachdem sie von meiner Vergangenheit als Detective erfahren hatten. Brody wusste, dass ich Lisbeth befragt und ausgequetscht hatte. Und Barbaro wusste es auch.
    Statt mich aus der Gleichung zu nehmen, wählten sie den einfacheren Weg und attackierten Lisbeth. Es ist leichter, den Hahn zuzudrehen, als den Eimer verschwinden zu lassen.

    »Worum geht es?«
    »Bennett.«
    Ich sagte nichts.
    »Treffen wir uns im Untergeschoss bei Players. Ich möchte mit Ihnen reden, ehe ich zu den Detectives gehe. Bitte, Elena, geben Sie mir diese Chance.«
    Er wandte sich gegen Bennett. Ich hätte schockierter nicht sein können... dann kam Hoffnung auf und schließlich Misstrauen.
    »Eine Seele und ein Gewissen«, sagte ich. »Klingt zu schön, um wahr zu sein.«
    »Kommen Sie, bitte«, sagte er.
    »Ich bin in zwanzig Minuten dort«, sagte ich und klappte das Handy zu.

47
    Einige Übertragungswagen von Nachrichtensendern hatten auf dem Hauptparkplatz des Players Stellung bezogen. Pythondicke Kabelstränge schlängelten sich von den Fahrzeugen zu den bevorzugten Stellen für Außenaufnahmen, wo blendende weiße Scheinwerfer und Schirme auf Teleskopbeinen standen und auf das Moderationstalent warteten, das vor sie treten würde.
    Durch die Gerüchte über den Alibi-Club und seine Mitglieder war der Mord an Irina wieder groß in den Schlagzeilen. Der Parkplatz hier war der letzte öffentliche Ort, an dem Irina Samstagnacht gesehen worden war, es lag deshalb nahe, ihn als Hintergrund zu wählen. Während ich
zuschaute, trat eine blonde Frau mit sehr ernster Miene in eine der Kulissen, um ihr Ding zu machen.
    Der schlaksige Junge arbeitete heute wieder als Einparker. Sein Haar stand in die Höhe. Er wirkte überfordert, was vermutlich ständig der Fall war, wenn man bedachte, wie langsam sich die Rädchen seines Gehirns drehten.
    »Wo ist dein Freund Jeff?«, fragte ich ihn.
    »Keine Ahnung«, sagte er etwas kurzatmig. »Er hat Verspätung, das weiß ich. Und es ist echt viel Betrieb.«
    Er hastete los, um die Türen eines cremefarbenen Bentleys zu öffnen. Ich ging in den Club, nahm die Treppe ins Untergeschoss und sagte dem Oberkellner, ich sei mit Mr. Barbaro hier verabredet.
    Wir waren gerade weit genug in den Speisesaal vorgedrungen, dass ich mich nicht mehr elegant zurückziehen konnte, als ich den wahren Grund für das gesteigerte Medieninteresse erblickte: Bennett Walker und mein Vater beim Abendessen. Es war ein Publicity-Gag, der genau die Handschrift meines Vaters trug. Er wollte, dass die Öffentlichkeit sah, wie Bennett - gut aussehend, gut gekleidet, mit tadellosen Manieren - eine ernsthafte Unterredung mit seinem gut aussehenden, gut gekleideten und angesehenen Anwalt hatte. Nur mein Vater konnte die Leitung des Clubs so einschüchtern, dass sie Kameras im Speisesaal zuließen.
    Meine Füße blieben wie von allein stehen, und ich konnte nicht anders, als sie anzustarren.
    Mein Vater hielt Hof und musste mich erst noch bemerken. Sein Haar war inzwischen vollkommen grau, und sein Gesicht sah ein wenig hager aus, aber ansonsten schien er noch ganz der Alte zu sein: arrogant, intelligent und vor den Kameras in seinem Element.

    Ein Mischmasch widerstreitender Gefühle stürmte in diesem Augenblick auf mich ein. Genau wie bei Bennett hätte ich gern gar nichts empfunden, da ich meinen Vater nach so vielen Jahren zum ersten Mal wieder sah. Aber das war natürlich nicht möglich. Die

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