Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
Vom Netzwerk:
Mich musterte sie von Kopf bis Fuß und sah mich böse an. Kleines Miststück.
    »Sie sagten, Sie kannten Irina.«
    »Ja. Das war schon eine.«
    »Kennen Sie jemanden von ihren Freunden? Eine Freundin, der sie sich vielleicht anvertraut hat?«
    Er schüttelte einen Martini. Muskeln spielten in seiner Brust und den Unterarmen.

    »Wenn Sie meine Meinung hören wollen: Irina hatte Bekannte und Rivalinnen, keine Freunde. Sie kam mir nicht vor wie die Sorte Mädchen, die sich irgendwem anvertraut.«
    »Rivalinnen?«
    »Die Mädchen, die sich mit dem Haufen hier herumtreiben, wollen alle dasselbe, und es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Multimillionären und gut aussehenden Polospielern, die zu haben sind.« Er sah mich komisch an. »Sie haben mit ihr gearbeitet. Sie müssen doch mehr über sie wissen als ich.«
    »Mir wird allmählich klar, dass ich sie überhaupt nicht kannte«, sagte ich. »Was ist mit Lisbeth Perkins? Sie war doch eine Freundin.«
    »Kleinmädchen-Verliebtheit.«
    »Lisbeth ist lesbisch?«
    »Nein«, sagte er. »Es war mehr eine Art Heldenverehrung. Irina war glamourös, exotisch, kultiviert, selbstsicher.«
    Alles, was Lisbeth nicht war.
    »Kam Irina einmal mit einem Freund hierher?«
    »Nein.« Er goss den Drink ein und fügte zwei Oliven hinzu.
    »Ist sie je mit einem Freund hier hinausgegangen?« »Nicht, dass ich es bemerkt hätte«, sagte er. »Aber mein Sehvermögen nimmt rapide ab, wenn sich die Leute dem Ausgang nähern.«
    »Könnte eine Geldspritze diesen Zustand bessern?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Hat eine Geldspritze das Problem verursacht?«
    »Ich habe andere Kunden«, sagte er und wandte sich ab.

    Mit der linken Hand stützte er sich auf die Theke. Ich packte ihn am Handgelenk.
    »Sie ist tot, Kayne. Wenn Sie etwas wissen, ist das verdammt viel mehr wert als ein großzügiges Trinkgeld. Bei einer Affäre wegzusehen ist eine Sache. Aber Irina wurde ermordet. Wenn Sie etwas darüber wissen und es gegenüber der Polizei abstreiten, begehen Sie eine Straftat. Sie können als begünstigter Mitwisser belangt werden.«
    Er entzog sich meinem Griff. »Ich weiß nicht, wer Irina getötet hat. Wenn ich es wüsste, würde ich es den Detectives sagen. Wollen Sie noch einen Drink?«
    »Nein, danke.«
    »Das macht dann sechs fünfzig.«
    Er entfernte sich. Ich trank aus, legte einen Zehner auf die Theke und ging in die Eingangshalle zurück. Ich war frustriert. Hier gab es Leute, die etwas wussten, aber man bekam es nicht aus ihnen heraus. Selbstsüchtige, gewissenlose Dreckskerle. Vielleicht hätte ich Alexi Kulak eine Liste mit ihren Namen geben sollen.
    Ich ging nach unten und kam auf dem Weg zur Damentoilette am Restaurant vorbei, wo ich Sean sitzen sah. Er aß ein Schweinekotelett und las in der Zeitschrift POLO . Er blickte nicht auf, als ich auf seinen Tisch zuging. Er blickte nicht auf, als ich gegenüber von ihm Platz nahm.
    »Du siehst einsam aus hier hinten«, sagte ich.
    »Mir war nicht nach Gesellschaft«, sagte er. Die Schuldgefühlnummer. Ich hatte es wohl verdient.
    Ich seufzte und stützte die Ellenbogen auf die Tischplatte. Meine Mutter wäre gestorben, wenn sie es gesehen hätte.
    »Es tut mir leid wegen heute Morgen«, sagte ich. »Ich
hätte nicht andeuten dürfen, dass du mich nicht unterstützt. Mein Gott, du warst den größten Teil meines Lebens die einzige Stütze, die ich hatte. Du weißt, was mir das bedeutet.«
    Meine Augen begannen zu brennen. Ich hätte Tränen in ihnen gehabt, wäre da nicht der Schaden gewesen, den der »Zwischenfall« verursacht hatte, wie es mein Anwalt gern nannte.
    Seans Miene wurde weicher, er streckte die Hand über den Tisch und legte sie auf meine. »Ich mag dich wirklich sehr, Schätzchen«, sagte er aufrichtig. »Ich will nicht mit ansehen, wie du die Tür zu all diesem Elend wieder aufstoßen musst.
    Ich hasse Bennett Walker mindestens halb so sehr wie du. Wenn er etwas mit dem Mord an Irina zu tun hat, dann will ich ihn im Gefängnis sehen. Aber ich will nicht, dass dich die Sache zerreißt, Elena. Ich weiß noch, wie es während Bennetts Prozess war, was es dir angetan hat. Es hat mir schier das Herz gebrochen.«
    In meinem Hals steckte ein Kloß von der Größe eines Krabbenbällchens. Ich musste den Blick abwenden, um mich in den Griff zu bekommen. Meine Augen gingen zu der Zeitschrift, in der er las, aber ich nahm sie nicht wirklich wahr.
    »Ja«, versuchte ich zu scherzen, »es hat mich zu dem neurotischen Wrack gemacht, das

Weitere Kostenlose Bücher