Kaltherzig
Weiss den entsprechenden Knopf gedrückt? Oder die Medien?
Die Geier von der Presse würden bald an der Sache dran sein. Es wunderte mich, dass es noch nicht passiert war. In dem Moment, in dem sie Wind davon bekamen, welche Männer zuletzt mit Irina gesehen worden waren, würden sie wie tollwütig loslegen, vor allem, wenn Bennett Walkers Name auftauchte. Und ich wusste mit Bestimmtheit, dass es passieren würde, während ich hier mit Jim Brody in der Einfahrt von Star Polo stand.
Ich wusste es, weil ich selbst angerufen hatte.
»Kann ich Ihnen sonst irgendwie behilflich sein?«, fragte Brody. »Ich will Sie nicht rausschmeißen, Elena, aber ich werde woanders erwartet.«
»Nein, nein«, sagte ich und warf einen Blick zu Lisbeths Wagen zurück.
»Ich habe Lisbeth ein paar Sachen gebracht«, sagte ich und hob meine Handtasche hoch, sodass er sie bemerkte. »Fotos von Irina, die sie vielleicht haben möchte. Ich weiß, dass die beiden eng befreundet waren.«
»Ich habe sie nicht gesehen«, sagte er und schaute sich um. Er tat, als würde er nach ihr Ausschau halten. »Ich glaube, sie ist nicht hier.«
»Finden Sie das nicht merkwürdig?«, fragte ich. »Ihr Wagen ist hier.«
»Wahrscheinlich ist sie mit einer Freundin irgendwohin gefahren«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
»Da haben Sie wahrscheinlich recht.«
Ich dankte ihm und ging zu meinem Auto. Er stieg in seinen Escalade. Ich folgte ihm aus der Zufahrt hinaus. Er bog links ab. Ich bog rechts ab. Nach rund einer Meile wendete ich und fuhr zurück.
Ich ging in die Scheune, traf denselben Arbeiter an, mit dem ich zuvor gesprochen hatte, und erzählte ihm, ich müsste Lisbeth etwas geben und würde es ihr gern vor die Tür legen. Ob er wüsste, wo sie wohnt.
O ja, sie wohne oben, über den Stallungen. Aus der Scheune hinaus und die Treppe links. Er würde es mir zeigen. Ich sagte, das sei nicht nötig, und dankte ihm.
Niemand achtete auf mich, als ich zu Lisbeths Appartement hinaufging. Vom Treppenabsatz aus sah ich einen Reiter mit je drei Polopferden auf beiden Seiten die Zufahrt hinuntergehen. Von den Waschgestellen aus war ich nicht zu sehen. In die andere Richtung schirmte eine Reihe dichter Bäume den Stallbereich vom Haupthaus ab.
Ich klopfte an die Scheibe in der Tür und wartete. Ich
klopfte ein wenig fester und wartete. Ich versuchte den Türknauf. Abgesperrt.
Durch das Glas und einen hauchdünnen Vorhang konnte ich den Wohnbereich des winzigen Appartements sehen. Eine Couch, ein Sessel, ein unaufgeräumtes Fernsehschränkchen, ein Kaffeetisch, der voller Zeitschriften lag. Eine Frühstückstheke trennte die Mini-Küche ab.
Ich klopfte ein letztes Mal an die Scheibe, dann zog ich einen simplen Dietrich aus meiner Tasche und öffnete mir selbst.
38
»Ich habe Neuigkeiten für Sie, Detective Landry«, sagte Mercedes Gitan und streckte den Kopf aus der Tür des Autopsiesaals.
»Gute?«
»Ansichtssache«, sagte sie. »Kommen Sie herein. Wir sind gerade mit einer Ertrunkenen fertig geworden.«
»Da fängt der Tag doch gleich ganz anders an«, sagte Landry.
Gitan zog sich die Haube vom Kopf, unter der ein dunkler Lockenkopf zum Vorschein kam, und warf sie zusammen mit den Handschuhen in einen Mülleimer. »Traurige Sache. Eine junge Frau, die das ganze Leben noch vor sich hatte.«
»Genau wie Irina Markova. Was gibt es?«
»Der toxikologische Befund ist gerade gekommen.«
»Drogen?«
»Ecstasy. Eine ganze Menge.«
»Das ist keine große Überraschung, wenn man bedenkt, auf welcher Art Party sie war. Viel X, viel Sex.«
»Sie hat aktiv daran teilgenommen. Keine Vergewaltigungsdrogen.«
»Irgendwas unter den Fingernägeln?«
»Ja, allerdings. Ihre eigene Haut«, sagte Gitan. »Sie hat wahrscheinlich versucht, die Finger unter das Tatwerkzeug zu schieben, mit dem sie erdrosselt wurde.« Sie stellte den Vorgang pantomimisch dar.
»Sonst etwas?«
»Winzige Reste von Lederfasern. Ich denke, sie wurde mit einer dünnen Lederschnur erdrosselt. Die Fasern, die ich aus ihrem Hals entfernt habe, scheinen ebenfalls Leder zu sein.«
»Aber nichts, was uns einen Hinweis auf ihren Mörder liefern könnte?«
»Leider nein. Brauchen Sie unbedingt etwas?«
»Nein. Ich habe eine Reihe heißer Kandidaten, aber mein Leben wäre sehr viel einfacher, wenn ich sagen könnte: ›Sie waren es. Und hier ist der Beweis.‹«
»Mein Leben wäre einfacher, wenn George Clooney mich in seine Villa in Italien entführen würde«, sagte Gitan.
»Ha,
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