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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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nichts heraus.
    »Falls du nichts mehr zu sagen hast«, fuhr ich fort, »dann suche ich dem Mädchen jetzt eine Ärztin, die die Pubertät schon hinter sich hat.«
    »Sie haben alle einen Anwalt«, sagte er. »Brodys Clique.«
    »Ich weiß. Ich bin Brody heute Morgen über den Weg gelaufen.«
    »Dann weißt du, wer sein Anwalt ist.«
    »Ja.«
    »Und wie wird das für dich sein?«
    »Beschissen«, sagte ich und war wütend auf ihn, weil er das Thema zur Sprache brachte. »Ich werde eine der schlimmsten Zeiten in meinem Leben noch einmal durchleben, weil die Presse alles umgraben wird wie einen Komposthaufen. Und mein geschätzter Vater - der durch sein Handeln ein größerer Bastard ist als ich per Definition - wird auf mich eindreschen und aller Welt erzählen dürfen, ich sei geistig labil, eine beklagenswerte, verbitterte Frau, die alles Mögliche tun würde, um das Leben des Mannes zu zerstören, der sie vor zwanzig Jahren verlassen hat. Wie würdest du dich fühlen?«
    Darauf konnte er nichts erwidern. Landry war in einer
normalen Mittelschichtfamilie aufgewachsen. Er wusste nicht, wie es war, sich in dem einzigen Zuhause, das man hatte, als Fremder fühlen zu müssen, von den einzigen Menschen verraten zu werden, auf die man sich bedingungslos verlassen können sollte.
    Wie würdest du dich fühlen? Wie fühlte ich mich? Wütend, weil diese Erinnerungen noch immer so viel Macht über mich hatten.
    Landrys Pager piepste los. Er sah auf die Nummer und runzelte die Stirn.
    »Geh lieber ins Freie, um zurückzurufen«, sagte ich, froh um den Vorwand, ihn loszuwerden. »Bevor alle Herzschrittmacher im Gebäude verrücktspielen.«
    Er hakte das Ding wieder an seinen Gürtel.
    »Ich ruf dich an, wenn ich etwas weiß«, sagte er.
    Der Olivenzweig, dachte ich. Oder ein Köder. Oder eine dünne Leine, um die Verbindung zwischen uns zu halten.
    »In Ordnung«, sagte ich leise. »Danke.«
    Er wandte sich zum Gehen, dann drehte er sich noch einmal um, legte mir die Hand an den Hinterkopf und küsste mich mit unterdrücktem Frust.
    »Bitte lass dich nicht umbringen«, sagte er.
    Ich stand überrascht und überrumpelt da, sah ihm nach und fragte mich, ob ich einen der wenigen Menschen von mir stieß, die bei dem, was nun bevorstand, vielleicht hinter mir stehen würden.

42
    Edward Estes war ein distinguiert aussehender Mann: gepflegt, schlank, elegant gekleidet. Sein Gesicht schien sich wie von allein zu einem missbilligenden Ausdruck zu ordnen.
    Alexi Kulak saß in seinem Büro im Hinterzimmer von Magda’s Bar und beobachtete Edward Estes im Fernsehen mit einer Intensität, die dem Mann Angst gemacht hätte, hätte er sie sehen können.
    Estes.
    Alexis Blut kam jedes Mal stärker in Wallung, wenn er den Namen am unteren Rand des Bildschirms las.
    Das ist kein sehr gebräuchlicher Name, dachte er. Er wusste von verschiedenen Bemerkungen Irinas, dass Elena Estes aus einer reichen Familie kam. Sie kannte diese Männer, mit denen sich Irina eingelassen hatte. Und nun wurden diese Männer von einem teuren Anwalt desselben Namens vertreten.
    Wie weit gehörte die Frau, die er dazu auserkoren hatte, den Mörder seiner Irina zu finden, eigentlich zu dieser Gruppe?
    Mit jeder Minute, die verging, wuchs seine Überzeugung, dass sie ihm den Namen des Täters niemals verraten würde. Sie würde ihn anlügen. Sie würde lügen, um ihre Sippe zu schützen.
    Es klopfte einmal an seiner Tür, ehe sie aufging und Swetlana Petrova den Kopf ins Zimmer streckte.
    »Ich habe dir Lunch gebracht«, sagte sie und schlüpfte ins Büro.

    Alle ihre Bewegungen haben etwas Schlangenartiges, dachte Alexi. Und in ihren Augen war auch immer dieser Blick: kalt, durchtrieben. Sein Verstand, der ganz verdreht war vor Trauer und Schlafmangel und wegen der Pillen, die er schluckte, um wach zu bleiben, legte ein Bild von Irina über ihres. Irina, hochgewachsen, elegant, stolz. Irina, schlank und anmutig, mit Augen, die groß und wachsam waren, und Lippen, voll wie reife Beeren. Dann verblasste das Bild, und er sah wieder nur Swetlana. Swetlana, klein und untersetzt, berechnend. Swetlana mit ihren Schweinsäuglein und dem grellen Make-up, mit ihrer zu eng sitzenden Kleidung und mit Haar, das zu hoch aufgetürmt war und vor Spray starrte.
    Sie kam um den Schreibtisch herum und setzte sich auf die Arbeitsplatte.
    »Du bist zu traurig, Alexi«, sagte sie. »Du quälst dich. Es war nicht deine Schuld. Irina hat getan, was sie wollte, und das ist dabei

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