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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friede Birkner
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sah er schon Rübezahls Spitzbart über dem Geländer der Bodentreppe erscheinen und hörte die brummige Frage: »Brennt's irgendwo?«
    »Ich glaube die Beruhigung aussprechen zu dürfen, daß es außer unter dem Wasserboiler nirgends brennt.«
    »Wer ist denn da so witzig?« hörte er Marys Stimme. »Ihr geliebten Dackelviecher, sucht ihr vielleicht Mäuslein?«
    »Im Schlößchen hat es niemals Mäuse gegeben!« verteidigte Kuno mehr tapfer als gescheit die Ehre seines Hauses. »Ich meine, die alte Lina klagte niemals darüber.«
    »Immerhin beruhigend«, kam mit ganz winzigem Zögern Marys Antwort. »Und was veranlaßt Sie, hierher zu kommen?« Noch sah er sie nicht und war froh, daß sie nicht bemerken konnte, wie verlegen er war. Er holte tief Atem und antwortete:
    »Herr Professor läßt sagen, daß Fräulein Horn angekommen ist. Und ich solle fragen, ob Fräulein Bergemann und Herr Brunnig meine Hilfe brauchten«, setzte er von sich aus hinzu.
    »Ausgezeichnet. Da können Sie gleich mal anpacken, damit wir die eine Kiste vorziehen, um an die anderen besser heranzukommen.« Brunnig packte auch mit an, und so zogen, schoben und stemmten sie die nicht eben leichte Kiste zur Bodentür. Dabei mußte Kuno daran denken, wie er vor einem knappen Jahr unter Hilfe vom alten Hedrich eben diese Kiste stöhnend und unter größter Kraftanstrengung in die Bodenkammer gebracht hatte.
    »Michel, wollen wir diese Bücher gleich mit nach unten nehmen und sie in der Bibliothek registrieren, oder stört das dein System?«
    »Mitnehmen, wenn du mich fragst; so wenig wie möglich hier oben in dem Schwitzbad arbeiten. Aber trag das lädierte Kirchenbuch sorglich. Ich glaube, da haben wir eine Kostbarkeit entdeckt.« Und ob dies alte Buch kostbar war! kommentierte Kuno mal wieder. Aber so eine Kostbarkeit, mit der im Arm man glatt verhungern konnte, wenn man dafür keinen Käufer fand.
    »Soll diese Kiste auch in die Bibliothek gebracht werden, Fräulein Bergemann?«
    »Was meinst du, Michel, wäre das richtig?«
    »Fraglos. Aber das Biest ist teuflisch schwer, und ich bin kein Athlet.«
    »Ich werde nach dem Abendessen mit Hedrich zusammen die Kiste nach unten tragen, wenn es Fräulein Bergemann recht ist.« Ruhig sah er sie an, ruhig gab sie den Blick zurück, und eine Sekunde war es, als spränge ein elektrischer Funke zwischen ihnen über. Dann runzelte sie ärgerlich die Stirn, knallte völlig unerwartet einen dicken Folianten auf den anderen, mußte aber lachen, als Michel jammernd, als hätte man ihm ein geliebtes Kind geraubt und mißhandelt, darauf zusprang und den obersten Folianten an sein Herz drückte. »Mädel, bist du wahnsinnig?«
    »Weg ist der Staub - das war meine Absicht. So, nun glaube ich, wären wir für heute hier oben fertig, und ich mache mit den Hunden noch einen Spaziergang, da Achim doch wohl mit Fräulein Horn über verschiedenes sprechen wird.« Sie pfiff den Hunden, die ihre Suche nach nicht vorhandenen Mäusen bedauernd aufgaben, aber immerhin einer neuen Sensation gegenüber durchaus aufgeschlossen waren. Mit Gekläff rasten sie sämtliche Treppen hinunter, damit nur niemand im Schlößchen überhörte, daß sie »gassigassi« gingen.
     
    Tante Schirin mußte nun endlich ihre Nichte begrüßen und nahm sie herzlich in die Arme.
    »Gut, Kind, daß ich nun auch dich unter meiner Kontrolle habe. Ihr Gleichens seid mir ein bissel zu abenteuerlich, und ich möchte keine eurer weiteren Dämlichkeiten verpassen. Hast du in München alles gut abgewickelt?«
    »Bringe ein gutes Zeugnis von meinem bisherigen Chef mit, der es tatsächlich bedauerte, daß ich kündigte. Habe unsere kleine Wohnung gut versorgt, dem Hausherrn die Adresse hier gegeben, Lichtsicherungen ausgedreht, Wasserhähne versorgt und mich überzeugt, daß keinerlei verderbliche Lebensmittel herumliegen. Zufrieden, Tante?«
    »Nun ja, man muß doch wissen. Und wie war die Fahrt?«
    »Der Zug war leider zum Wochenende sehr voll und in meinem Abteil ein nicht gerade angenehmer Mitreisender. Übrigens ein Mann von einer erschreckenden Schönheit, die nur durch eine rote, entstellende Narbe quer über die linke Wange beeinträchtigt war. Aber sah man ihn von der unverletzten Seite, konnte man sich vorstellen, wie schön dieser Mann gewesen sein muß, ehe er diese schlimme Narbe bekam. Er schien auch einen lahmen Arm zu haben und ließ sich von einem nicht sehr angenehm wirkenden Freund helfen. Nun, jedenfalls stiegen sie in der Kreisstadt aus.

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