Kammerdiener gesucht
Seltsam, daß mich dieser Mensch so beeindruckte.«
»Gibt es. Böse Menschen haben manchmal ein starkes Anziehungsmoment. Vielleicht hat der seine Narbe verdient. Na, und sonst?«
»Ich bin guten Willens, hier meine Pflicht zu erfüllen und mich dankbar in alles zu fügen, was man von mir erwartet.«
»Das brave Gertraudchen! Haste mal was zu schimpfen, dann tu es an meiner Brust, solange ich noch hier bin. Ewig kann ich ja nicht bleiben, aber den Sommer stehe ich noch hier durch.«
»Du, Tante, man gebraucht doch oft den Ausdruck, daß einer schön wie Luzifer ist?«
»Hm- wen meinste denn damit?« Tante war mit dem Auspacken von Gertraudes Koffer beschäftigt. »Nett, das Blüschen. Muß nicht gebügelt werden?«
»Ja, man sagte es mir. Aber höre mir doch zu! Ich kann diesen sonderbar schönen Mann nicht vergessen, vor dem es mich dennoch gegraust hat.«
»Hysterisch geworden? Mußt mehr Milch trinken, dann wird's wieder besser .So - nun mach dich fertig, man läßt seinen Chef nicht warten. Und mach keine Dummheiten! Mir reichen die schon aus, die ihr hier angerührt habt, und ich bin gespannt, wie das mal zu einem Ende kommt.«
»Oh, Tante!« Gertraude sah Schirin zagend an. »Ich habe in den letzten Tagen, als ich so viel allein war, sehr oft daran gedacht, ob wir richtig gehandelt haben. Aber Doktor Schöner beruhigte mich und lachte mich aus, als ich ihm vorjammern wollte.«
»Na also, der muß es schließlich wissen. Nun mach dir das Haar ein bissel nett, zieh dies hübsche Blüschen an und lege deine charmante Platte auf.«
»Tante, ich bin ja so glücklich, wieder in Gleichen zu sein, daß mir die Begleitumstände beinahe gleichgültig werden - nur hier sein! Du bist hier, Kuno und die Dackelviecher auch, und es ist beinahe wie einst.«
»Schluß mit der Rührung! Schau zu, daß du weiter kommst. Freu dich, bei euch gibt's heute abend Brathühnchen mit Salat!« versuchte Schirin resolut die elegische Stimmung Gertraudes zu vertreiben.
Es war beinahe so, als müßten sowohl Achim wie auch Gertraude erst eine gewisse Verlegenheit überwinden, als sie ihm gegenüber saß. Gedanken, die sie beide beschäftigt hatten, standen zwischen ihnen, und Achim mußte sich einen Ruck geben, damit er ruhig und sachlich war. »Wenn es Ihnen recht ist, Fräulein Horn, fangen wir schon morgen mit der Arbeit an.«
»Darum bin ich doch hier, Herr Professor.«
»Eigentlich wären diese Tage doch Ihre Ferien?«
»Bedeutet es denn keine Ferien von Benzingeruch und Straßenlärm, daß ich hier in der herrlichen Umgebung sein darf?«
»Wo verlebten Sie denn früher Ihre Ferien?«
Wahrheitsgemäß antwortete sie: »Immer auf dem Lande, Herr Professor, und möglichst da, wo Wald ist.« Während sie mit ihm sprach, mußte sie sich öfter zu Castor und Pollux beugen, die voll wilder Freude, das Frauchen endlich wieder zu haben, um Zärtlichkeiten bettelten.
»Sind Ihnen die Tiere nicht lästig?«
»Können Tiere lästig sein?« war ihre reizende Antwort. Dann wurde sie aber ein wenig verlegen, denn der ruhige und gütige Blick Achims machte sie unsicher. »Ich finde diese beiden Dackel ganz besonders lieb und hoffe, daß auch Sie Freude an ihnen haben.«
»Unbedingt, wenngleich ich nicht versucht habe, sie zu erziehen. Sie waren da und spielten sich auf, als wäre dies hier ihr Zuhause. Mein Kammerdiener hat sehr viel Talent, die Dackel zu erziehen. Sie parieren ihm aufs Wort - ich muß dagegen meist erst mit einem Keks oder einem Donnerwetter vorgehen.« Gertraude wurde rot bei seinen Worten. Wie gern hätte sie ihm die Wahrheit bekannt! Aber das war nun eben nicht möglich. Dann wanderte das Thema zur bevorstehenden Arbeit; Achim erklärte, wie er sich die Einteilung dachte, und fragte sie, wie lange sie wohl ohne Pause Diktat aufnehmen könne.
»Unbegrenzt, Herr Professor, ich werde kaum früher ermüden als Sie mit dem Diktat. Bitte sich darüber keine Gedanken zu machen. Werden Sie hier unten diktieren?«
»Das wohl kaum; ich habe neben meinem Zimmer noch ein kleines Zimmer und dachte mir dies als Arbeitsraum für uns.« Gertraude kannte dieses Zimmer genau, es war früher schon als Büro benutzt worden. »Meine Schwester und mein alter Freund sind noch dabei, wie Sie wissen, die große Bibliothek in Ordnung zu bringen.«
»Eine schöne, aber auch langwierige Aufgabe, wie ich mir denke.« Genau wußte Gertraude dies, hatte sie selbst doch oft versucht, Ordnung in die Bibliothek zu bringen, war aber
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