Kammerdiener gesucht
immer von dringenderen Sorgen abgehalten worden.
»Brunnig ist ein Bücherwurm, und Mary hat einen beachtlichen Dickkopf und Ehrgeiz. Das zusammen wird der Bibliothek sehr gut bekommen. Allerlei Kostbarkeiten sollen im Bücherbestand noch verborgen sein, und ich habe schon daran gedacht, Doktor Schöner, welcher uns den Kauf von Torhaus Gleichen vermittelte, einmal kommen zu lassen, denn ich möchte keinesfalls die letzten Besitzer dieses Anwesens um solche in Bausch und Bogen mit erworbene Schätze betrügen. Ich werde eine Nachzahlungssumme vereinbaren.«
Gertraude war froh, schon bei Doktor Schöner vorgesprochen zu haben, so daß dieser wußte, wen er hier als Kammerdiener und Sekretärin antreffen würde.
Mary kam, begrüßte sie und bat sie beide zum Abendessen. Mary und ihr Bruder hatten eine freundliche Art, die es Gertraude ermöglichte, auch heiter und natürlich zu sein.
Als sie sich nach dem Essen verabschiedete, nickte Brunnig ihr freundlich zu. »Morgen fängt für Sie ein neues Leben an, Fräulein Horn. Da soll man immer vorher so'ne Art Bilanz bei sich machen.«
»Vielen Dank, Herr Brunnig, für den guten Rat. Meine Bilanz zog ich allerdings schon, als ich meine Münchner Tätigkeit abschloß . Aber ein Dankgebet, hier sein zu dürfen, werde ich heute abend nicht vergessen.« Zu Mary sagte sie dann: »Ich hoffe, daß Sie es richtig finden, wenn ich noch ein Stündchen in der Leutestube mit meinen Arbeitskollegen verplaudere?«
Mary hob den hübschen Kopf, sah sie eine Sekunde forschend an und meinte: »Es wird angenehmer für Sie sein, nicht allein in Ihrem Zimmer zu sitzen. Frau Sörensen, die Freundin unserer alten Lina, ist eine sehr liebe und mütterlich gütige Frau. Hoffentlich verläßt sie uns nicht so bald. Mir will oft scheinen, als gehöre sie ins Schlößchen, während ich noch täglich lernen muß, mich als Schloßherrin zu fühlen und alles richtig zu machen. Leichter ist es sicher, in einem solchen Rahmen groß zu werden.«
»Darf ich dazu sagen, das Heimatempfinden ist doch wohl das wichtigste, ob nun für ein Schloß oder für ein kleines Häuschen. Ich selbst mußte lange solch beglückendes Heimatgefühl entbehren und hoffe, hier wieder so etwas fühlen zu dürfen.« Als sie sich dann grüßend entfernte, machte der froh erstaunte Blick von Achim sie verlegen, denn dieser Blick war ungemein sprechend.
Sie mußte in der schmalen Anrichte dicht an Kuno vorbeige- i hen, welcher mit Gläserputzen beschäftigt war. Er kniff sie natürlich schnell in den Arm und raunte ihr zu: »Hast dich prima ¡ i gehalten, Mädchen!« Ohne darauf zu reagieren, ging sie weiter und saß bald mit Hedrich, Lina und der geliebten Tante in der gemütlichen Leutestube, wo sie ein Loblied auf Achim und seine Schwester anstimmte. »Sie sind beide ungemein sympathische Menschen. Herr Professor macht es zum Vergnügen, hier angestellt zu sein, und Fräulein Bergemann ist in ihrer Liebenswürdigkeit beglückend.«
»Wem sagste das, altes Mädchen!« warf Kuno flink dazwischen, der im Vorbeigehen eine der köstlichen Buletten ergriff, abbiß und den Rest auf seinem Teller deponierte. »Liegen lassen - komme gleich zurück. Hab' großen Hunger.«
»Wird der Mokka in der Halle getrunken?« wollte Lina wissen.
»Dem wäre so, alte Lina. Auf der Terrasse ist es heute abend zu kalt. Außerdem sind die Dackel verflixt unruhig und rasen alle fünf Minuten wie närrisch in den Garten hinunter, und das macht Herrn Professor nervös.«
»Was haben denn die Viecher? Vielleicht wechseln wieder Rehe über die Parkwiese, da kläfften sie ja früher auch immer«, I sagte Schirin. »Wie benahmen sich denn Castor und Pollux heute dir gegenüber, Gertraude?«
»Prompt lagen sie natürlich wieder wie gewohnt auf meinen Füßen. Nur gut, daß sie nicht reden können und berichten, daß es früher hier für sie genauso war!«
Kuno hatte indessen in der Halle alles für den abendlichen Mokka vorbereitet und fragte Mary, die von oben kam, wo sie ein Buch geholt hatte: »Wäre noch etwas, Fräulein Bergemann?«
»Ich glaube nicht, Kuno. Sie können jetzt essen. Wie gewöhnlich klingelt mein Bruder, wenn er schlafen gehen will. Was haben denn nur die Hunde heute abend, daß sie so unruhig sind?« Die Dackel rasten eben wieder kläffend auf die dunkle Parkwiese hinaus.
»Vielleicht sind Rehe auf der Wiese, oder eine Katze ärgert sie. Soll ich nachsehen?«
»Unsinn. Das wäre doch wohl zuviel, wollte man jedem Gekläff der
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