Kammerdiener gesucht
still, daß er das sanfte Schnarchen der Hunde hörte. Also sacht hinauf mit dem Tablett, das leider ein bissel klirrte. Aber dann stand es doch bald auf dem Tisch neben Achims Bett, der mit Genuß das erste Glas trank.
»Das gnädige Fräulein war noch nicht zur Ruhe gegangen, Herr Professor, und bemerkte, daß ich in den Weinkeller ging. Ich fürchte, Fräulein Bergemann hält mich nun für einen heimlichen Säufer.«
»Lassen Sie diese Schmach auf Ihrem Haupt liegen - ich weiß ja, daß es nicht an dem ist.«
»Und wenn das gnädige Fräulein nun meine Kündigung wünscht?« Kuno sah verstört aus wie ein Flaschenkind, dem man den Nuckel entrissen hatte.
»Dann werde ich tapfer zu Ihnen stehen und Ihre Abstinenzler-Ehre verteidigen. Sie sind doch einer?«
»Nur dann, wenn der Stoff zu teuer oder zu schlecht wäre, Herr Professor.« Ein nettes Lächeln noch hin und her, und endlich konnte Kuno mit gewohntem Griff nach Castor und Pollux fassen und sich bald darauf, wie alle im Torhaus Gleichen, aufatmend in sein Bett verziehen.
VIII
Am späten Nachmittag des nächsten Tages kam Gertraude an. Kuno erwartete sie mit einem Handkarren am Parktor. Herzlich begrüßten sie sich, doch immerhin so, wie dies ihre derzeitige Position erforderte.
»Ging alles gut, Mädel?«
»Danke. Dein Koffer war halt ein bissel schwer. Kavaliere gibt es auf Reisen nicht mehr - aber nun bin ich ja da. Und hier? Wie geht es weiter mit dir und Tante?«
»Sehr gut, wie erwünscht. Ich soll dir übrigens vom Chef sagen, du möchtest eine Stunde vor dem Abendessen zu ihm in sein Arbeitszimmer kommen.«
»Gern. Also hier ist alles unverändert? Man hat noch kein Mißtrauen gegen dich, gegen Tante?«
»Ich fürchte, die schöne Mary Bergemann hält den Kammerdiener für einen heimlichen Säufer.« Kuno schnitt eine Grimasse und erzählte Gertraude die Szene vom Abend vorher. »Alles, was mir der Chef gestern nacht erzählte, muß ich dir und Tante berichten. Sie müssen ja Tolles erlebt haben, die Geschwister Bergemann.«
»Ich werde sicher durch die Arbeit mit Herrn Professor ebenfalls eingeweiht werden.
Ach, Junge, wie bin ich doch froh, aus der heißen und staubigen Stadt heraus zu sein und unsere lieben alten Bäume, das Schlößchen und alles hier wiederzusehen!«
»Nur mit dem kleinen Unterschied, liebes Mädchen, daß es leider nicht mehr unsere Bäume, sondern die von Professor Bergemann sind. Hast du mit Doktor Schöner sprechen können?«
»Ich habe ihm alles offen und ehrlich eingestanden, und er hat herzlich gelacht. Er findet die kleinen Schwindeleien nicht strafbar, da wir im wichtigsten Punkt, also in der Bereitschaft, unsere Papiere vorzulegen, korrekt gehandelt haben.«
»Fein. Und hörtest du von ihm etwas Neues - Näheres über unseren Chef?«
»Vor allen Dingen, daß ihn Doktor Schöner auch als sympathisch bezeichnete und mir erklärte, er sei ein sehr gut situierter Mann, und seine Schwester habe außerdem noch ein beachtliches eigenes Vermögen von einer Erbtante. Es wäre also alles durchaus geordnet, und die Bergemanns könnten sich ohne Kopfzerbrechen einen Kammerdiener, eine Privatsekretärin und zwei prächtige Dackelhunde leisten«, berichtete Gertraude mit feinem Lächeln, während sie neben Kuno durch den Park zum Nebengebäude ging.
Auf die untere Hälfte der Stalltür gelehnt, stand Tante Schirin und blinzelte Gertraude vergnügt zu, brummte nur: »Gut, daß auch du nun hier bist!«
Mit kräftigem Schwung schleppte Kuno seinen und Gertraudes Koffer nach oben. Dann blieb er mit Haltung an der Tür ihres netten Zimmerchens stehen und rapportierte: »Wollen Mylady zur Kenntnis nehmen, daß es sechs Uhr ist. In einer Stunde also beim Chef sein, um acht Uhr wird gegessen. Tschüß, Alte, mach's gut!« Er küßte sie flink auf die Nasenspitze und verschwand.
Als er durch die Halle ging, rief Achim aus seinem Zimmer heraus: »Nun, ist Fräulein Horn gut angekommen?«
»Der Bus kam ganz pünktlich. Ich habe Fräulein Horn informiert, daß Herr Professor sie eine Stunde vor dem Abendessen zu sehen wünscht.«
»Gut, danke. Ich bin nachher auf der Terrasse. Sie sagen bitte meiner Schwester, daß Fräulein Horn da ist. Sie finden sie bestimmt mit Michel Brunnig auf dem Boden.«
Kuno ging also nirgendhin lieber als auf den Boden, begleitet von den Dackeln, die dies für eine neue Gaudi hielten und kläffend voranrasten. So avisiert konnte Kuno sicher sein, daß man sein Kommen oben bemerkte. Da
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