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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friede Birkner
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meine beiden Hände dringend braucht, und dann hast du ja einen Hilferuf nach zwei Dackeln in die Welt hinausgeschickt. Irgendwo wird es doch zwei solche wonnige Biesterchen für uns geben.« Mary mühte sich, ihre gewohnte Heiterkeit zurückzufinden. »Immer wieder muß ich die letzten Bewohner von Torhaus Gleichen bedauern, daß sie dies schöne Anwesen verkaufen mußten, um die Spielschulden ihres verstorbenen Vaters zu decken. - Hörtest du durch Doktor Schöner gar nichts Näheres über die Geschwister von Gleichen?«
    »Der gute Doktor war wenig mitteilsam. Er erklärte mir, daß die Geschwister sich um eine neue Existenz mühten und er ihnen dabei behilflich sei. Das war alles, was ich hörte. Taktlos wollte ich nicht erscheinen und um nähere Auskunft bitten. Schließlich gehen diese letzten Gleichen uns ja auch nichts an. -Wer mag aber in der Familie ein solcher Wagnerianer gewesen sein, daß die Pferde, die nicht eben mehr jung und nicht sonderlich rassig sind, ausgerechnet als Grane und Wotan herumlaufen müssen?«
    »Schilt mir nicht die guten braven Hottehühs, die sind grad richtig für uns. Du sollst und kannst mit deinem gebrochenen Bein sowieso nicht wieder reiten, und für mich sind sie temperamentvoll genug. Du darfst sie kutschieren, falls dich die Langeweile quält.«
    »Ich hoffe aber, daß ich wenigstens bald wieder am Steuer sitzen kann, sonst fühle ich mich ja hier als Gefangener.«
    »Unsinn, noch wird nicht chauffiert! Dazu hast du mich, und damit basta. Wird es dir gar zu langweilig, dann lade Gäste ein -genug Fremdenzimmer haben wir ja. Dein alter Freund Michel Brunnig kommt bestimmt gern wieder zu uns. Schade übrigens, daß er nicht Brummig heißt, es würde ausgezeichnet zu ihm passen. Er stirbt lieber, ehe er mal freundlich ist. Aber ein grundehrlicher Freund und Kollege ist er.«
    »Stimmt - wenngleich ihn die Schönheit nicht gerade drückt. Er schaut aus wie Rübezahl, der durch die Wälder des Riesengebirges wandert. Aber ein Freund zu sein versteht er gut. Ich werde ihm eine Postkarte schreiben, er soll zu uns kommen. Schicke ich ein Telegramm oder rufe ihn in seinem verstaubten Büro an, so wettert er doch gleich wieder los, ich wüßte wohl nicht, wohin mit meinem Geld.«
    So waren die Geschwister zu erfreulicheren Themen übergegangen. Wie jeden Abend machten sie gemeinsam noch einen kleinen Spaziergang durch den wunderschönen, ein wenig verwilderten großen Park, dessen herrliche alte Bäume, vom Mondlicht beschienen, geheimnisvolle Schatten warfen. Achim stützte sich auf einen Stock, und mit der anderen Hand suchte er bei Mary Halt, die es gelernt hatte, ihren sonst so raschen Schritt dem noch mühsamen des Bruders anzupassen.
    Achim Bergemann hatte bei einer Katastrophe einen komplizierten Schienbeinbruch erleiden müssen, begleitet von bösen, jetzt aber schon verheilten Fleisch wunden. Die schweren Wochen, in denen er seiner ungewissen Gesundung entgegendämmerte, als nur starke Drogen die irrsinnigen Schmerzen erträglich machten, wurden für ihn erleichtert durch Marys ständige Gegenwart. Nicht einen Tag hatte sie sich seit der Katastrophe von dem Bruder getrennt.
    Die Geschwister hatten viel Ähnlichkeit miteinander; beide waren schlank, der Bruder sehr viel größer als die Schwester. Beide hatten dichtes braunes Haar und sonderbar helle Augen. Mary hatte eine schöne Figur, in ihrem Wesen lag etwas Rasches, Zupackendes und Energisches, während bei Achim manchesmal etwas Verträumtes und sehr Gütiges den Charme seiner Persönlichkeit verstärkte. Beide lasen gern und viel, hatten Sinn für Humor und Witz und alles Schöne, wo es ihnen begegnete. Sie liebten schon nach wenigen Wochen das Torhaus Gleichen, als hätten sie eh und je hier gelebt.
     

II
     
    Kuno von Gleichen lief zum nahen Postamt und rempelte dort sämtliche Leute in nervöser Hast an, die ihm den Weg zur Gesprächsanmeldung verbauten. Dann schrieb er, endlich am Schalter angelangt, die Nummer auf, die er zu sprechen wünschte. Er setzte sich, nervös rauchend, auf eine der harten Wartebänke, bis im Signalschalter seine Nummer angekündigt wurde, rannte zu der angegebenen Sprechzelle, blieb am Türknopf hängen, stolperte in die Zelle, stieß sich den Kopf am Apparat, fluchte, daß es nicht mehr feierlich war, schwitzte vor Aufregung und hatte dann endlich den Hörer in der Hand.
    »Ist dort Torhaus Gleichen?« Die bekannte Stimme der alten Lina antwortete, und schon wollte er sie vergnügt

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